Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn eine Aktie binnen einer Handelswoche rund ein Drittel an Wert dazugewinnt, könnte man dies als großen Erfolg bezeichnen. Man könnte von Sensation schreiben, von Wahnsinn gar. Wenn es sich bei diesen Papieren allerdings um diejenigen von Plug Power handelt, sollte man das aber lieber bleiben lassen. Denn tatsächlich verbesserte sich die Plug-Aktie in der vergangenen Woche zwar von 3,43 US-Dollar am Montag auf aktuell 4,55 US-Dollar, allein am Freitag war es um 13 Prozent nach oben gegangen. Damit allerdings hat die Aktie ihren vorigen Absturz lediglich ein wenig abgemildert. Das zeigt wie tief sie gesunken war.
Plug-Aktie weiter mit 35 Prozent Monatsverlust
Die Wahrheit nämlich ist, dass die Aktie von Plug Power am 3. November in New York bei 6,95 US-Dollar gehandelt worden war. Seitdem hat sie also noch immer 35 Prozent (!) an Wert eingebüßt. Der US-amerikanische Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Spezialist kommt damit aktuell noch auf eine Marktkapitalisierung von 2,75 Milliarden Dollar, 4,20 Milliarden waren es noch vor Monatsfrist. Und das sollte man sich vor Augen führen: Innerhalb kürzester Zeit haben sich 1,45 Milliarden Dollar Börsenwert in Luft aufgelöst. Das als Erfolg zu bezeichnen, wäre schlicht absurd. Was gerade passiert, ist Schadensbegrenzung, mehr nicht.
Denn geht man weiter zurück, zeigt sich die ganze Dimension des Dramas: Mit 18,88 US-Dollar war die Plug-Aktie am 3. Februar dieses Jahres noch bewertet worden. Trotz der aktuellen Gegenbewegung hat die Kapitalvernichtungsmaschine damit 75 Prozent an Wert eingebüßt – innerhalb von kaum mehr als zehn Monaten. Ganz zu schweigen vom Verlust seit den Höchstständen im Januar 2021. Ein irrationaler Hype um alle Wasserstofftitel hatte die Anteilscheine von Plug Power damals auf bis zu 75 US-Dollar getragen. Der Abschlag seitdem, es sind keine drei Jahre, beläuft sich auf unfassbare 94 Prozent.
Plug Power droht nach wie vor die Insolvenz
Und das ist keine Überraschung: Das US-Unternehmen hat seitdem durchgehend alle selbst gesteckten Ziele unterlaufen, zuletzt bei der Vorlage der Quartalszahlen am 9. November. Der Umsatz belief sich im 3. Quartal auf gerade einmal 199 Millionen US-Dollar, ein Anstieg um kümmerliche fünf Prozent. Zugleich schnellte der Nettoverlust von 170,8 Millionen Dollar im Vorjahresquartal auf 283,5 Millionen Dollar. Aufträge bleiben seit Monaten aus, dazu flog man in Dänemark aus einem millionenschweren Wettbewerb. Mit fatalen Konsequenzen.
Wie Plug Power im Rahmen des Quartalsberichts an die US-Börsenaufsicht SEC mitteilte, bestehen demnach:
- „erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Unternehmens, seine Geschäftstätigkeit fortzusetzen“
- die aktuell vorhandenen finanziellen Mittel würden „keine zwölf Monate mehr ausreichen“
Im Klartext: Ob Plug Power das Jahr 2024 überstehen wird, ist selbst aus Sicht des Managements keineswegs gesichert, ein Investment in das US-Unternehmen demzufolge eine riskante Wette auf eine unbekannte Zukunft. Und so sind es auch keine neue Nachrichten, die der Plug-Aktie zuletzt aus dem Mehrjahrestief geholfen haben. Was die Plug-Aktie derzeit antreibt, sind ausschließlich Spekulationen auf eine mögliche Rückkehr des gefallenen Börsenstars. Plug ist zum Zockerpapier verkommen.
Analysten mit geratenen Kurszielen
Doch auch Analysten versuchen sich – ohne jegliches tiefergehendes Wissen um die (ungewisse) Zukunft des angeschlagene US-Unternehmens – an Prognosen, von neuen Aufträgen oder gesicherten Kapitalzuflüssen ist bislang jedenfalls nichts bekannt. Das hinderte Jeff Osborne von Cowen Ende der zurückliegenden Handelswoche nicht daran, seine Kaufempfehlung für den Wasserstoff-Titel zu bestätigen, wie Der Aktionär vermeldete. Das Kursziel liegt dem Analysten zufolge bei 15 Dollar.
- Er prophezeit somit für die Plug-Aktie weit mehr als eine Vervierfachung im Wert
- Damit stellt Osborne sich der mittlerweile sehr viel skeptischeren Analystenmehrheit entgegen
- Diese hatte ihre Erwartungen angesichts der prekären Lage zuletzt massiv zurückgefahren
Das durchschnittliche Kursziel für die Plug-Aktie fiel seit August, als laut marketscreener.com im Schnitt noch gut 18 US-Dollar vorausgesagt worden waren, um mehr als die Hälfte auf aktuell noch 8,53 Dollar. So hatte etwa die Citigroup laut Medienberichten ihr „Buy“-Rating für den Wasserstoff-Titel kassiert und das Kursziel radikal zusammengestrichen. Fortan lautet die Einschätzung durch die US-Bank „Neutral“ mit einem fairen Wert von 5,00 Dollar; im Juli erst hatte sie die Plug-Aktie mit einem Zielkurs von 13 Dollar in die Bewertung aufgenommen.
Morgan Stanley erwartet Kurseinbruch bei Plug Power
Noch weitaus kritischer bewertet die US-Bank Morgan Stanley die Lage: Analyst Andrew Percoco hatte Plug Power nach den katastrophalen Zahlen zwar weiterhin mit „Equal-Weight“ eingestuft, das Kursziel aber drastisch von 9,00 Dollar auf 3,50 Dollar gekürzt. Laut Percoco werden die kommenden drei bis vier Monate entscheidend sein, „das Vertrauen der Anleger in die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells wiederherzustellen“.
Das derzeitige Aufbäumen im Kurskeller ist somit auch seiner Sicht völlig unverständlich. Vielmehr rechnet Percoco damit, dass die Plug-Aktie erneut ein Viertel ihres Werts einbüßen wird. Sollte dies zutreffen, wären im Übrigen die nächsten 700 Millionen US-Dollar Börsenwert wieder futsch.
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