Es ist der nächste Hoffnungsschimmer am Horizont der krisengeplagten Norwegian Air Shuttle. Nachdem die norwegische Regierung die Grenze für Ausländer bis auf weiteres geschlossen hatte, stellen die politischen Entscheider nun endlich eine Lockerung in Aussicht: Für Reisende aus Schengen-Ländern mit niedriger Inzidenz wie derzeit auch Deutschland ist seit Montag die Pflicht zur Hotelquarantäne aufgehoben. So darf die skandinavische Airline vorerst wieder mit mehr ausländischen Fluggästen rechnen.
Bereits die Passagierzahlen, die Norwegian Anfang des Monats vorlegte, stimmten die Investoren wieder optimistisch. So beförderte die Airline im Mai bereits über 96.000 Menschen – im Vergleich zum Vormonat ein Plus von 63 Prozent.
Rettung vorerst geglückt
Dabei war es vor Kurzem noch ungewiss, ob die norwegische Fluglinie die Pandemie überhaupt überleben würde. Ende Mai verkündete das Management schließlich, dass es nach Monaten im Gläubigerschutz die Neuaufstellung erfolgreich abgeschlossen hat.
Nach dem Rekordverlust 2020 musste die Airline über 1.200 Stellen streichen – allein in Spanien fielen 85 Prozent aller Norwegian-Jobs dem Rotstift zum Opfer. Um die Vorgaben aus dem Insolvenz-Verfahren zu erfüllen, verzichtet Norwegian nun vollständig auf die wenig profitablen Langstreckenflüge und musste seine Flotte auf ein Drittel reduzieren. Die 51 übriggebliebenen Maschinen konzentrieren sich nun auf Strecken in Europa und insbesondere den skandinavischen Raum. Während der Umstrukturierung hat der Konzern über 6 Milliarden Euro an Schuldenlast abgebaut und steht derzeit noch mit 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro in der Kreide.
Fast nur noch ein Pennystock
Das nötige frische Kapital haben sich die Skandinavier mit der Ausgabe neuer Aktien verschafft. Dabei wurden die neuen Anteile zu einem Stückpreis von umgerechnet nur 0,63 Euro ausgegeben – also dramatisch unter dem Börsenkurs, der über der Zwei-Euro-Marke lag.
Die Kapitalerhöhung war entsprechend extrem belastend für den Titel: Die Norwegian-Air-Shuttle-Aktie sackte binnen 24 Stunden um über 45 Prozent ein. Damit ist das Papier, das sich Mitte des vergangenen Jahrzehnts noch in Höhen von über 1.000 Euro schraubte, um ein Haar zum Pennystock verkommen.
Branchen-Aufschwung ungleich verteilt
Derweil klingen die Manager in der gesamten Branche wieder deutlich optimistischer als noch zu Ostern etwa. Die großen Airlines haben den Großteil ihres Maschinenparks wieder entmottet. In China sind bereits 98 Prozent der Flugzeuge wieder in Betrieb. Weltweit ist die angebotene Zahl an Flugsitzen so hoch wie seit dem Ausbruch der Corona-Krise nicht mehr.
Satellitenbilder von LiveEO verraten jedoch: In den weltweit größten Abstell-Airports geht die Zahl der ruhenden Jets zwar zurück; andere Aufnahmen zeigen aber, dass auf den Flugzeugfriedhöfen der Welt – wie im australischen Alice Springs – sogar noch mehr Maschinen stehen als während des vorläufigen Höhepunkts der Krise im Dezember 2020.
Das macht deutlich, dass der Aufschwung in der Branche derzeit noch sehr ungleich verteilt ist. Während Schwergewichte wie Lufthansa oder American Airlines in diesem Sommer im Eiltempo auf das Vorkrisenniveau zufliegen, stottert es bei kleineren Fluggesellschaften wie der Norwegian Air Shuttle noch im Getriebe.
Wer nun die Aktie der skandinavischen Airline kauft, hofft wohl darauf, dass nach dem heftigen Absturz Ende Mai bald ein kräftiger Sprung nach oben kommt – oder gar eine langfristige Erholung, bei der die geschrumpfte Norwegian mit steigendem Fluggastaufkommen und reduzierten Routen bald wieder gesund wirtschaftet. Seien Sie hingegen achtsam – denn wer mit der Hoffnung fliegt, hat die Armut zum Piloten.
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