Nikola-Aktie: Der Ernst der Lage!

*Gastbeitrag*Die Aktie von Nikola Motor fiel am Montag auf ein Allzeittief. Der US-Trickentwickler braucht dringend frisches Kapital – und die Aktionäre müssen zustimmen.

Auf einen Blick:
  • Die Nikola-Aktie notierte am Montag zwischenzeitlich bei 0,71 US-Dollar, ein neues Allzeittief
  • Allein seit August 2022 haben die Papiere des Truck-Entwicklers mehr als 90 Prozent an Wert eingebüßt
  • Und das umstrittene US-Unternehmen braucht schon wieder dringend frisches Kapital
  • Dafür aber müssen die Aktionäre zustimmen, wohl um eine Insolvenz abzuwenden

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Aktie von Nikola Motor befindet sich nach  Veröffentlichung der Quartalszahlen vor genau einer Woche weiter im freien Fall. Bei 1,04 Dollar waren die Papiere des umstrittenen US-Unternehmens vor dem Quartalsbericht kurzzeitig gehandelt worden, aktuell werden für die Nikola-Aktie 0,76 Dollar aufgerufen. Der Entwickler von batterieelektrischen und Brennstoffzellen-Trucks hat somit binnen einer guten Woche ein weiteres Viertel seines Börsenwerts eingebüßt. Das kommt wohl nicht von Ungefähr.

Nikola will mit Kapitalerhöhung Aktienanzahl verdoppeln

Denn Nikola Motor hatte nicht nur einen erneut gestiegenen Netto-Verlust gemeldet (von 152,9 Millionen auf 169,1 Millionen US-Dollar), dazu auch noch sein Europageschäft beerdigt. Das Start-up, das einst angetreten war die Welt des Schwerlastverkehrs zu revolutionieren, braucht zudem dringend neues Kapital. Dafür allerdings müssen einmal mehr neue Aktien ausgegeben werden, was die bestehenden Nikola-Anteile verwässern würde. Und für dieses Vorhaben ist das Unternehmen auf die Zustimmung der Aktionäre angewiesen. Jetzt macht der Chef den Anlegern den Ernst der Lage klar.

Michael Lohscheller, Präsident und Chief Executive Officer bei Nikola Motor hat eine Videobotschaft veröffentlicht, in der er erklärt warum er den Aktionären dringend empfiehlt, für alle sechs Vorschläge für die Jahresversammlung am 7. Juni zu stimmen, „insbesondere für Vorschlag 2“. Dieser zielt auf die Genehmigung zur Erhöhung der Anzahl genehmigter Nikola-Stammaktien ab. Das finanziell angeschlagene Unternehmen bittet laut des Fachportals freightwaves.com seine Aktionäre, die genehmigten Aktien des Unternehmens auf 1,6 Milliarden zu verdoppeln. Der Elektro-Lkw- und Wasserstoffhersteller müsse Hedgefonds-Darlehen zurückzahlen, hieß es demnach zur Begründung.

Nikola-Chef Lohscheller: „I need your help“

Im Video erklärt Lohscheller, Nikola sei im kapitalintensiven Energie- und Transportgeschäft tätig. Trucks und Tankstellen seien teuer. Das Unternehmen erreiche seine Meilensteine und produziere einige der weltweit ersten batterieelektrischen Lkw und sei „auf dem besten Weg, einige der weltweit ersten Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw zu produzieren“. Nikola schafft laut Lohscheller zudem ein Ökosystem für saubere Energie, um Wasserstoff zu erwerben, zu produzieren und zu verteilen, um damit die Trucks anzutreiben. „I need your help“, wendet er sich im Video an die Anleger – um die Zukunft von Nikola zu sichern.

Für die Verabschiedung des ominösen Vorschlags 2 ist nämlich eine Zustimmung von mehr als 50 Prozent aller repräsentierten, ausstehenden Aktien erforderlich. „Jede Aktie zählt. Jede Stimme zählt“, machte Nikola in einer Mitteilung die Dringlichkeit deutlich. Was passiere, wenn Vorschlag 2 nicht angenommen wird? Laut Nikola:

  • „Wir werden nur begrenzt in der Lage sein, Kapital zu beschaffen, um unseren laufenden Betrieb und unsere Geschäftsziele zu unterstützen“
  • „Möglicherweise müssen wir unsere Aktivitäten reduzieren oder werden wichtige Geschäftsmöglichkeiten verlieren“

In den Foren geht die Angst um

Und so sollen die Aktionäre bereits im Vorfeld ihr positives Votum abgeben, entweder per Telefon, im Internet oder über die Bank bzw. den Broker. Abstimmungsberechtig sind alle, die am 10. April im Besitz von Nikola-Aktien waren, ganz gleich, ob sie diese jetzt noch halten. Die Frist zur Abstimmung endet am Dienstag, 6. Juni 2024.

In entsprechenden Börsenforen geht nun die blanke Angst um. Man habe die Wahl zwischen Pest und Cholera, heißt es da etwa. Entweder man stimme der Entwertung der eigenen Aktien zu, oder riskiere die Insolvenz und damit den Totalverlust. Doch wer sich negativ äußert, wird von anderen Usern abgekanzelt: „Jetzt müssen wir erst mal dafür sorgen, daß nicht dumm rumgelabert, sondern positiv abgestimmt wird“, schrieb ein Anleger am Montag.

Nikola verkauft Fertigungs-Joint-Venture an Iveco

Die Lage bei Nikola Motor scheint in der Tat dramatisch. Im Werk in Coolidge, Arizona, stehen derzeit die Bänder still, da man „über ausreichende Lagerbestände des batterieelektrischen Lkw verfüge“, wie das Unternehmen einräumte. Ab Juli soll die Produktion wieder aufgenommen werden, dann aber mit Schwerpunkt auf Brennstoffzellen-Trucks.

  • Bislang sollen für dieses Modell 140 Bestellungen durch zwölf Kunden vorliegen
  • Batterieelektrische Lkw werden künftig nur noch auf Bestellung produziert

Dies allerdings ausschließlich in Nordamerika. Denn offensichtlich aus Geldnot hat Nikola seine Anteile am europäischen Fertigungs-Joint-Venture an Iveco für 35 Millionen US-Dollar in bar sowie 20,6 Millionen Nikola-Stammaktien verkauft. Die Iveco Group konzentriere sich auf die weitere Entwicklung und Vermarktung von batterie- und brennstoffzellenelektrischen Sattelzugmaschinen für den europäischen Markt, teilte der Partner mit. „Nikola bündelt die Aktivitäten in Nordamerika und bietet den Kunden einen integrierten Ansatz, der BEV, FCEV und die Wasserstoffinfrastruktur unter der Marke HYLA umfasst.“

Nikola-Aktie kurzzeitig auf neuem Allzeittief

Ob das alles so jemals funktionieren wird, daran haben immer mehr Anleger Zweifel. Am Montag war die Nikola-Aktie bei einem zwischenzeitlichen Kurs von 0,71 US-Dollar auf ein neues Allzeittief gefallen, verbesserten sich bis Handelsschluss leicht auf besagte 0,76 Dollar. Zur Einordnung: Im August 2022 waren die Anteilscheine 8,97 Dollar wert. In einem Dreivierteljahr hat Nikola Motor damit 92 Prozent (!) seines Börsenwerts eingebüßt.

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