Das Risiko-Ertrags-Verhältnis (auch Rendite-Risiko-Verhältnis genannt) beschreibt das Verhältnis zwischen dem möglichen Ertrag einer Anlage und dem damit verbundenen Risiko. Mit anderen Worten: Wie viel Risiko muss ein Anleger eingehen, um eine bestimmte Rendite zu erzielen? In der Finanzwelt hat sich die Faustregel etabliert: Je höher die angestrebte Rendite, desto höher das Risiko.
Risiko-Rendite-Verhältnis verstehen
Das richtige Verhältnis zwischen Risiko und Rendite hängt von einer Reihe von Faktoren ab und ist für jeden Anleger etwas anders. Dazu gehören zum Beispiel die persönliche Risikobereitschaft, die Fähigkeit, mögliche Verluste auszugleichen, und der Zeitpunkt der Pensionierung.
Gerade der letzte Punkt zeigt, welch wichtige Rolle der Faktor Zeit spielen kann. Je langfristiger Sie investieren können, desto eher können Sie auch Bärenmärkte „aussitzen“, bis sich der Trend wieder dreht und sich Ihre Depotverluste auflösen. Können Sie nur kurzfristig investieren, erhöht sich automatisch Ihr Risiko bei gleichem Vermögenswert.
Anlegerinnen und Anleger nutzen das Risiko-Rendite-Verhältnis aber nicht nur für eine einzelne Anlageentscheidung, sondern auch für die generelle Bewertung ihres Portfolios. Im letzteren Fall kann das Risiko-Rendite-Verhältnis die Frage beinhalten, ob der Anlagemix ein zu hohes Risiko aufweist oder umgekehrt, ob das Risiko zu gering ist und sich negativ auf die Rendite auswirkt.
Anwendung des Risiko-Rendite-Verhältnisses in der Praxis
Einzelpositionen bewerten
Beispiele für risikoreiche und renditestarke Anlagen sind Penny Stocks sowie Hebelprodukte und Optionen. Da ein diversifiziertes Portfolio in der Regel die mit einzelnen Anlagepositionen verbundenen Risiken reduziert, kann eine Investition in einen Pennystock für sich betrachtet zwar potenziell gefährlich sein. Handelt es sich jedoch um die einzige riskante Investition in einem größeren Depot, ist das mit dem Halten des Pennystocks verbundene Risiko minimal.
Risiko und Rendite für das Gesamtportfolio
Ein Portfolio, das ausschließlich aus Aktien besteht, hat einerseits höhere Renditechancen, birgt andererseits aber auch ein größeres Risiko. Das Risiko erhöht sich noch, wenn Sie nur Aktien aus einer Branche kaufen oder einen großen Teil Ihres Anlagekapitals in wenige Aktien investieren.
Die Bewertung des gesamten Risiko-Ertrags-Verhältnisses aller Vermögenswerte im Depot kann Anlegern daher Einblick verschaffen, ob das Risikolevel der aktuellen Portfoliozusammensetzung zu hoch ist. Umgekehrt kann ein Anleger auch tatsächlich zur Erkenntnis kommen, dass er ein zu geringes Risiko eingeht und niemals mit dieser Strategie seine langfristigen Renditeziele erreichen kann.
Berechnung des Risiko-Rendite-Verhältnisses
Der Alpha-Faktor
Alpha ist eine Kennzahl, die die aktive Rendite einer Anlage im Vergleich zu einem Marktindex oder einer ähnlichen Benchmark misst. Angenommen, in Ihrem Depot befinden sich einige Aktien aus dem Technologieindex NASDAQ. Die Differenz zwischen der Kursrendite des NASDAQ, z.B. in den letzten 12 Monaten, und der Kursrendite Ihrer Aktien ergibt das Alpha. Ist Ihr Alpha positiv, haben Sie den breiten Marktindex übertroffen und sind somit gut investiert.
Bei der Berechnung des Alpha-Faktors einer einzelnen Aktie oder anderer Anlageklassen wie Investmentfonds hat sich das Jensen’s Alpha – benannt nach dem amerikanischen Finanztheoretiker Michael Jensen – als Risikomaß für Investitionen etabliert. Es misst die Überrendite eines Portfolios gegenüber der erwarteten Rendite unter Berücksichtigung des systemischen Risikos.
Alpha kann als eine Art „Belohnung“ für das Eingehen von Risiken betrachtet werden. Wenn das Alpha positiv ist, bedeutet dies, dass das Portfolio besser als erwartet abgeschnitten hat, und wenn es negativ ist, bedeutet dies, dass das Portfolio schlechter als erwartet abgeschnitten hat.
