Liebe Leserin, lieber Leser,
die Hoffnungen waren groß – die nachfolgende Ernüchterung allerdings auch. Die Aktie von Nikola Motor, US-Entwickler von batterieelektrischen und Brennstoffzellen-Trucks, war vor Veröffentlichung der Quartalszahlen am Dienstag deutlich gestiegen, von 0,83 US-Dollar noch am 1. Mai auf bis zu 1,04 Dollar an diesem Montag. Doch das umstrittene Unternehmen hat die Anleger mal wieder enttäuscht, mit den Zahlen und offenbar auch seinen Plänen. Die Nikola-Aktie verlor in New York zweistellig, rauschte zwischenzeitlich auf ein neues Allzeittief bei 0,77 Dollar abwärts. Was ist passiert?
Nikola verkauft Europa-Geschäft an Iveco
Es war gleich ein ganzes Bündel an Neuigkeiten, das vom Nikola-Management ausgepackt wurde. Was nun den größten Schrecken unter den Anlegern ausgelöst hat, bleibt Spekulation. War es der erneut gestiegene Netto-Verlust oder die angekündigte Produktionspause im Werk in Coolidge, Arizona, da man „über ausreichende Lagerbestände des batterieelektrischen Lkw verfüge“, wie Nikola einräumte. Oder dann doch die überraschende Nachricht, dass Nikola Motor das Kapitel Europa jetzt beenden wird.
Nikola werde das Geschäft neu priorisieren sich auf den nordamerikanischen Markt, auf Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw, das HYLA-Wasserstoffökosystem sowie autonome Technologien, Fahrzeugsteuerungen und Software konzentrieren, teilte Nikola Motor am Dienstag mit. Aus diesem Grund verkauft das Start-up seine Anteile am europäischen Fertigungs-Joint-Venture an die Iveco Group, für 35 Millionen US-Dollar in bar sowie 20,6 Millionen Nikola-Stammaktien.
Start-up steckt offensichtlich in Geldnot
Das war zweifellos ein Paukenschlag, wenngleich Iveco „für uns ein wichtiger Partner und Hauptlieferant bleiben und unseren langfristigen Erfolg bejubeln wird“, wie die Presseabteilung in typischem US-Jargon zu Protokoll gab. Bei Nikola werde zudem „erwartet, dass Iveco auch in Zukunft ein bedeutender Aktionär bleibt“. Eine Garantie klingt zweifellos anders. „Nikola lockert Pakt mit Iveco“, titelte dann auch die Frankfurter Allgemeine. Iveco übernehme das einst groß angekündigte Gemeinschaftsunternehmen mit Nikola jetzt komplett, hieß es.
- Offenbar habe das mit Geldnot der Amerikaner zu tun, so der FAZ-Bericht
- „Das Unternehmen wies darauf hin, wie ‚kapitalintensiv‘ sein Geschäft sei“
Nikola Motor bündelt Aktivitäten in Nordamerika
Bei Iveco selbst klang das freilich positiver: Die Iveco Group und die Nikola Corporation geben „mit Freude bekannt, dass sie in eine neue Phase ihrer Partnerschaft eintreten, die 2019 startete und bisher alle Meilensteine erreicht hat, um das jeweilige Know-how für die Einführung lokal emissionsfreier schwerer Lkw der Klasse 8 in Nordamerika und Europa zu nutzen“, hieß es in einer Mitteilung. Beide Unternehmen arbeiteten demnach – trotz der Herausforderungen im Zusammenhang mit Covid-19 und der Lieferkettensituation – kontinuierlich zusammen, „um die Ziele der bisherigen Phase zu erreichen und batterie- (BEV) und brennstoffzellenelektrische (FCEV) Sattelzugmaschinen für den Regional- und Fernverkehr auf den Markt zu bringen.
Nikola Motor und Iveco beabsichtigen demnach, ab sofort eigene Schwerpunkte zu definieren. Die Iveco Group konzentriere sich auf die weitere Entwicklung und Vermarktung von batterie- und brennstoffzellenelektrischen Sattelzugmaschinen für den europäischen Markt. „Nikola bündelt die Aktivitäten in Nordamerika und bietet den Kunden einen integrierten Ansatz, der BEV, FCEV und die Wasserstoffinfrastruktur unter der Marke HYLA umfasst.“
Bis zu 50 HYLA-Wasserstofftankstellen
Im Rahmen eines Anfang Mai geschlossenen Abkommens will Infrastruktur-Anbieter Voltera das Kapital für bis zu 50 HYLA-Wasserstofftankstellen für die nächsten fünf Jahre bereitstellen. Die Stillstandzeit im Werk in Coolidge will Nikola derweil nutzen, um die Produktion zu rationalisieren und die Montagelinie so zu modifizieren, dass sowohl Brennstoffzellen- als auch BEV-Trucks auf derselben Linie hergestellt werden können. „Nachdem wir die Produktion in Coolidge wieder aufnehmen, bleibt der batterieelektrische Tre als Build-to-Order-Produkt in unserem Sortiment“, heißt es.
- Der Schwerpunkt liegt ab Juli aber auf dem Modell mit Brennstoffzellen-Antrieb
- Für dieses sollen bislang 140 Bestellungen durch zwölf Kunden vorliegen
Umsatz und Nettoverlust bei Nikola stiegen
Im ersten Quartal hatte Nikola 63 batterieelektrische Tre produziert und an 31 Händler ausgeliefert. Dies führte zu einer Umsatzsteigerung von 1,9 Millionen US-Dollar im Vorjahresquartal auf jetzt 11,1 Millionen US-Dollar. Allerdings waren auch die Verluste gestiegen: Der Nettoverlust von Nikola kletterte von 152,9 Millionen auf 169,1 Millionen US-Dollar. Laut der Nachrichtenagentur Reuters belief sich der Bargeldverbrauch bei Nikola im ersten Quartal 2024 auf 240 Millionen US-Dollar, 40 Millionen mehr als im Vorjahr.
Dies alles im Paket kam an den Märkten alles andere als gut an. Dass die Nikola-Aktie den zwischenzeitlichen Gewinn von Anfang Mai wieder abgab, aktuell bei 0,80 Dollar notiert, ist beileibe nicht das größte Problem, es ist die desaströse Kursentwicklung davor: Allein im vergangenen Vierteljahr haben die Anteilscheine zwei Drittel ihres Werts verloren. Seit ihrem Jahreshöchststand im August 2022 bei 8,97 US-Dollar beträgt der Abschlag mehr als 90 Prozent!
Analyst kürzt Kursziel von von 5,00 auf 1,00 Dollar
Die Analysten, so scheint es, haben die Hoffnung auf ein echtes Comeback der Nikola-Aktie ebenfalls aufgegeben. Laut marketscreener.com liegt das durchschnittliche Kursziel zwar noch bei 2,33 US-Dollar, doch nicht alle der acht aufgeführten Experten haben sich seit dem Quartalsbericht gemeldet. Zwei allerdings schon:
- die Deutsche Bank senkte das Kursziel demnach am Mittwoch von 3,00 auf 2,00 US-Dollar
- TD Cowen strich den fairen Wert für Nikola drastisch von 5,00 auf 1,00 Dollar zusammen
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