Thyssenkrupp-Aktie: Er schoss den Vogel ab!

Die Aktie von Thyssenkrupp hat ihren Aufwärtstrend beendet. Wie es an der Börse mit dem Industriekonzern mittelfristig weitergeht, daran scheiden sich die Geister.

Auf einen Blick:
  • Nach eine starken Woche an der Börse gibt die Thyssenkrupp-Aktie aktuell wieder ab
  • Einige Analysten hatten das nach den Quartalszahlen des Essener Konzerns so vorausgesagt
  • Hintergrund: Umsatz und Gewinn waren beim kriselnden Unternehmen zurückgegangen
  • Ein Experte rechnet dennoch mittelfristig mit mehr als einer Kursverdopplung

Liebe Leserin, lieber Leser,

seit Monaten pendelt die Aktie von Thyssenkrupp um einen Wert von 7 Euro. Nach einer Schwächephase ab Mitte August nach dem Quartalsbericht befanden sich die Papiere des Essener Industriekonzern in der vergangenen Woche allerdings wieder auf dem aufsteigenden Ast. Zum Wochenstart bekam die Erholung dann einen Dämpfer, im Xetra-Handel ging es am Montag um gut zwei Prozent auf 7,22 Euro zurück. Am Dienstag im frühen Handel wurde der Abwärtstrend fortgesetzt. Wie es mittelfristig mit den Papieren weitergeht, das ist offenbar ohnehin eine Frage des Glaubens. Einer allerdings schoss dabei den Vogel ab.

Einige sehen Thyssenkrupp-Aktie kritisch

Da wären zum einen die Kritiker, allen voran die US-Bank JPMorgan: Sie hatte das Kursziel für die Aktie von Thyssenkrupp nach den am 10. August veröffentlichten Zahlen aus dem 2. Quartal von 6,70 auf 6,30 Euro reduziert und die Einstufung auf „Neutral“ belassen. Analyst Moses Ola senkte seine Schätzungen für das bereinigte operative Ergebnis des Konzerns. „Der Experte rechnet vor allem im europäischen Stahlgeschäft mit niedrigeren Gewinnen als zuvor“, hieß es in Medienberichten. Bei der Aktie selbst rechnet er gar mit einem deutlichen Minus.

Die britische Investmentbank Barclays ist nur wenig positiver gestimmt: Sie hat den fairen Wert für Thyssenkrupp nach Quartalszahlen zwar von 6 auf 7 Euro angehoben, die Einstufung allerdings auf „Underweight“ belassen. Der Industriekonzern habe ein solides Zahlenwerk vorgelegt, schrieb Analyst Tom Zhang in seiner Studie.

  • Der Experte erhöhte immerhin seine Ergebnisprognose (Ebitda) für 2024
  • Mit seinem Kursziel sieht er für die Aktie hingegen keinerlei Luft nach oben
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Wasserstoff-Tochter nucera an die Börse gebracht

In der Tat hatte der Industriekonzern „in einem herausfordernden Umfeld“, wie es hieß, nach eigenen Angaben die robuste Geschäftsentwicklung im 3. Quartal des Geschäftsjahres 2022/2024 weiter fortgesetzt. Der Auftragseingang lag demnach bei 9,4 Milliarden Euro (Vorjahr: 9,9 Milliarden Euro), der Umsatz bei 9,6 Milliarden Euro und damit unter dem Vorjahr mit 11,0 Milliarden Euro. Zurückzuführen sei dies vor allem auf die Normalisierung der Preise bei Materials Services.

Zudem führten laut Thyssenkrupp die niedrigeren Spotmarktpreise auch bei Steel Europe zu einem Umsatzrückgang. Beim Bereinigten EBIT konnte die Gruppe einen Wert von 243 Millionen Euro erreichen und lag damit, ebenfalls wie erwartet, deutlich unterhalb des Vorjahreswerts von 721 Millionen Euro, vor allem aufgrund geringerer Margen.

Allerdings, so der neue Vorstandsvorsitzende Miguel López, habe man die Wasserstofftochter nucera in einem anspruchsvollen Kapitalmarktumfeld erfolgreich an die Börse gebracht. Steel Europe habe zudem die erwartete Förderung durch Bund und Land erhalten – „ein entscheidender Meilenstein für die grüne Transformation des Stahlgeschäftes“.

Baader Bank belässt Kursziel bei 16 Euro

Das kann man offenbar durchaus als positives Zeichen deuten. Die Deutsche Bank etwa sieht, anders als JPMorgan und Barclays, noch etwas Luft nach oben für die Thyssenkrupp-Aktie. Analyst Bastian Synagowitz hatte die Einstufung nach dem Quartalsbericht zwar auf „Hold“ belassen, mit einem Kursziel von 8,50 Euro erkennt er dennoch ein Aufwärtspotenzial von napp 20 Prozent. Der freie Barmittelfluss des Industriekonzerns habe die Erwartungen übertroffen, begründete er seinen vorsichtigen Optimismus.

Die Baader Bank aber schoss den Vogel ab: Der Industriekonzern habe „ein solides Jahresviertel mit einigen positiven Aspekten hinter sich“, schrieb Analyst Christian Obst in einer ersten Reaktion. Die Bilanz sei mit einer Nettoliquidität von 3,2 Milliarden Euro stark. Der Baader-Analyst hat die Einstufung für Thyssenkrupp nach Zahlen in der Folge auf „Buy“ belassen, mit einem Kursziel von 16 Euro. Mit anderen Worten: Er glaubt an mehr als eine Kursverdopplung.

Wie unklar sich die Situation um den in die Krise geratenen Stahlkonzern darstellt, zeigt der Blick auf die völlig widersprüchlichen Prognosen im Überblick:

  • JP Morgan: 6,30€, -11,89%
  • Deutsche Bank: 8,50€, +18,88%
  • Barclays Capital: 7,00€, -2,10%
  • Baader Bank: 16,00€, +123,78%

Neuer Thyssenkrupp-Chef greift durch

Dass sich beim Essener Konzern etwas tun muss, war auch Martina Merz klar. Die Managerin, seit Oktober2019 an der Konzernspitze, gab allerdings vor der Zeit auf: Obwohl ihr Vertrag noch bis 2028 gelaufen wäre, wurde ihr Vorstandsmandat zum 31. Mai 2024 einvernehmlich beendet. Ihr Nachfolger als Thyssenkrupp-Chef, Miguel López, hatte dann Anfang August ein Performance-Programm angekündigt und laut Handelsblatt zudem einen ersten Eingriff in die Neuordnung seiner Führungsmannschaft vorgenommen.

  • Der langjährige Leiter der Strategieabteilung, Stefan Schmitt, habe seinen Posten räumen müssen, wie die Wirtschaftszeitung aus Konzernkreisen erfahren hatte
  • Zum Nachfolger ist demnach Fabian Bechara ernannt worden, der bisher bei der hauseigenen Beratungsfirma tätig war

„Schmitts Ablösung ist die erste wichtige Personalie, die López zwei Monate nach seinem Amtsantritt vorgenommen hat“, hieß es in dem Bericht. Der Strategiechef galt demnach als enger Weggefährte von Lopez’ Vorgängerin Merz, „die aus Sicht von Aufsichtsräten an der Neuaufstellung des Industriekonzerns gescheitert war“, so das Handelsblatt.

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