Ich finde: Bei der Steinhoff International Holdings („Steinhoff“) gilt es aufzupassen, wegen der Informationsflut nicht den Überblick zu verlieren. Es gilt, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Was ich damit meine:
Unwichtig ist für mich zum Beispiel, ob Steinhoff nun eine selbst gesetzte Frist an die Gläubiger im Hinblick auf die Restrukturierung um 24 Stunden verlängert oder nicht.
Wichtig ist meiner Ansicht nach hingegen, ob die Gläubiger der Restrukturierung letztlich zustimmen – oder nicht.
Konkret geht es hierbei um ein Abkommen namens LUA (bei Steinhoff mögen sie offenbar solche Abkürzungen). „LUA“ steht für „lock-up agreement“, und bezieht sich auf SEAG (= Steinhoff Europe AG), SUSHI (kein Witz, steht für „Stripes US Holding Incorporated) und die Steinhoff Finance Holding GmbH.
Wie ich bereits erläuterte, zeigt der Blick in die Gläubigerpräsentation vom Mai (auf der Seite von Steinhoff einsehbar), dass der Großteil der Schulden des Steinhoff Konzerns bei europäischen Töchtern liegt. Und zwar bei SEAG und der Steinhoff Finance Holding GmbH. Insofern ist es für ein Fortbestehen des Konzerns wichtig, dass die Gläubiger dieser beiden Töchter der Vereinbarung zustimmen.
Und das haben sie offensichtlich zu einem großen Teil:
Bei der SEAG haben laut Steinhoff die Gläubiger von 89% der ausstehenden externen Schulden zugestimmt.
Bei der Steinhoff Finance Holding wird das genauer aufgeschlüsselt auf drei Schuldverschreibungen des Unternehmens, da lagen die Zustimmungsquoten den Unternehmensangaben zufolge bei 92% bis 99%.
Weniger wichtig ist „SUSHI“, aber auch da gab es offenbar 89% Zustimmung.
Ein schöner Verhandlungserfolg von Steinhoff? Ich finde, durchaus ein Teilerfolg, der wohl notwendig war – aber noch keineswegs hinreichend für eine „Rettung“ des Steinhoff Konzerns.
Zur Verhandlungsführung von Steinhoff: Erneut punktete Steinhoff mit einer Art, die ich als „freundlich die Pistole auf die Brust setzen“ bezeichnen würde. So hatte Steinhoff spieltheoretisch exzellent eine „early bird fee“ ausgesetzt. Das hieß sinngemäß: Die Gläubiger, die der Vereinbarung schnell zustimmten, sollten einen kleinen Teil ihrer Forderungen sofort erhalten. Da ging es bei SEAG und SUSHI z.B. um eine „early bird fee“ von 0,5% der Forderungen. Klingt wenig, ist aber für einen Gläubiger durchaus signifikant. Wer z.B. SEAG oder SUSHI 100 Mio. geliehen hat (= Nominalwert), der würde bei schneller Zustimmung zum Abkommen umgehend 0,5 Mio. Euro erhalten (ggf. abzüglich bereits erhaltener Prämien).
Die Logik von Steinhoff: Wenn ihr nicht zustimmt, droht unsere Insolvenz und es ist offen, was ihr bekommt. Wenn ihr schnell zustimmt, können wir weiter existieren und vielleicht später die Schulden zurückzahlen. Und wenn wir doch Pleite gehen, habt ihr die „early bird fee“ erhalten – diejenigen, die unseren Vorschlägen nicht zugestimmt haben, nicht.
Interessante Verhandlungsführung, um es einmal so auszudrücken (im kleinen Kreis würde ich das etwas anders formulieren).
Ein Aspekt noch: Laut der Gläubigerpräsentation vom Mai liegt auch noch bei der Tochter Hemisphere International ein größerer Schuldenberg. Diese Tochter hält den Großteil des Immobilienvermögens des Konzerns. Bisher war von Hemisphere nicht die Rede, als es um „LUA“ ging. Doch für eine Abwendung der Insolvenz des Steinhoff-Konzerns ist wohl auch eine Lösung für die Schulden von Hemisphere notwendig. Dazu gab es dann am Donnerstag ein Update von Steinhoff. Aber letztlich war das nur eine Ankündigung, was Steinhoff diesbezüglich plant – es war noch keine Mitteilung dazu, ob die entsprechenden Gläubiger zustimmen oder nicht.
Bei den Plänen sind u.a. neue Kredite vorgesehen, die mit attraktiven 10% pro Jahr verzinst werden sollen. Dazu aber die Anmerkung – und da habe ich wirklich gelacht: Auf einer „pay if you can“-Basis. Die Zinsen sollen also nur dann gezahlt werden, wenn das auch geht. Also keine unbedingte Zahlungsverpflichtung. Als Gläubiger würde ich da auf die Details schauen. Insofern Zwischenfazit: Die LUA-Abkommen mit einem Großteil der Gläubiger der genannten Töchter sind ein Schritt vorwärts, um eine Insolvenz von Steinhoff abzuwenden. Es bleibt offen, ob das auch mit den Gläubigern von Hemisphere gelingt. Und es gibt noch diverse weitere Probleme zu klären – Verkauf von Kika/Leiner abschließen, Zahlen für das vorige Geschäftsjahr veröffentlichen (und damit zusammenhängend auch ein zukünftig drohendes Delisting abwenden), für positiven Cash Flow im operativen Geschäft sorgen…
Klarstellung
Und auch hier gilt: Dies ist meine rein subjektive Einschätzung und keine Aufforderung an Sie, diese Aktie zu verkaufen oder zu kaufen. Betrachten Sie meine Zeilen als Gedankenanstoß, nicht mehr und nicht weniger. Es geht um Ihr Geld – verantwortlich dafür sind Sie ganz alleine.
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