Nikola-Aktie: Ein Paukenschlag!

Die Aktie von Nikola fiel am Freitag am Handelsplatz Frankfurt um 26 Prozent. Das lag wohl weder an der durchgebrachten Kapitalerhöhung noch an tiefroten Quartalszahlen.

Auf einen Blick:
  • Die Nikola-Aktie brach vor dem Wochenende in Frankfurt um mehr als ein Viertel im Wert ein
  • Doch weder die durchgebrachte Kapitalerhöhung noch die Quartalszahlen waren wohl ursächlich
  • Nach nur acht Monaten im Amt tritt CEO Michael Lohscheller beim Truck-Entwickler zurück
  • Sein Abgang bei Nikola Motor hat laut eines Medienberichts keine geschäftlichen Gründen

Liebe Leserin, lieber Leser,

die hoch spekulative Aktie von Nikola Motors hat am Freitag mal wieder alle Erwartungen erfüllt, wenn man so will. Nach ihrem irren Lauf in den vergangenen Wochen von 0,54 auf bis zu 3,38 Euro am Donnerstag, ging es vor dem Wochenende in Frankfurt um satte 26 Prozent abwärts. 2,32 Euro standen zum Handelsschluss auf dem Kurszettel beim US-Truck-Entwickler. Die heftigen Kurssprünge der Nikola-Aktie, nach oben wie nach unten, lassen sich einzelnen Ereignissen beim Unternehmen kaum noch zuordnen. Dafür passiert einfach zu viel. Nun sorgte der Chef für einen Paukenschlag.

Nikola-Chef Michael Lohscheller tritt zurück

Denn eigentlich war der Fokus der Spekulanten auf zwei Dinge gerichtet: Wird die Nikola Corporation bei der Hauptversammlung am Donnerstag die dringend notwendige Kapitalerhöhung durchbringen? Und wie fallen am Freitag die Quartalszahlen aus? Doch beide Antworten gerieten plötzlich fast zur Nebensache. Die wirkliche Sensation: Michael Lohscheller wird nach nur acht Monaten im Amt mit sofortiger Wirkung als Präsident und Chief Executive Officer (CEO) von Nikola sowie als Mitglied des Vorstands zurücktreten. Steve Girsky, seit September 2020 Chairman of the Board, wurde zum neuen CEO ernannt.

Lohscheller, der sich „aus familiären Gründen“ zum Rücktritt entschieden habe, wird laut Mitteilung nach Europa zurückkehren und noch bis Ende September in beratender Funktion bei Nikola tätig sein. „Um einen reibungslosen Übergang zu unterstützen“, wie es heißt. Lohschellers Abgang habe keine geschäftlichen Gründe, berichteten Insider dem Handelsblatt. Vielmehr müsse sich der Top-Manager um ein gesundheitlich schwer angeschlagenes Familienmitglied kümmern, heißt es. Er fühle sich privilegiert und geehrt, als CEO von Nikola gedient und mit so vielen inspirierenden Kollegen zusammengearbeitet zu haben, ließ er sich zitieren. „Ich bin unglaublich zuversichtlich, was Nikolas Zukunft angeht“, so der scheidende Chef.

Nikola spricht von „Reduzierung des Cash-Burns“

Michael Lohscheller habe Nikola „zu einem fokussierteren Geschäftsplan geführt, um die Position des Unternehmens als Marktführer im emissionsfreien Transportwesen auszubauen“, heißt es in der Stellungnahme des Unternehmens. Zu den wichtigsten Erfolgen gehören demnach „die Steigerung der Verkaufsdynamik des batterieelektrischen Lkw und die Verdoppelung des Einzelhandelsumsatzes vom ersten auf das zweite Quartal 2024“. Noch wichtiger vielleicht: Die nach Firmenangaben

  • erhebliche Reduzierung des Cash-Burns um mehr als 30 Prozent von Q1 bis Q2
  • erzielt worden „durch die Neuausrichtung des Geschäfts“, wie es heißt

Nachfolger Girsky gibt dem Deutschen salbungsvolle Worte mit auf den Wegs: „Der Vorstand respektiert Michaels Entscheidung, in dieser Zeit bei seiner Familie zu sein, und dankt ihm für seine harte Arbeit, sein Engagement und seinen Beitrag für Nikola.“  Es sei dankbar für alles, was Michael erreichen konnte. „Ich bin voller Tatendrang, diese Rolle zu übernehmen und auf der Arbeit von Michael und dem Team aufzubauen“, erklärte Girsky.

Kapitalerhöhung im dritten Anlauf durch

Dies kann er nun tatsächlich mit der gewünschten Millionenspritze aus der Kapitalerhöhung, die nach zwei vergeblichen Anläufen am Donnerstag von den Aktionären mehrheitlich abgesegnet wurde. Zweimal war die  angesetzte Aktionärsversammlung verschoben worden, weil die Anzahl der Stimmen nicht ausgereicht hatte. Nun half eine Gesetzesänderung, die zum 1. August in Kraft trat, die statt der Mehrheit der Halter aller ausgegebenen Aktien nun lediglich die Mehrheit aus den abgegebenen Stimmen bedingte.

Gegen den Antrag hatte unter anderem der frühere Nikola-CEO Trevor Milton gestimmt, der nach Betrugsvorwürfen 2020 von seinem Amt zurücktreten musste. Der jetzige Chef hingegen zeigte sich erleichtert: „Dieses positive Ergebnis war entscheidend für weiteres Wachstum und Erfolg, während wir unsere strategischen Prioritäten vorantreiben“, so Michael Lohscheller in einer Erklärung am Donnerstagabend, noch als CEO. Einzelheiten zur Umsetzung nannte er nicht.

Nikola Motor weitet Verluste aus

Die gab es dann am Freitag bezüglich des 2. Quartals 2024. Erwartungsgemäß ist dieses abermals mit roten Zahlen zu Ende gegangen. Der Verlust belief sich laut finanzen.net auf 217,8 Millionen US-Dollar nach einem Minus von 172,99 Millionen US-Dollar vor Jahresfrist. Damit rutschte das Unternehmen noch tiefer in die roten Zahlen.

  • Bei den Erlösen hatten die Expertenschätzungen bei 15 Millionen US-Dollar gelegen
  • Tatsächlich setzte Nikola im Berichtsquartal 15,36 Millionen US-Dollar um
  • Vor Jahresfrist hatten noch 18,1 Millionen US-Dollar Erlöse in der Bilanz gestanden

Nikola verdoppelte Bargeldbestand

Allerdings hatte Nikola Motor zuletzt den Batterieproduktionsbetrieb von Romeo Power, Inc. geschlossen und sein europäischen Joint Ventures an Iveco verkauft. Zudem werden Stellen gestrichen. Das Handelsblatt führte all dies auf die finanzielle angespannte Lage des Start-ups zurück.

„Nikola hat die Wende geschafft und ist auf dem besten Weg, unseren Geschäftsplan umzusetzen und Rentabilität zu erzielen“, versicherte hingegen Michael Lohscheller kurz vor seinem Abgang. Man habe den uneingeschränkten Bargeldbestand nahezu verdoppelt und gleichzeitig die Ausgaben erheblich reduziert. „Wir treiben unsere Mission zur Dekarbonisierung des Schwerlasttransports weiter voran und stellen sicher, dass Nikola auf lange Sicht erfolgreich ist“, so der Manager. Er selbst wird dazu bald nichts mehr beitragen können – was nach wochenlangem Aufstieg möglicherweise den aktuellen Kursknick hauptsächlich begründet.

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