Liebe Leserin, lieber Leser,
die Aktie von Plug Power, vor einer Woche noch vermeintlich obenauf, bricht am Freitag im frühen europäischen Handel auf breiter Front ein. Im Xetra-Handel steht aktuell ein Minus von 16 Prozent auf 2,42 Euro. Im nachbörslichen Handel in New York waren die Papiere des US-Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Herstellers um gut neun Prozent auf noch 2,65 US-Dollar abgesackt. Bereits am Mittwoch war die Plug-Aktie unter Druck geraten, was offensichtlich am enttäuschenden Quartalsbericht und dem folgenden Kursknick beim norwegischen Wettbewerber Nel ASA lag. Der aktuelle Absturz hat mit Nel ASA nichts zu tun. Plug braucht zum Überleben erneut hunderte Millionen, es ist ein fatales Signal
Plug Power will weitere 230 Millionen einsammeln
Denn am Donnerstag nach Börsenschluss gab Plug Power bekannt, dass es „ein öffentliches Zeichnungsangebot im Wert von 200 Millionen US-Dollar seiner Stammaktien“ gestartet hat. Im Zusammenhang mit der Maßnahme beabsichtigt Plug Power, den Zeichnungsgebern eine 30-tägige Option zum Kauf von zusätzlichen Stammaktien im Wert von bis zu 30 Millionen Dollar einzuräumen. Doch keine Investitionsmaßnahme steht an. Plug will den Nettoerlös aus dem Angebot „für allgemeine Unternehmenszwecke verwenden“, wie es heißt. Man muss also erneut Löcher im laufenden Betrieb stopfen.
Morgan Stanley fungiert laut Mitteilung von Plug Power als alleiniger Bookrunner für das Angebot. Dieses unterliege den Markt- sowie anderen Bedingungen „und es kann keine Zusicherung darüber gegeben werden, ob oder wann das Angebot abgeschlossen werden kann oder wie groß oder welche Bedingungen das geplante Angebot tatsächlich sein wird“, heißt es einschränkend. Was dennoch klar wird:
- Plug Power braucht nach bereits einem halben Jahr erneut frisches Kapital
- Denn erst im Januar hatteman sich mit einer Kapitalerhöhung gerettet
Jüngste Kapitalerhöhung erst im Januar
Das schwer angeschlagene Wasserstoffunternehmen hatte damals angekündigt, über ein sogenanntes „At-the-Market“-Programm (ATM) bis zu eine Milliarde Dollar einnehmen zu wollen. Bei einer ATM-Maßnahme werden Ecoreporter neue Aktien anders als bei einer regulären Kapitalerhöhung nicht bei institutionellen oder privaten Anlegern platziert, sondern frei über die Börse verkauft.
Es war eine von zahlreichen Kapitalmaßnahmen, die den Aktienkurs immer weiter verwässern. Laut stock3.com lag lag die Aktienanzahl 2012 noch bei 38 Millionen, inzwischen sind es 743 Millionen Stück. Mit der aktuellen Kapitalerhöhung werde die 800 Millionen-Marke „sicher fallen“.
Plug Power meldete fragwürdige Meilensteine
Welch abgekartetes Spiel das Unternehmen unter ihrem CEO Andy Marsh treibt, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass Plug Power den Aktienkurs erst in der vergangenen Woche künstlich in die Höhe trieb. Damals hatte man zum einen mitgeteilt, dass „bis heute Plug-Elektrolyseursysteme mit einer Leistung von über 95 Megawatt (MW) an Standorten auf der ganzen Welt in Betrieb sind oder in Betrieb genommen werden“. Tags darauf hieß es in einer Mitteilung, dass Plug Power „in den letzten zwei Jahren in ganz Europa 13 Wasserstofftankstellen (HRS) installiert hat“. Kleine Einschränkung: „Alle Systeme befinden sich derzeit in der Inbetriebnahmephase, viele sind bereits heute betriebsbereit.“
- 95 (!) Megawatt, 13 (!) Tankstellen, dazu bei weitem nicht alle in Betrieb – dies alles verkaufte Plug allen Ernstes als „Meilensteine“
- Ein Großteil der Medien nahm diese Formulierung aber pflichtschuldig in die Berichterstattung auf, die Aktie zog daraufhin mächtig an
Plug-Aktie mit fast 80 Prozent im Jahresminus
Nun allerdings wird klar, dass die Nichtmeldungen schlicht und ergreifend einen einzigen Zweck erfüllen sollten: Vor der nächsten Hiobsbotschaft in irgendeiner Form positive Schlagzeilen zu produzieren, um Anleger zum Kauf der Plug-Aktie zu animieren. Was dem ausgebufften Ankündigungsweltmeister Marsh einmal mehr gelungen war.
Und so notiert die Aktie von Plug Power trotz des doppelten, massiven Rücksetzers in tatsächlich noch im Monatsplus. Geht man etwas weiter zurück, offenbart sich allerdings das wahre Desaster. Seit Jahresbeginn haben die Papiere damit noch immer rund ein Drittel an Wert eingebüßt. Auf Jahressicht verlor das US-Unternehmen sogar mehr als drei Viertel seines Börsenwerts.
Plug Power von der Pleite bedroht
Das ist allerdings keine große Überraschung: Im November 2023 hatte Plug Power gegenüber der Börsenaufsicht SEC eingeräumt, dass das vorhandene Kapital keine zwölf Monate mehr ausreichen werde, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten, sollte kein weiteres Kapital zufließen. Die Kapitalerhöhungen allein aber werden Plug nicht vor der Pleite retten. Die Zukunft des Unternehmens, das allein 2023 mehr als 1 Milliarde US-Dollar verbrannt hat, hängt auch an der Bewilligung der vom US-Energieministerium im Mai gegebenen Kreditgarantie in Höhe von 1,66 Milliarden US-Dollar, die jedoch an diverse technische, rechtliche, umweltrelevante und finanzielle Anforderungen gebunden sind.
Noch ist unklar, ob Plug Power diese erfüllen kann. Ein führender US-Senator der Republikaner hatte zudem eine Prüfung der Umstände gefordert, die zur Gewährung der Garantie führten. Er vermutete Vetternwirtschaft. Sollten die Gelder jedoch nicht fließen, gehen bei Plug Power wohl zwangsläufig die Lichter aus.
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