Liebe Leserin, lieber Leser,
der Kurswahnsinn um die Aktie von Nikola Motor scheint vorerst zu Ende: Am Dienstag verbesserten sich die Papiere des US-Truck-Entwicklers an der Nasdaq um unspektakuläre 1,5 Prozent auf 1,34 US-Dollar. In den Tagen zuvor stellte sich die Situation ganz anders dar: Die Nikola-Aktie war binnen weniger Tage von 0,52 Dollar bis auf 1,83 Dollar geschossen, am Freitag aber wieder massiv zurückgefallen. Während der Anstieg um mehr als das Dreifache eher Fragen aufwarf, hatte die Korrektur durchaus einen Grund. Wie es mit dem umstrittenen Unternehmen weitergehen wird, ist hingegen weiter völlig ungewiss. Auch wenn das Management nun hart durchgreift – und Leute rausschmeißt.
Nikola-Aktie auf wilder Achterbahnfahrt
Den Anfang nahm die irre Entwicklung an der Börse, nachdem Nikola Motor in letzter Minute die eigentlich für den 7. Juni geplante Hauptversammlung abgeblasen und auf den 6. Juli verschoben hatte. Der Hintergrund: Dem hoch verschuldeten Start-up, das mit elektrischen und Brennstoffzellen-Lkw den Schwerlastverkehr aufmischen wollte, war es nicht gelungen, im Vorfeld genügend Aktionäre von der nächsten, dringend notwendigen Kapitalerhöhung zu überzeugen.
- Zwar hatten im Vorfeld nach Nikola-Angaben 77 Prozent der Anleger für die Erhöhung der genehmigten Anzahl von Stammaktien gestimmt
- Beim entscheidenden Vorschlag 2 kommt es jedoch auf die Gesamtzahl der abgegeben Stimmen an, es gilt laut Medienberichten ein Quorum von 50 Prozent
Kein Wunder also, dass Nikola nach der Notbremse einen dringlichen Appell an die Anteilseigner richtete: „Nikola fordert ALLE Aktionäre auf, SOFORT FÜR Vorschlag 2 zu stimmen, der es Nikola ermöglichen würde, die genehmigte Anzahl von Aktien zu erhöhen“, hieß es. Und weiter: „Der Vorstand und das Führungsteam von Nikola sind davon überzeugt, dass es im besten Interesse von Nikola und seinen Aktionären ist, Vorschlag 2 voranzutreiben, um sicherzustellen, dass Nikola seine laufenden Geschäfte fortsetzen kann, einschließlich des Kapitalbedarfs“. Mit anderen Worten: Die Zukunft des Unternehmens steht auf dem Spiel.
Ex-Chef Trevor Milton torpediert Kapitalerhöhung
Die Kursrallye, die unmittelbar nach der Verschiebung einsetzte, kam daher mehr als überraschend, ist der Ausgang der Abstimmung doch völlig offen. Dessen wurden sich einige Anleger wohl am späten Donnerstag gewahr: Trevor Milton, Gründer und weiter Hauptaktionär von Nikola, hatte die Anleger aufgefordert, gegen den Vorschlag 2 zu stimmen, meldete die Agentur Reuters. In seinem ersten Beitrag seit Jahren auf LinkedIn und Instagram erklärte Milton:
- Er habe bei allen Vorschlägen mit 50 Millionen Aktien auf „NEIN“ votiert, einschließlich der Wiederwahlen des Managements
- Milton forderte andere auf, seinem Beispiel zu folgen. „Das Unternehmen braucht keine neuen Aktien, es braucht eine neue Führung.“
Die Attacke des Nikola-Gründers, der im September 2020 als CEO abtreten musste und im Oktober 2022 wegen Betrugs verurteilt wurde, kam zur Unzeit. Auch wenn Nikola direkt danach per Mitteilung versicherte, der Vorschlag zur Erhöhung der Aktienbasis könne auch ohne Miltons Unterstützung angenommen werden. Man prüfe zudem rechtliche Schritte gegen den Ex-Chef, der mit seiner Aufforderung gegen Vereinbarungen verstoßen habe, die nach dessen Ausscheiden getroffen worden seien. Die Aktie fiel in der Folge dennoch wie ein Stein vom Zwischenhoch bei 1,83 Dollar am Donnerstag auf zwischenzeitlich 1,13 Dollar am Freitag – ein Abschlag von fast 40 Prozent.
Hunderte Nikola-Mitarbeiter müssen gehen
Dass die Papiere zwei Handelstage später wieder deutlich höher notieren, könnte mit einer Mitteilung vom Freitag zu tun haben: Nikola gab ein Fortschrittsupdate „zu seinen Bemühungen zur Geschäftsoptimierung bekannt, die voraussichtlich durchgeführt werden“, wie es hieß. Diese sollen zu einem deutlichen Rückgang der Barausgaben und einer Rationalisierung der Betriebsabläufe führen. In Zusammenhang mit diesen Initiativen führte Nikola nach eigenen Angaben eine gründliche Überprüfung seiner Organisationsstruktur durch „und traf die schwierige, aber strategische Entscheidung, die Mitarbeiterzahl zu reduzieren“.
Von der Kürzung sind demnach rund 150 Mitarbeiter an mehreren Standorten betroffen, die zuvor (teilweise oder vollständig) die europäischen Programme des Unternehmens unterstützten. Das Europa-Geschäft hatte Nikola unlängst aufgegeben und an den Lkw-Hersteller Iveco verkauft. Hinzu kommen demnach etwa 120 Stellenstreichungen, die überwiegend an den Standorten des Unternehmens in Phoenix und Coolidge, Arizona, angesiedelt waren. Nikola unterstütze Betroffene mit Übergangshilfe, heißt es.
- Die Entscheidungen sollen „den Erhalt von 900 Arbeitsplätzen sichern und eine nachhaltige Struktur schaffen“
- Die personalbezogenen Barausgaben würden voraussichtlich um mehr als 50 Millionen US-Dollar pro Jahr sinken
Wasserstoff-Lkw soll kommen, verspricht der Chef
„Nikola hat in diesem Quartal einen fokussierteren Geschäftsplan initiiert, der sich auf Nordamerika, die emissionsfreie Lkw-Produktion und unser HYLA-Wasserstoffgeschäft konzentriert“, sagte CEO Michael Lohscheller. Man verwalte Kosten proaktiv und reduziere Ausgaben, rationalisiere die Abläufe, „einschließlich der Organisationsstruktur, um unsere Ziele effizient umzusetzen“, so der Nikola-Chef. „Der Lkw mit Wasserstoff-Brennstoffzelle wird in wenigen Wochen in Produktion gehen“, verspricht Lohscheller. Was er nicht sagt: Ohne eine Kapitalerhöhung wird das kaum möglich sein.
Und was man angesichts aller Unsicherheiten nicht vergessen darf: Zwar beträgt das Monatsplus bei der Nikola-Aktie aktuell rund 70 Prozent. Seit ihrem Zwischenhoch im August 2022, als die Anteilscheine bei knapp 9 Dollar gehandelt worden waren, haben sie noch immer rund 85 Prozent ihres Werts eingebüßt.
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