Das Jensen-Alpha wird verwendet, um die Fähigkeit eines Portfoliomanagers zu bewerten, unter Berücksichtigung des Beta-Risikos (siehe unten) eine Outperformance gegenüber einem Referenzindex (z.B. S&P 500) zu erzielen. Ein positiver Alpha-Wert zeigt an, dass der Manager besser als der Markt ist, während ein negativer Alpha-Wert anzeigt, dass der Manager schlechter als der Markt ist.
Ein Beispiel: Hat ein Investmentfonds ein Alpha von +5,0, so hat er den Vergleichsindex um 5% übertroffen. Ist er nur gleich gut, beträgt das Alpha null. Entwickelt sich der Fonds schlechter als der Markt, ist das Alpha negativ.
Das Beta-Risiko
Beta ist ein Risikomaß für Anlagen, das angibt, wie stark die Rendite eines Wertpapiers oder eines Portfolios mit der Rendite des Gesamtmarktes korreliert. Es misst also das systematische Risiko einer Anlage, das durch Faktoren wie die Wirtschaftslage, Zinsänderungen, geopolitische Ereignisse und andere Faktoren, die den gesamten Markt beeinflussen, beeinflusst wird.
Das Beta wird berechnet, indem die Varianz (das Maß für die Bewegung des Marktes im Vergleich zu seinem Mittelwert) durch die Kovarianz (das Maß für die Rendite einer Aktie im Vergleich zur Rendite des Marktes) dividiert wird.
Ein Beta von 1 bedeutet, dass sich die Aktie oder das Depot genauso schwankend verhält wie der Markt. Ein Beta größer als 1 bedeutet, dass das Wertpapier oder Portfolio volatiler als der Gesamtmarkt ist, während ein Beta kleiner als 1 bedeutet, dass das Wertpapier oder Portfolio weniger volatil als der Gesamtmarkt ist. Ein negatives Beta bedeutet, dass sich das Wertpapier oder Portfolio entgegengesetzt zum Markt entwickelt.
Das Beta ist ein wichtiges Konzept für die Portfoliooptimierung und das Risikomanagement bei Investitionen. Ein Portfolio mit einem hohen Beta wird wahrscheinlich eine höhere Rendite erzielen, aber auch ein höheres Risiko aufweisen, während ein Portfolio mit einem niedrigen Beta wahrscheinlich eine stabilere Rendite erzielen wird, aber auch eine niedrigere Rendite aufweisen kann.
Die Kennzahl bietet Anlegern einen zusätzlichen Einblick, wenn sie weitere Analysen durchführen und sich die Frage stellen: „Gibt es einen Grund dafür, dass eine bestimmte Aktie unterdurchschnittlich oder überdurchschnittlich abschneidet?“ Das Beta kann bei der Beantwortung dieser Frage helfen, wenn es um die Bewertung der relativen Performance insgesamt geht, da es Aufschluss darüber geben kann, warum eine Aktie zu bestimmten Zeiten eine überdurchschnittliche oder unterdurchschnittliche Performance aufweist.
Die Sharpe-Ratio
Die Sharpe-Ratio wurde vom Nobelpreisträger William Sharpe entwickelt und misst das Verhältnis zwischen der Rendite einer Anlage und ihrem Risiko. Das Risiko wird dabei als Volatilität der Renditen definiert.
Die Sharpe-Ratio wird berechnet, indem die Differenz zwischen der Rendite einer Anlage und dem risikofreien Zinssatz durch die Standardabweichung der Renditen dividiert wird. Die Formel lautet wie folgt
Sharpe Ratio = (Rendite der Anlage – risikofreier Zinssatz) / Volatilität der Anlage.
Eine höhere Sharpe-Ratio bedeutet, dass eine Anlage ein höheres Verhältnis von Rendite zu Risiko aufweist. Dies wird auch als „effiziente Rendite“ bezeichnet. Die Sharpe Ratio hilft Anlegern zu entscheiden, ob die Rendite einer Anlage das Risiko wert ist, das sie eingehen müssen, um diese Rendite zu erzielen.
Ein wichtiger Faktor bei der Verwendung der Sharpe-Ratio ist, dass sie auf historischen Daten basiert und zukünftige Renditen und Risiken möglicherweise nicht genau widerspiegelt.
Alpha, Beta oder Sharpe Ratio – was soll ich verwenden?
