Liebe Leserinnen und Leser,
im aktuellen Briefing für diesen Tag steht nun eine der großen Trader-Aktien der vergangenen Jahre im Vordergrund: Steinhoff verlor auch am Freitag in den ersten Stunden erneut massiv an Boden. Es ging um gut -3 % abwärts, womit sich der Verdacht bestärkt, dass die Aktie kaum noch zu retten ist. Wir wissen, dass das Interesse an der Aktie sehr groß ist und war – und sehen uns daher den Verlauf noch einmal an. Sehen wir das Börsenende von Steinhoff?
Steinhoff: Geht nichts mehr?
Die pure Bilanz an den Aktienmärkten ist für Aktionäre von Steinhoff auch schon vor diesem Freitag ein absolutes Desaster gewesen. Die Notierungen sind in einer Woche um – Stand heute – mehr als -15 % nach unten gesunken. Die Aktie hat dabei innerhalb eines Monats mehr als -40 % abgegeben. Dies sind horrende Zahlen, insofern das Unternehmen schon zuvor an den Aktienmärkten sehr niedrig bewertet war.
Das Chartbild von Steinhoff zeigt vor allem über einen sehr langen Zeitraum geradezu einen Absturz ins Bodenlose.
Die Bankprognosen geben auch schon lange nichts mehr her, was noch einer Erwähnung bedürfte, wenn Investoren oder Analysten Ansätze für eine Erholung suchen würden.
Was ist los?
Das Unternehmen hat seine Verbindlichkeiten ganz offensichtlich nicht mehr so reduzieren können, wie es sich Investoren vor gut einem Jahr noch hatten erhoffen können. Immer wieder scheinen Verhandlungen zu scheitern. Die Hoffnung auf einen Befreiungsschlag durch den Börsengang der Tochter Pepko haben sich – bezogen auf den Einfluss auf die Entschuldung – praktisch zerschlagen.
Nun könnte eine Hauptversammlung Aufschluss geben, die am 22. März stattfinden soll. Auch an der Termintreue des Unternehmens gab es in den vergangenen Jahren immer wieder größere Zweifel. Dennoch: Am 22. März wird es nun zu einer bedeutenden Entscheidung kommen.
Die Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger (SdK) hat sich vor der bevorstehenden Entscheidung konkret dazu geäußert. Es geht um den Vorschlag, dass die Vermögenswerte der Gesellschaft ebenso wie die Schulden in ein neues Unternehmen aus den Niederlanden übertragen würden. Dieser Schritt würde dann der Vorbereitung dienen, diese Positionen wiederum auf Gesellschaften in England und Wales zu transformieren. Dies sehen Kritiker als „Quasi-Enteignung“. Sinnbildlich gesprochen ist die Mehrfach-Übertragung zumindest geeignet, hier den Zugriff durch die bisherigen Eigentümer, also die Aktionäre, auf die gesellschaftlichen Prozesse und die Verwertung der Vermögen zu verhindern.
Würden die Aktionäre zustimmen, würden sie ihre eigene Handlungsfähigkeit quasi endgültig verlieren. Die SdK sieht dies so: „Wir halten es für überwiegend wahrscheinlich, dass im Falle einer Zustimmung (…) die Gesellschaft zwar in umstrukturierter Form weiterhin bestehen bleiben wird, die heutigen Aktionäre aber dennoch einen wirtschaftlichen Totalverlust erleiden würden.“
Die faktische Enteignung ginge ihren Gang
Ganz konkret würden die Verhältnisse dann daraufhin geändert, dass Steinhoff seine Schulden in Höhe von gut 10 Milliarden Euro bedienen müsste, auf denen eine Zinslast von ca. 10 % liegen soll. Erst dann könnten die bisherigen Aktionäre Hoffnung auf Ausschüttungen aus dem Gesellschaftsvermögen haben.
Allerdings dürften die Schulden nicht zu bedienen sein, wenn die Gläubiger nicht – endlich – einem Verzicht in wesentlichen Teilen zustimmen würden. Das heißt, es käme wahrscheinlich nicht mehr dazu, dass Aktionäre an den verbliebenen Werten des Unternehmens beteiligt würden. Dies sieht die SdK offenbar als faktische oder praktische Enteignung an.
Nur stellt sich auch die Frage nach der Alternative: Stimmen also Aktionäre diesen Konstruktionen nicht zu, wird Steinhoff die Schulden – wohl – auch nicht bedienen können. Bliebe alles, wie es ist, würde zumindest aus wirtschaftlicher Sicht das Schlimmste zu befürchten sein. Die Aktienmärkte können solche Aussichten naturgemäß nicht gutheißen. In der Folge hat der Kurs nun vor der Hauptversammlung die nächsten massiven Verluste erlitten.
Kursfeststellungen treten nur dann auf, wenn es auch Käufer gibt. Es stellt sich fast die Frage, wer – gleich zu welch günstigen Kursen – überhaupt noch kauft. Die spekulative Antwort: Dies werden Trader sein, die in unübersichtlichen Penny-Stock-Szenarien auf immense Ausschläge hoffen dürfen, wie sich bei sehr niedrig bewerteten Aktien immer wieder zeigt. Die Performance-Daten der Aktie geben derzeit jedoch nicht einmal für diesen Ansatz irgendwelche Anzeichen.
Ein Rekordtief jagt das nächste. Mit den aktuellen Kursen ist die Marktkapitalisierung auf gut 66 Millionen Euro gesunken. Die charttechnischen Analysen weisen einen katastrophalen Trend auf, der nur noch einen Boden kennt: Die Nulllinie. Die technischen Analysten werden dem Szenario zustimmen.
So hat die Aktie mittlerweile selbst auf dem denkbar niedrigsten Niveau noch einen Abstand von 75 % auf den GD100. Der GD200 ist in den vergangenen 200 ohnehin schwachen Tagen selbst gesunken. Die Aktie hingegen hat den Abstand noch einmal auf -84 % gestellt. In allen erdenklichen methodischen Annäherungen an den Aktienkurs und dessen tatsächlichen Wert lässt sich wenig erkennen, was eine Trendwende einläuten sollte.
Trader werden vielleicht auf den 22. März und einen wie auch immer gearteten Befreiungsschlag setze. Die Unsicherheit und die Schwankungen bis dahin dürften jedoch enorm sein. Die Entwicklung ist für viele langjährige Beobachter und vor allem für bestehende Analysten niederschmetternd. Wenn es Ausschläge bis zum 22. März geben sollte, dürfte dies vor allem spekulativ sein – um von der Situation noch kurzfristig zu profitieren.
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