Nikola Motor-Aktie: Mit dem Schlimmsten gerechnet!

Nikola meldet Umsatzeinbruch und Ausweitung der Verluste – und die Aktie des US-Truck-Entwicklers springt zweistellig an. Warum?

Auf einen Blick:
  • Die Aktie von Nikola Motor legte am Donnerstag nach Quartalszahlen zunächst zweistellig zu
  • Dabei hatte der US-Truck-Entwickler desaströse Zahlen aus dem 3. Quartal vorgelegt
  • Anleger aber hatten offenbar mit noch Schlimmerem gerechnet, bis hin zur Pleite
  • Langfristig aber ist die Performance der Nikola-Aktie weiterhin ein Trauerspiel

Liebe Leserin, lieber Leser,

zuweilen ist die Börse ein rätselhafter Ort: Ein Unternehmen berichtet über einen Umsatzeinbruch, weitet seine Verluste aus und muss einen hohen zweistelligen Millionenbetrag für eine Rückrufaktion berappen – und die Aktie springt zweistellig an. So geschehen bei Nikola Motor am Donnerstag. Der US-Truck-Entwickler hat seine Quartalszahlen präsentiert und diese waren alles andere als erfreulich. Doch in einer ersten Reaktion schoss die Nikola-Aktie um zeitweilig mehr als zehn Prozent bis auf 1,17 US-Dollar. Die Anleger hatten offenbar mit dem Schlimmsten gerechnet, bis hin zur Zahlungsunfähigkeit.

Umsatz bei Nikola Motor eingebrochen

Diese hat die Nikola Corporation aber offensichtlich abgewendet: Man habe im dritten Quartal 250 Millionen US-Dollar eingesammelt, „wodurch sich die uneingeschränkten Barmittel um 136,2 Millionen US-Dollar erhöhten und sich die uneingeschränkten Barmittel seit dem ersten Quartal 2024 verdreifachten“, wie man stolz als allererstes per Pressemitteilung vermeldete. Die Differenz zwischen 250 und 132,2 Millionen aber hatte freilich einen Grund.

So war der Umsatz des  Start-up im Berichtszeitraum auf 1,73 Millionen US-Dollar eingebrochen. Im Vergleich zum Vorjahresquartal, als Nikola noch 24,2 Millionen US-Dollar erlöst hatte, ist das ein Rückgang um mehr als 90 Prozent. Die Umsatzprognosen der Experten hatten sich laut finanzen.net zuvor auf 9,5 Millionen US-Dollar belaufen. Dass Nikola kaum noch Geld einnimmt, hatte einen einfachen Grund:

  • Nach mehreren Batteriebränden im Sommer hatte das Unternehmen den Verkauf seiner vollelektrischen Trucks ausgesetzt
  • Von den Brennstoffzellen-Modellen, auf denen nun alle Hoffnungen ruhen, ist noch nicht eines auf die Straße gekommen

Der Brennstoffzellen-Truck Nummer 1

Am 28. September 2024 hatte Nikola den Brennstoffzellen-Lkw des Modelljahrs 2024 in der Prduktionsstätte in Coolidge, Arizona, zwar offiziell auf den Markt gebracht. Die Veranstaltung zog nach Unternehmensangaben rund 900 Teilnehmer an, darunter Kunden, Händler, Lieferanten, Energiepartner, Medienvertreter und Regierungsbeamte. Am 9. Oktober dann, dem Nationalen Tag des Wasserstoffs und der Brennstoffzelle, gab Nikola über X (vormals Twitter) „stolz die offizielle Unterzeichnung des Hersteller-Ursprungszertifikats für den Nikola-Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw 001 bekannt“. Nur gesehen hat diesen Truck außerhalb des Unternehmens noch niemand.

Stattdessen gab Nikola Motor im August den „freiwilligen Rückruf“, wie es hieß, für den batterieelektrischen Lkw bekannt. Bei weiteren Untersuchungen sei festgestellt worden, dass der Kompromiss der Batteriepakete nicht nur auf den Kühlmittelverteiler beschränkt war. „Aus diesem Grund hat unser Team beschlossen, die Romeo-Pakete bestehender batterieelektrischer Lkw unserer Kunden durch eine alternative Lösung zu ersetzen“, heißt es jetzt. Doch das wird teuer:

  • Die Kosten, die Nikola für diesen Rückruf und die Reparaturen entstehen, werden voraussichtlich etwa 61,8 Millionen US-Dollar betragen
  • Einschließlich der geschätzten Kosten für die Überarbeitung, Validierung und Nachrüstung der zuvor verkauften batterieelektrischen Lkw

Nettoverlust steigt, Nikola-Aktie auch

Auch damit erklärt sich der nun gestiegene Nettoverlust im Vergleich zum Vorjahresquartal. Nikola schloss das dritte Quartal laut Medienberichten mit einem Verlust je Aktie in Höhe von 0,30 US-Dollar ab. „Analysten hatten ein negatives EPS von lediglich -0,139 US-Dollar erwartet, nachdem der Konzern bereits im Vorjahreszeitraum 0,280 US-Dollar je Aktie verloren hatte“, heißt es auf finanzen.net.

Doch die Anleger schreckte all das offenbar nicht. Sie ließen die Aktie zunächst zweistellig ansteigen, bevor es wieder etwas zurückging. Mittelfristig haben sich die Papiere von Nikola damit ganz ordentlich entwickelt, aus dem vergangenen Halbjahr steht noch immer ein sattes Plus. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es davor massiv nach unten gegangen war. Der Abschlag aus dem zurückliegenden Jahr beläuft sich noch immer auf mehr als 60 Prozent.

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Nikola: Vorführungen statt Auslieferungen

Möglicherweise vertrauen die Märkte den Neuen im Vorstandsteam des umstrittenen Unternehmens: Durch die Einstellung von Mary Chan als COO und Joe Cappello als President of Energy seien „umfassende Managementkenntnisse hinzugefügt wordeen“, heißt es. Bisher allerdings hat Nikola erst 277 Bestellungen von 35 Kunden für den Brennstoffzellen-Truck erhalten, und diese sind demnach noch unverbindlich. „Wir schreiten voran, nutzen unseren First-Mover-Vorteil mit unserem Wasserstoff-Brennstoffzellen-Elektro-Lkw und legen den Grundstein für die ‚Wasserstoffautobahn‘, die in Kalifornien beginnt“, versichert Steve Girsky, CEO von Nikola, tapfer.

  • „Wir konzentrieren uns weiterhin auf die Markteinführungsaktivitäten in Kalifornien“, so Girsky, der erst im August Michael Lohscheller beerbt hatte
  • „Unser Vertriebsteam ist täglich vor Ort und arbeitet eng mit unseren Händlern und Kunden zusammen, um die besten Möglichkeiten zu finden.“

In Südkalifornien haben laut Nikola jüngst Kundenvorführungen begonnen, bei denen mobile Wasserstofftanklösungen und die Tankinfrastruktur von Drittanbietern zur Unterstützung des Flottenbetriebs eingesetzt werden. „Bis heute haben die in der Demo gezeigten Wasserstoff-Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge mehr als 6.000 Meilen zurückgelegt und dabei eine Betriebszeit von 98 % erreicht“, so die Mitteilung. Was allerdings fehlt, ist nach wie vor ein Termin, wann denn der erste Serienlaster mit Brennstoffzellenantrieb die Werkshallen in Richtung Kunde verlässt.

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