Bei Steinhoff-Anlegern macht sich Hoffnung breit. Fast vier Jahre nachdem der Möbelkonzern von einem schweren Bilanzskandal erschüttert wurde, könnten bald tatsächlich Entschädigungen für Gläubiger und Investoren fließen.
Vergangene Woche berichtete Steinhoff, dass eine der Klägergruppen das neue Vergleichsangebot des hochverschuldeten Unternehmens annehmen und die Klage zurückziehen will. Die Nachricht ließ den Aktienkurs einen Freudensprung machen. Könnte die Entwicklung die Wende im Prozess einleiten? Ein Kurz-Briefing für Sie.
Milliardenschwere Scheingeschäfte
Die Steinhoff International Holding ist ein weltweit tätiger Einzelhandelskonzern mit Sitz in Amsterdam und operative Zentrale in der südafrikanischen Metropole Johannesburg. Das 1964 vom deutschen Unternehmer Bruno Steinhoff gegründete Unternehmen beschäftigt rund 100.000 Mitarbeiter und war gemessen am Umsatz zeitweise der zweitgrößte Möbelhändler Europas. Jeweils rund 45 Prozent seiner Erlöse macht Steinhoff in Afrika und Europa, die restlichen 10 Prozent entfallen auf Australien und Neuseeland.
Bereits seit 2015 ermittelt die Staatsanwaltschaft Oldenburg gegen Steinhoff wegen Verdachts auf Bilanzfälschung im dreistelligen Millionenbereich. Der 5. Dezember 2017 markiert für krisengeplagten Konzern den Tag des großen Bebens: Der damalige CEO Markus Jooste gab die Unregelmäßigkeiten in der Bilanz öffentlich zu und gilt seitdem als untergetaucht. Die Aktie brach am Folgetag um 60 Prozent ein und verlor bis Ende des Jahres 90 Prozent seines Werts.
Die Staatanwaltschaft Oldenburg hat mittlerweile gegen Jooste und drei weitere Ex-Manager Anklage erhoben. Den ehemaligen Führungsteam wird vorgeworfen, die Bilanzen des Möbelhändlers manipuliert zu haben durch Scheingeschäfte in Höhe von mehr als 1,5 Milliarden Euro. Zudem sollen Immobilien in den Büchern mit 820 Millionen Euro zu hoch bewertet worden sein.
Seitdem versucht Steinhoff mit allen Mitteln, seine Bilanz zu sanieren. Zu dem Zweck verkaufte der Einrichtungsspezialist Tochterfirmen in Deutschland (Poco), Österreich (Kika und Leiner) und Frankreich (Conforama). Der Börsengang der Billigladen-Tochter Pepco brachte dem hochverschuldeten Unternehmen 900 Millionen Euro ein.
Der Umsatz des Möbelhändlers ist seit 2016 um die Hälfte auf rund 8 Milliarden Euro schrittweise zurückgegangen. Der Schuldenberg des deutsch-südafrikanischen Konzerns schwoll hingegen von rund 7,5 auf 11,5 Milliarden Euro an. Steinhoff ist obendrein mit über 90 Schadensersatzklagen von Anlegergruppen und Gläubigern konfrontiert, die sich auf über 7 Milliarden Euro summieren.
Ein Hoffnungsschimmer, mehr nicht
Nachdem Steinhoff mit zwei Vergleichsangeboten bereits abgeblitzt ist, meldete der Konzern nun einen teilweisen Durchbruch bei den Gerichtsverhandlungen. Das Möbelunternehmen hat die angebotene Entschädigungssumme um weitere 185 Millionen Euro auf 1,43 Milliarden Euro aufgestockt – offenbar mit Erfolg: Die irische Klägergruppe Hamilton hat sich mit dem Angebot einverstanden erklärt und will seine Sammelklage zurückziehen, meldete der Möbelhändler vergangenen Woche. Es handelt sich um 14.000 Investoren mit mehr als 800 Millionen Euro an Ansprüchen, die die Gesellschaft aus Dublin vertritt.
Die Aussicht auf eine Beilegung des Rechtsstreits und die Hoffnung auf höhere Entschädigungen für die Steinhoff-Anleger haben das die Aktie am Folgetag um 30 Prozent nach oben schnellen lassen.
Das ist sicherlich eine angenehme Meldung für den Möbelkonzern, der seit knapp vier Jahren mit den Folgen des milliardenschweren Bilanzlochs kämpft. Fakt ist jedoch: Der Konzern muss für einen Vergleich eine Gesamtlösung erzielen, der alle Gläubiger und Anleger zustimmen. Es bleibt somit abzuwarten, wie die anderen Klägergruppe auf den Vorstoß von Hamilton reagieren. Es ist ein Hoffnungsschimmer für Steinhoff, mehr jedoch nicht.
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