Alpha, Beta und Sharpe-Ratio sind wichtige Risikomaße für Investitionen, die Sie bei der Portfoliooptimierung und beim Risikomanagement berücksichtigen sollten. Jede dieser Kennzahlen bietet jedoch unterschiedliche Einblicke in das Risiko und die Rendite einer Anlage, und Sie sollten die Kennzahlen entsprechend Ihrem spezifischen Anlageziel und -kontext verwenden.
Alpha ist ein Maß für die Outperformance einer Anlage gegenüber dem Markt. Es wird häufig verwendet, um die Fähigkeit eines Portfoliomanagers zu bewerten, durch die Aktienauswahl Mehrwert zu schaffen. Es ist besonders nützlich bei der Bewertung von aktiv verwalteten Fonds, die sich von passiv verwalteten Indexfonds unterscheiden.
Beta ist ein Maß für das systematische Risiko einer Anlage und gibt an, wie stark ihre Renditen mit den Renditen des Gesamtmarktes korrelieren. Es wird häufig verwendet, um das Risiko eines Portfolios zu bewerten und die optimale Aufteilung der Vermögenswerte innerhalb eines Portfolios zu bestimmen.
Die Sharpe Ratio ist ein Maß für die Rendite einer Anlage pro Risikoeinheit. Sie hilft bei der Beurteilung der Effizienz einer Anlage und kann bei der Auswahl zwischen verschiedenen Anlageoptionen hilfreich sein.
Bei der Entscheidung, welches Risikomaß verwendet werden soll, sollten Anleger zunächst ihre spezifischen Anlageziele und -strategien berücksichtigen. Besitzt ein Anleger beispielsweise ein aktiv verwaltetes Portfolio, kann es sinnvoll sein, Alpha zur Bewertung der Leistung des Portfoliomanagers heranzuziehen. Sucht ein Anleger jedoch nach der effizientesten Anlageoption, kann die Sharpe-Ratio hilfreich sein.
Wie berechnet man das Risiko-Ertrags-Verhältnis?
Das Risiko-Ertrags-Verhältnis wird berechnet, indem die erwartete Rendite einer Anlage durch ihr erwartetes Risiko dividiert wird. Die erwartete Rendite kann durch historische Renditedaten oder Schätzungen auf der Grundlage von Analystenprognosen oder anderen Faktoren bestimmt werden. Das erwartete Risiko kann durch die Volatilität der Renditen oder andere Risikomaße wie Beta oder Standardabweichung bestimmt werden.
Das Risiko-Ertrags-Verhältnis kann beim Vergleich und bei der Bewertung von Anlageoptionen und bei der Optimierung des Portfolios helfen, indem es ein optimales Verhältnis zwischen Ertrag und Risiko ermöglicht. Ein höheres Risiko-Ertrags-Verhältnis weist darauf hin, dass eine Anlage ein höheres Verhältnis zwischen erwartetem Ertrag und erwartetem Risiko aufweist und somit effizienter ist.
Bringen risikoreichere Anlagen bessere Renditen?
Anlagen mit höherem Risiko bringen nicht unbedingt bessere Renditen. Das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von den Marktbedingungen, der spezifischen Anlageklasse und der individuellen Anlagestrategie.
Anlagen mit höherem Risiko bieten in der Regel eine höhere Rendite, um den Anleger für das höhere Risiko zu entschädigen. Beispielsweise können Aktien von Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung oder aus Schwellenländern höhere Renditen abwerfen als Aktien großer etablierter Unternehmen, sind aber auch mit einem höheren Risiko verbunden. Auf der anderen Seite bieten Anleihen mit hoher Bonität tendenziell niedrigere Renditen, aber auch ein geringeres Risiko.
Es ist wichtig zu beachten, dass höhere Renditen in der Regel mit höheren Risiken verbunden sind, da risikoreichere Anlagen anfälliger für Marktschwankungen sind. Daher ist es wichtig, ein Portfolio angemessen zu diversifizieren, um das Risiko zu minimieren und eine optimale Rendite zu erzielen.
Fazit
Das Risiko-Ertrags-Verhältnis ist eine wichtige Kennzahl, um Risiko und Rendite ins Verhältnis zu setzen. Ist der Anleger bereit, ein höheres Verlustrisiko in Kauf zu nehmen, kann er mit dem investierten Geld einen höheren Gewinn erzielen. Um das konkrete Anlagerisiko zu berechnen, verwenden Anleger Alpha, Beta und Sharpe Ratio.