Der amerikanische Aktienmarkt erlebt einen der heftigsten Einbrüche seit der Corona-Krise. Innerhalb von nur zwei Handelstagen hat der S&P 500 insgesamt 11% verloren und dabei 5,4 Billionen Dollar an Marktkapitalisierung vernichtet. Der technologielastige Nasdaq 100 stürzte mit einem Minus von 6,1% sogar in einen offiziellen Bärenmarkt und hat damit in Rekordgeschwindigkeit 20% von seinem Februar-Hoch eingebüßt. Nur der Einbruch während der Pandemie 2020 und das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 können mit dieser Geschwindigkeit mithalten.
Der Auslöser dieser Marktturbulenzen ist klar: Donald Trumps neue Zollpolitik, die als „härteste amerikanische Zölle seit einem Jahrhundert“ bezeichnet wird. Der US-Präsident kündigte überraschend an, einen pauschalen Zoll von 10% auf alle Importe in die USA zu erheben, mit noch höheren Zöllen für etwa 60 Nationen. Trumps Botschaft ist dabei unmissverständlich: Seine Wirtschaftspolitik „wird sich niemals ändern“, wie er selbst betonte.
China schlägt zurück – und der Markt bebt
Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, konterte mit einem 34-prozentigen Zoll auf alle amerikanischen Importe ab dem 10. April sowie gezielten Maßnahmen gegen Geflügelproduzenten und Waffenhersteller. Diese Vergeltungsmaßnahme verschärfte die Panik an den Märkten und ließ den Volatilitätsindex VIX auf über 45 Punkte steigen – ein Niveau, das mit extremen Marktturbulenzen assoziiert wird.
„Der Markt blutet und mehr Schmerz wird kommen, da dieser eskalierende Handelskrieg die US-Wirtschaft in eine Rezession stürzen könnte“, warnt Luca Paolini, Chefstratege bei Pictet Asset Management. „Es ist keine Überraschung, dass China zurückschlägt. Aber dies wird unweigerlich eine Rezession verursachen, weil der Schaden bereits angerichtet ist – es sei denn, Trump lenkt ein.“
Der Federal Reserve Chairman Jerome Powell verschärfte die Sorgen noch, indem er erklärte, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen von Trumps Zöllen „wahrscheinlich größer als erwartet sein werden“ und einen „anhaltenden Einfluss auf die Inflation haben könnten“. Zwischen den Zeilen deutete er an, dass die Fed aufgrund der Inflationsrisiken möglicherweise nicht so schnell die Zinsen senken kann, wie es der Markt erhofft hatte. Gleichzeitig erhöhte Trump den Druck auf Powell, die Zinsen jetzt zu senken – ein ungewöhnlicher direkter Eingriff in die Unabhängigkeit der Zentralbank.
Die Marktreaktion im Detail
Kaum ein Bereich des Marktes blieb verschont. Von den 500 Unternehmen im S&P 500 schlossen nur 14 im Plus. Besonders hart traf es Technologiewerte: Nvidia verlor über 7%, Apple sackte mehr als 7% ab, Tesla brach um 10% ein. Der Philadelphia Semiconductor Index stürzte um 7,6% ab, nach einem Minus von 9,9% am Vortag. Die Halbleiterbranche gilt als besonders anfällig für Handelskonflikte aufgrund ihrer globalen Lieferketten und der starken Abhängigkeit vom chinesischen Markt.
Auch Energie- und Finanzwerte wurden schwer getroffen. Der Öldienstleister Baker Hughes verlor 13%, der Versicherer MetLife 9%. Insgesamt sank der Marktwert amerikanischer Unternehmen um mehr als 5,4 Billionen Dollar – eine Summe, die größer ist als das Bruttoinlandsprodukt vieler Industrienationen.
Interessanterweise gab es auch einige wenige Gewinner. Aktien von Unternehmen mit großen Produktionsstandorten in Vietnam, darunter Nike und Lululemon Athletica, legten zu, nachdem Trump ein „sehr produktives Gespräch“ mit dem Führer des Landes bekannt gab. Dies deutet darauf hin, dass der Markt bereits jetzt nach Unternehmen sucht, die vom Handelskonflikt profitieren könnten oder zumindest weniger stark betroffen sein werden.
Der Ausverkauf in historischer Perspektive
Der aktuelle Ausverkauf ist auch im historischen Kontext bemerkenswert. Der S&P 500 ist mittlerweile mehr als 17% von seinem Rekordstand im Februar entfernt, nach Verlusten in sechs der letzten sieben Wochen. Laut Daten von EPFR Global und Bank of America zogen Fondsmanager in der Woche bis zum 2. April 4,7 Milliarden Dollar aus US-Aktien ab – die zweite Woche mit Abflüssen in Folge.
