Liebe Leserinnen und Leser,
Nvidia geht nach wenigen Stunden mit dem Minus von -4,6 % in den weiteren Handel. Die Aktie ist demnach derzeit nur noch 108 Euro wert – das ist eine Enttäuschung für Aktoinäre sicher. Nur irren die Börsen sich wahrscheinlich in Bezug auf die Begründung. Gestern Abend hatte das Unternehmen seine Zahlen zum 2. Quartal benannt. Die Börsen reagieren offensichtlich enttäuscht. Das ist nicht nachvollziehbar – hier steht eventuell in den kommenden Tagen eine gänzlich andere Bewertung an.
Nvidia: Die Umsätze steigen weiter und weiter und weiter
Der größte und augenfälligste Punkt in der Präsentation ist sicher die Umsatzsteigerung. Das Unternehmen hatte bei Analysten zuletzt einen Umsatz von gut 28 Mrd. Dollar erwarten lassen. Tatsächlich wurden es noch einmal mehr: 30 Mrd. Dollar.
Arbeiten wir uns Stück für Stück ab: Noch vor einem Jahr überzeugte Nvidia an den Märkten mit einem Umsatz von 13,4 Mrd. Dollar. Das war mehr als 45 % Zuschlag zu den ursprünglichen Erwartungen der Analysten. Das Unternehmen hat also vor einem Jahr alle Erwartungen in Luft aufgelöst.
Nun stieg der Umsatz im Vergleich zu diesem revolutionären Kurssprung – um 122 %. Der Umsatz hat sich noch einmal mehr als verdoppelt.
Noch mehr: Der Umsatz ist im fünften Quartal hintereinander jeweils „prozentual dreistellig“ gewachsen, wie es heißt. Die Bewertung bezieht sich immer auf das Ergebnis ein Jahr zuvor. Halten wir fest: Der Umsatz explodiert einfach. Und er steigt seit geraumer Zeit dabei immer stärker, aols die Analysten vorher erwartet haben.
Punkt 2: Der Gewinn des Unternehmens folgt dem Ganzen. Die Nettogewinnmarge, der Anteil von Nettogewinnen am Umsatz, liegt bei über 50 %. Auch das seit geraumer Zeit. Wenn die Umsätze also in Rekordhöhe klettern, werden auch die Gewinne weiter massiv wachsen. Genau das ist passiert. Der bereinigte Gewinn pro Aktie wurde mit 0,68 Dollar ausgewiesen. Das sind gut 150 % mehr Gewinn als vor einem Jahr!
Um es ganz kurz zu halten: Die Zahlen sind überragend – und jeder, der sich diese Zahlen und deren Entwicklung ansieht, wird es ähnlich sehen. Das Problem lag für die Börsen offensichtlich an einer anderen Stelle.
Wer viel schafft, wächst langsamer
Es ist im Normalfall recht einfach: Ausgehend von einer hohen Basis wird das Wachstum in den meisten Fällen irgendwann nicht mehr so stark steigen – relativ. Es gibt in der Regel kein exponenzielles Wachstum, das ewig hält. Man muss bei Nvidia also nur darauf warten, dass die Umsätze nicht mehr prozentual dreistellig klettern.
Die große Frage an den Börsen lautet: Wann ist es so weit? Das Unternehmen selbst gibt wohl die Antwort darauf. Im laufenden, neuen Quartal. Analysten erwarteten eine Umsatzschätzung von 31,69 Mrd. Dollar. Schon wieder liegt Nvidia darüber: 32,5 Mrd. Dollar sollen es werden. Aber der Umsatz im 3. Quartal 2023 würde sich damit nicht mehr verdoppeln, also nicht mehr um den Faktor > 100 % steigen. Das ist ohne Zweifel glaubhaft.
Dennoch bleibt die Frage: Ist das schlimm? Der Umsatz wird von gut 18 Mrd. Dollar dann „nur“ noch um 14,5 Mrd. Dollar klettern. Vielleicht werden es also 80 % Umsatzsteigerung sein. Damit werden die Gewinne bei einer Marge von gut 50 % also noch einmal um ca. 40 % klettern. Das wäre immer noch ein extrem starkes Wachstum.
Die Börsen zeigen sich dennoch enttäuscht. Das Zahlenmaterial bedeutet indes nur, dass das Unternehmen derzeit mit einem KGV von etwas weniger als 50 bewertet würde, wohingegen es vor einem Jahr deutlich höher war.
Das KGV wird bei einem weiteren Gewinnwachstum, bliebe der Kurs auch nur auf dem aktuellen Niveau, noch einmal klar sinken. Die Börsen also werden hier allein basierend auf dem Zahlenmaterial sicherlich eine Änderung vornehmen müssen, wenn es um die Bewertung geht. Rein wirtschaftlich betrachtet hat sich die Situation für Nvidia nicht verschlechtert, sondern verbessert.
Das Ergebnis an den Börsen ist demnach irritierend. Doch die Börsen funktionieren so: Das Wachstum ist besser als gedacht, aber künftig nicht mehr so viel besser wie bislang. Also wird der Aufwärtstrend nur abgebremst. Wer sich die Bilder ansieht, wird indes feststellen, dass der Trend ungebrochen ist.
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