Liebe Leserin, lieber Leser,
mit Spannung waren die Zahlen erwartet worden, seit Mittwoch nach Börsenschluss sind sie raus. Und Chip-Gigant Nvidia, der bislang große Gewinner des KI-Hypes, hat abgeliefert. Umsatz und Gewinn haben sich gleichermaßen mehr als verdoppelt. Die Nvidia-Aktie allerdings knickte ein, letztlich um 6,4 Prozent auf 117 US-Dollar. Wie kann das sein? Marktbeobachter hatten demnach besonderes Augenmerk auf die Aussagen zur neuen Prozessor-Generation Blackwell gelegt – und zeigten sich enttäuscht darüber, dass noch Nacharbeiten nötig sind. Einige Analysten ficht das nicht an, sie zeigten eine ebenso erstaunliche Reaktion
Nvidia steigert Umsatz und Gewinn enorm
Doch zunächst zu den Fakten: Für sein zweites Geschäftsquartal (bis Juli) meldete der KI-Chiphersteller einen Umsatz von 30 Milliarden Dollar. Das sei ein Plus von 122 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert, heißt es auf tagesschau.de. Damit sei Nvidia das fünfte Quartal in Folge prozentual dreistellig gewachsen. Der Quartalsgewinn sprang im Jahresvergleich von gut 6,2 auf knapp 16,6 Milliarden Dollar hoch, ein Zuwachs von sogar mehr als 160 Prozent
Beide Werte lagen demnach zudem etwas über den Markterwartungen. Auch die Umsatzprognose für das laufende dritte Quartal übertraf mit 32,5 Milliarden Dollar leicht die Analystenschätzungen von 31,9 Milliarden Dollar. „Nvidia hat einen Rekordumsatz erzielt, da weltweit Rechenzentren für KI aufgerüstet werden“, wird CEO Jensen Huang im Bericht zitiert. Warum dann also der Kursverlust?
- Nvidias nächster großer Gewinnbringer – die neue Blackwell-Prozessorreihe – hat sich als schwieriger zu produzieren erwiesen als erwartet
- Bei dem Produkt handelt es sich um die nächste Generation des bislang marktbeherrschenden Prozessors für künstliche Intelligenz
Ist der KI-Hype jetzt vorbei?
Für Marlon Bonazzi von der Wirtschaftswoche ist die Verzögerung jedoch nur ein Teil des Problems. Viel eher könnte sich „der KI-Hype erschöpft haben“, schreibt er in einem Kommentar. Die Verdreißigfachung des Aktienwerts in nur fünf Jahren könne sich unmöglich wiederholen, so der Autor. „Die Erwachsenen sind wieder am Steuer – und sie haben nachgerechnet“, heißt es süffisant. Ab jetzt werde sogar eine schlichte Verdopplung zur Herausforderung, gehöre Nvidia doch bereits zu den drei wertvollsten Unternehmen der Welt.
Dabei sei die Bewertung nicht das große Hindernis. „Rechnet man die im abgelaufenen Quartal verdienten 67 Dollarcent auf das Jahr hoch, wäre das Kurs-Gewinn-Verhältnis aktuell bei nicht gerade teuren 44“, so Bonazzi. Ein angekündigter Aktienrückkauf im Wert von 50 Milliarden Dollar sei ein weiteres Plus. Er befürchtet aber vielmehr eine Durststrecke auf Nachfrageseite. „Das Halbleitergeschäft war bisher immer zyklisch.“
Mehrere Analysten erhöhen Nvidia-Kursziele
Von all diesen Risiken will Stacy Rasgon vom US-Analysehaus Bernstein Research nichts wissen. Er hat das Kursziel für Nvidia nach den Quartalszahlen, trotz des deutlichen Rücksetzers, sogar von 130 auf 155 US-Dollar angehoben, die Einstufung auf „Outperform“ belassen. Der Chipkonzern habe sehr ordentlich abgeschnitten und mit rekordhohen Datenzentren-Erlösen die Markterwartungen übertroffen, schrieb Rasgon laut finanzen.net. Auch der Ausblick auf das laufende Quartal sei sehr gut. Nvidia erfülle weiterhin die hohen Erwartungen. Als Haar in der Suppe sehe der Experte lediglich den Bruttomargenausblick auf das Schlussquartal.
Noch abgehobener, im Wortsinn, agierte die US-Bank JPMorgan: Sie hat das Kursziel für Nvidia nach Zahlen von zuvor lediglich 115 auf ebenfalls 155 US-Dollar erhöht. Analyst Harlan Sur attestierte dem Chipkonzern „solide Zahlen“ und einen Ausblick, der auf eine anhaltend starke Nachfrage nach Künstliche-Intelligenz-Lösungen hindeute. Er erhöhte daher seine künftigen Schätzungen. Andere Analysten waren vorsichtiger, allen voran die Deutsche Bank:
- UBS: 150,00 US-Dollar, +27,56%
- Goldman Sachs: 135,00 US-Dollar, +14,80%
- Deutsche Bank: 115,00 US-Dollar, -2,01%
Blackwell: „Re-Design ohne Kompromisse“
Nvidia habe einmal mehr stark abgeschnitten, doch die Messlatte liege hoch, schrieb Analyst Ross Seymore von Deutsche Bank Research. Besonders wichtig sei, dass Bedenken hinsichtlich einer längeren Verzögerung bei der nächsten Chip-Generation Blackwell zerstreut worden seien. Für mehr als eine „Halten“-Empfehlung hat es dennoch nicht gereicht, sein Kursziel bereits leicht überschritten.
Das war bei Toshiya Hari von Goldman Sachs anders: Der Chipkonzern habe mit Blick auf die neue Chip-Generation Blackwell ein Re-Design ohne Kompromisse bei der Leistung bestätigt, schrieb der Analyst in seinem Kommentar nach den Quartalszahlen. Der Experte hob laut Medienberichten zudem positiv hervor, dass sich Nvidia, trotz der aktuellen Probleme, „von Blackwell im Schlussquartal etliche Milliarden Dollar zusätzlicher Erlöse erhofft“. Dazu komme eine starke Nachfrage im Datenzentrenbereich. Sein Fazit: kaufen.
Nvidia-Aktie mit 140 Prozent Jahresplus
Die Anleger aber hat das offenbar nicht überzeugt. Und so bleibt weiterhin die Frage, ob die aktuelle Korrektur nur eine kleine Delle im Kursverlauf darstellt. Oder ob es doch irgendwann den großen Knall gibt, so wie zuletzt bei Supermicro. Der Vorwurf einer Bilanzmanipulation hat den Kurs der Papiere des US-Server-Unternehmens zuletzt um rund ein Viertel einbrechen lassen. Davon kann bei Nvidia keine Rede sein. Die Aktie erholte sich bereits am Freitagmorgen an den europäischen Handelsplätzen etwas, notiert damit noch immer leicht im Monatsplus. Aufs Jahr gesehen steht ein Aufschlag von mehr als 140 Prozent.
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