Liebe Leserin, lieber Leser,
eine Horrorwoche liegt hinter Anlegern, die in die Aktie von Super Micro Computer investiert sind. Ausschlaggebend war der Angriff eines Shortsellers auf das Server-Unternehmen aus den USA, darunter Vorwürfe der Bilanzmanipulation. In der Folge hatte das US-Unternehmen angekündigt, den Geschäftsbericht zu verschieben, daraufhin waren die Papiere am vergangenen Mittwoch eingebrochen. Leichte Erholungstendenzen der Supermicro-Aktie waren vor dem Wochenende wieder zunichte gemacht worden, das Wochenminus beläuft sich noch immer auf rund 30 Prozent. Was in der Aufregung völlig unterging, war eine eigentlich gute Nachricht. Sie kam am falschen Tag.
Neue Server-Reihe von Super Micro Computer
Denn während die Börsenwelt mit Schrecken auf die Reaktion auf den Bericht von Hindenburg Research starrte, und die Aktie von Super Micro Computer gnadenlos abstrafte, hatte das Unternehmen just an jenem Tag seine komplett neu gestaltete X14-Serverplattform vorgestellt. Diese nutze die Technologien der nächsten Generation, „um die Leistung für rechenintensive Workloads und Anwendungen zu maximieren“, wie man verspricht. Aufbauend auf dem Erfolg der effizienzoptimierten X14-Server von Supermicro, die im Juni 2024 auf den Markt kamen, weisen die neuen Systeme demnach in allen Bereichen bedeutende Upgrades auf.
„Sie unterstützen nie dagewesene 256 Performance-Cores (P-Cores) in einem einzigen Knoten, Speicherunterstützung für MRDIMMs mit 8800 MT/s und Kompatibilität mit SXM-, OAM- und PCIe-GPUs der nächsten Generation“, hieß es in der Mitteilung. Diese Kombination könne KI und Rechenleistung drastisch beschleunigen sowie den Zeit- und Kostenaufwand für groß angelegtes KI-Training, Hochleistungsrechnen und komplexe Datenanalyseaufgaben deutlich reduzieren.
- Die Neuzugänge der Supermicro X14-Familie umfassen nach Firmenangaben insgesamt mehr als zehn neue Systeme
- Die Systemarchitekturen wurden von Grund auf für groß angelegtes KI-Training, LLMs, 3D-Medien und Virtualisierungsanwendungen entwickelt
Unterstützung von Rechenzentren bei Skalierung
„Wir erweitern unsere bereits umfassenden Data Center Building Block-Lösungen mit diesen neuen Plattformen, die beispiellose Leistung und neue erweiterte Funktionen bieten werden“, sagte Charles Liang, Präsident und CEO von Super Micro Computer. Man sei bereit, diese Hochleistungslösungen im Rack-Maßstab mit den branchenweit umfassendsten Direct-to-Chip-Flüssigkeitskühlungs- und Komplett-Rack-Integrationsdiensten bereitzustellen. „Mit unseren weltweiten Fertigungskapazitäten können wir vollständig optimierte Lösungen liefern, die unsere Lieferzeiten wie nie zuvor verkürzen und gleichzeitig die Gesamtbetriebskosten senken.“
Markterprobte Hyper-Rackmounts kombinieren demnach Einzel- oder Dual-Socket-Architekturen mit flexiblen I/O- und Speicherkonfigurationen in traditionellen Formfaktoren, „um Unternehmen und Rechenzentren bei der Skalierung nach oben und unten zu unterstützen, wenn sich ihre Arbeitslasten entwickeln“, wie es heißt. Das alles klingt zunächst vielversprechend. Das Dumme ist nur: Am Mittwoch vergangener Woche wollte das niemand hören. Es ging an jenem Tag ausschließlich um den Hindenburg-Report – mit drastischen Folgen für Supermicro an der Börse.
Supermicro soll Bilanzen manipuliert haben
Laut dem berüchtigten Shortseller steht Supermicro „vor erheblichen Problemen in den Bereichen Buchhaltung, Unternehmensführung und Compliance“, wie es hieß. Von Manipulation früherer Bilanzen war sogar die Rede. Zudem biete der Konzern „ein minderwertiges Produkt und einen schlechteren Service, die von glaubwürdigeren Wettbewerbern zunehmend verdrängt werden“. Unabhängig überprüfen ließen sich die Vorwürfe des Leerverkäufers, der auf fallende Kurse bei der Aktie spekuliert, laut der Agentur Reuters nicht. Doch das Management des Serverherstellers – und das führte letztlich zum Crash – reagierte am Tag danach mit einem eigenen Statement. War es ein Schuldeingeständnis?
Der geprüfte Bericht für das Geschäftsjahr 2023/24 (das im Juni endete) wird laut des Unternehmens nicht rechtzeitig fertig, hieß es. In der Unternehmensmeldung heißt es laut Medienberichten, Super Micro Computer könne den Jahresbericht nicht innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraums einreichen, „ohne dabei unverhältnismäßigen Aufwand oder Kosten zu verursachen“. Es werde „zusätzliche Zeit benötigt, damit das Management von SMCI die Bewertung der Gestaltung und Wirksamkeit der internen Kontrollen im Finanzberichtswesen zum 30. Juni 2024 abschließen kann“.
- Das Unternehmen habe allerdings keine Aktualisierungen seiner Ergebnisse für das Geschäftsjahr und das Quartal vorgenommen
- Die vorläufigen Daten hatte Super Micro am 6. August bekanntgegeben; schon damals war die Aktie von 616 auf bis zu 488 Dollar eingeknickt
Analyst kappt Supermicro-Kursziel drastisch
Mittlerweile aber hatten sich die Papiere wieder deutlich erholt, notierten vor genau einer Woche bei 618 US-Dollar. Nach der Hindenburg-Attacke rutschte sie am Dienstag dann zunächst auf 513 Dollar, am Donnerstag nach der angekündigten Verschiebung des Berichts dann der Einbruch auf bis zu 395 Dollar. Nachdem die Supermicro-Aktie sich im Laufe des Donnerstags wieder auf 475 Dollar erholt hatte, notiert sie aktuell bei 437 Dollar. Nach Einschätzung von Wells Fargo ist selbst das zuviel, die Analysten hatten das Kursziel für Super Micro am Freitag drastisch von 650 auf 375 US-Dollar zusammengestrichen.
Zur Einordnung: Im allgemeinen Hype um Künstliche Intelligenz war Supermicro – neben Chip-Gigant Nvidia –zum Jahresbeginn kurzzeitig zum großen Gewinner an der Börse geworden. Von weniger als 300 Dollar Anfang Januar war die Aktie bis Anfang März auf 1.229 Dollar geschossen. Damit hatte sie sich innerhalb von rund zwei Monaten im Wert mehr als vervierfacht. Vom vermeintlichen Glanz ist nicht mehr viel übrig: Seit ihrem Allzeithoch hat Supermicro wieder 65 Prozent an Wert eingebüßt.
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