Telekom-Aktie: Wieder zu viel riskiert?

Die Telekom-Aktie ist wahrscheinlich hauptverantwortlich dafür, dass viele Deutsche in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit der Börse nichts mehr zu tun haben wollten. Viele damalige Aktionäre verloren große Teile ihrer Ersparnisse, als die Volksaktie ihren Wert zu Zeiten der Internetblase aufblähte und ebenso rasant wieder verlor.

Heute steht der Kurs des Telekom-Papiers mit über 18 Euro wieder so hoch wie seit dem großen Crash des Titels vor 20 Jahren nicht mehr. Dafür gibt es gute Gründe: 2020 war Rekordjahr für die Telekom. Der neue Gewinntreiber ist nun ausgerechnet das einst verlustreiche Geschäft der US-Tochter T-Mobile, die ihre Zahlen durch die Übernahme des Konkurrenten Sprint gemausert hat.

Den starken Ergebnissen steht jedoch eine hohe Schuldenlast gegenüber – befeuert eben durch die kostspieligen Aufkäufe. Für potenzielle Investoren stellt sich daher die Frage: Riskiert die Telekom wieder zu viel oder ist ihr Geld diesmal in Telekom-Aktien langfristig gut aufgehoben? Eine Kurz-Analyse.

Übernahme macht Telekom-Tochter profitabel

Vergangenes Jahr war es endlich so weit: Die Deutsche Telekom steigerte ihren Umsatz um 25 Prozent und knackte damit erstmalig die 100-Milliarden-Euro-Marke. Das Ebitda kletterte sogar um mehr als 40 Prozent auf 35 Milliarden Euro. Mit diesem Wachstum hob sich der Internet-Anbieter deutlich ab von der europäischen Konkurrenz um Vodafone, Telefonica und Orange.

Hauptverantwortlich für die positive Entwicklung war jedoch nicht das Europageschäft, sondern die amerikanische T-Mobile. Die US-Tochtergesellschaft der Telekom steigerte den Umsatz (61 Mrd. Euro) zuletzt um über 50 Prozent, den Gewinn (21 Mrd. Euro) sogar um fast 90 Prozent.

Das Fundament für den Firmenerfolg legte T-Mobile im April 2020 mit der Übernahme des Konkurrenten Sprint. Mit dem Aufkauf sicherte sich T-Mobile die Netz-Frequenzen des US-Wettbewerbers – wichtig für den Ausbau des 5G-Standards, bei dem die Telekom-Tochter in den USA Marktführer ist.

Das Mehrheitsproblem bei T-Mobile

Nachdem die Deutsche Telekom zuvor mit mehreren Verkaufsversuchen der einst defizitären T-Mobile gescheitert war, hat sich bei der Tochtergesellschaft das Blatt gewendet und der Konzern erwartet nun in den kommenden Jahren Cash Flows in Milliardenhöhe.

Der aktuelle Erfolg der US-Tochter bringt jedoch auch Komplikationen mit sich: Durch die Sprint-Übernahme sank der Aktienanteil des deutschen Mutterkonzerns auf derzeit 43 Prozent. Noch sichert eine Vereinbarung mit dem ehemaligen Sprint-Investor Softbank der Telekom die Stimm-Mehrheit. 2024 läuft dieser Deal jedoch aus. Um darüber hinaus das alleinige Sagen bei T-Mobile zu behalten, muss die Deutsche Telekom seine Anteile über die 50-Prozent-Schwelle hinaus aufstocken.

Zu diesem Zweck hat das Telekom-Management vorsorglich eine Kaufoption mit der Softbank Group geschlossen, die 8,5 Prozent der T-Mobile-Anteile hält. Die Hälfte dieses Aktienpakets kann der deutsche Kommunikations-Dienstleister zum Festpreis von etwas über 100 Dollar je Aktie kaufen – ein Schnäppchen zum derzeitigen Kurs von knapp 150 Dollar.

Für die restlichen Anteile, welche die Telekom für die Mehrheit benötigt, muss der Konzern allerdings den Börsenpreis berappen. Mit der T-Mobile-Aktie steigt für die Deutsche Telekom somit nicht nur der Marktwert der eigenen Anteile, sondern auch der Kostenfaktor, um über die so wichtige Anteilsschwelle zu springen.

Bei dem Mehrheitsproblem der Telekom könnte jedoch auch die Konzerntochter selbst aushelfen: T-Mobile kündigte jüngst an, bis 2025 ein Aktienrückkaufprogramm zu absolvieren. Dieses würde die Zahl frei handelbarer Aktien verringern und die Anteile von Bestandsaktionären damit erhöhen.

Rekordschulden

Der Schuh drückt bei der Deutschen Telekom jedoch auch an einer anderen Stelle: Zu den positiven Bestmarken der jüngsten Vergangenheit reihten sich beim Konzern auch Rekordschulden ein. So stiegen die Verbindlichkeiten im Jahresvergleich um fast 60 Prozent und erreichten im ersten Quartal knapp 130 Milliarden Euro – knapp die Hälfte davon übernahm die Telekom von seiner Konzerntochter T-Mobile.

Kostspielig war es für den Kommunikations-Dienstleister zuletzt auch, 80 Prozent aller Wohnungen in Deutschland mit dem Internetstandard 5G auszustatten: Mehr als zwei Milliarden Euro musste die Telekom für den Wettbewerbsvorteil aufwenden.

Damit ist der Kommunikations-Dienstleister in dieser Hinsicht nicht nur seiner Konkurrenz einen Schritt voraus, sondern auch den Nutzern: Bislang besitzen nur wenige Haushalte und Handybesitzer entsprechend ausgerüstete Endgeräte, um vom neuen Standard einen Mehrwert zu haben. In den nächsten Jahren dürfte 5G jedoch schnell an Relevanz gewinnen.

Aktie mit viel Luft nach oben

Durch die Sprint-Übernahme ist T-Mobile zu einem der drei führenden Kommunikationsanbietern in den USA geworden, einem wichtigen Wachstumsmarkt für die Deutsche Telekom. Ich denke, der Konzern tut daher gut daran, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um die Stimm-Mehrheit bei seiner US-Tochter wiederzuerlangen – trotz des Schuldenbergs, den T-Mobile seinem Mutterkonzern hinterlässt. Mit den üppigen Mittelzuflüssen seit der Integration von Sprint dürfte die Telekom seine Verbindlichkeiten in den kommenden Jahren Schritt für Schritt abtragen können. Auch die Weitsicht bei dem Thema 5G dürfte sich in naher Zukunft für den Konzern auszahlen.

Für den Aktienkurs ist aus meiner Sicht in den nächsten Jahren reichlich Luft nach oben. Überdies zahlt die Telekom seinen Aktionären mit 60 Cent je Aktie eine üppige Dividende. Nur schade, dass von den Menschen, die der Konzern Anfang des Jahrtausends vom Aktienmarkt vergrault hat, kaum jemand an diesem Erfolg teilhaben wird.

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