Die Kreditrisiko-Indikatoren steigen auf den höchsten Stand seit der regionalen Bankenkrise im März 2023, was auf zunehmende Sorgen über die Finanzstabilität hindeutet. Die US-Wirtschaft zeigte sich zwar mit einem besser als erwarteten Arbeitsmarktbericht für März noch robust, doch Experten warnen, das ein guter Arbeitsmarktbericht nicht ausreichen wird, um Rezessionsängste zu zerstreuen, da er rückwärtsgerichtet ist und keinen vollständigen Einblick gibt, wie stark die Wirtschaft vom Handelskrieg getroffen wird.
Wohin fließt das Geld?
In dieser Krisensituation zeigt sich ein klares Muster: Anleger flüchten in sichere Häfen. In dieser Woche flossen mehr als 4 Milliarden Dollar in ETFs, die als Absicherung in turbulenten Zeiten dienen können. Gold-ETFs verzeichneten Zuflüsse von über 650 Millionen Dollar und haben im bisherigen Jahresverlauf bereits 9,9 Milliarden Dollar angezogen. Die Goldpreise stiegen entsprechend deutlich an.
Ultrakurz laufende Anleihen-ETFs, die oft als Cash-Ersatz dienen, zogen 3,5 Milliarden Dollar an. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen fiel unter 3,90%, den niedrigsten Stand seit dem Wahltag. Auch andere klassische sichere Häfen wie der japanische Yen und der Schweizer Franken wurden verstärkt nachgefragt.
Privatanleger zwischen Panik und Kauflaune
Besonders interessant ist das Verhalten der Privatanleger. Nachdem sie am Donnerstag noch für Nettokäufe von 4,7 Milliarden Dollar sorgten – der größte Kauftag seit einem Jahrzehnt laut JPMorgan Chase – kam es am Freitag zur Kapitulation. JPMorgan meldete Nettoverkäufe von 1,5 Milliarden Dollar bis zum Mittag, die höchsten in den ersten 2,5 Handelsstunden in der Geschichte der Bank.
Dennoch zeigen Daten von Fidelity Investments, dass Privatanleger weiterhin ihre Lieblingsaktien und ETFs kaufen, wenn auch mit nachlassender Intensität. Nvidia, Amazon, und marktbreite ETFs wie der Vanguard S&P 500 ETF standen dabei ganz oben auf der Einkaufsliste – eine konträre Wette auf eine baldige Erholung. Auffällig ist auch, dass Kleinanleger zunehmend auf gehebelte ETFs setzen, die die Renditen von Unternehmen und zugrunde liegenden Indizes verdoppeln oder verdreifachen können.
Die Reaktion der Wall Street-Experten
Die führenden Analysten der Wall Street überarbeiten eilig ihre Prognosen. Bank of America-Analysten bezeichneten Trumps Zollmaßnahmen als „den größten Schock für den Welthandel in der modernen Zeit.“ Die UBS warnte, dass das Bild für die USA deutlich düsterer aussehen könnte, wenn der Präsident nicht innerhalb der nächsten drei bis sechs Monate Schritte zur Reduzierung der Zölle unternimmt.
John Stoltzfus von Oppenheimer, einer der größten Bullen an der Wall Street, überdenkt sein Kursziel von 7.100 Punkten für den S&P 500, was einen Anstieg von 25% bedeutet hätte. RBC Capital Markets hat sein Kursziel bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr gesenkt, von 6.200 auf 5.550 Punkte, angesichts der düsteren Aussichten für Wirtschafts- und Gewinnwachstum.
Ausblick: Dunkle Wolken oder Kaufgelegenheit?
Die brennende Frage lautet nun: Stehen wir am Beginn einer längeren Baisse oder bietet der Ausverkauf eine attraktive Einstiegschance? Die Meinungen gehen auseinander. Bill Gross, legendärer Fondsmanager, warnt eindringlich: „Anleger sollten nicht versuchen, ein fallendes Messer aufzufangen.“ Viele Ökonomen überarbeiten derzeit ihre Wachstumsprognosen für Amerika und die Weltwirtschaft nach unten.
Die Märkte preisen mittlerweile vier Zinssenkungen der Federal Reserve bis zum Jahresende ein, mit einer mehr als 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit für eine fünfte Senkung – deutlich mehr als die drei Senkungen, die vor der Ankündigung der Zölle erwartet wurden. Dies spiegelt die wachsende Überzeugung wider, dass die Fed die Wirtschaft unterstützen muss, um eine Rezession zu verhindern.
Letzlich gilt: Der Handelskrieg könnte sich als einschneidendes Ereignis für die Weltmärkte erweisen. Wer jetzt kauft, braucht starke Nerven und einen langen Anlagehorizont. Oder wie ein altes Börsenmotto sagt: „Sei gierig, wenn andere ängstlich sind“ – aber achte darauf, dass du nicht zu früh ins fallende Messer greifst.“ In den kommenden Wochen werden wir sehen, ob dieser Ausverkauf nur ein vorübergehender Rücksetzer ist oder der Beginn einer tieferen und anhaltenden Marktkorrektur.
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