NFON AG: Interview mit César Flores Rodriguez (CSO) und Sabina Prüser (Head of Investor Relations) auf der Münchener Kapitalmarkt Konferenz

Sehr geehrter Herr Rodriguez, ich persönlich kenne Nfon schon länger, noch aus der Zeit als das Unternehmen keine Aktiengesellschaft war. Daher kenne ich persönlich auch das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens. Ich befürchte jedoch, dass die wenigsten unserer Leserinnen und Leser die NFON AG bereits kennen. Daher würde ich Sie bitten diesen Ihr Unternehmen zunächst einmal kurz vorzustellen.

Antwort von César Flores Rodriguez: Die NFON AG ist der führende pan-europäische Anbieter für Telefonie in der Cloud. Was bedeutet das? Die klassische Nebenstelle wird ersetzt durch eine virtuelle Nebenstellenanlage in der Cloud, die signifikant mehr Funktionen bietet und nur noch die Hälfte kostet. Zudem ist relativ problemlos eine Skalierung möglich, wenn beispielsweise in einem Unternehmen neue Mitarbeiter dazu kommen. NFON ist dabei geräte-agnostisch, sprich es ist egal ob Sie ein Telefon oder ein Softphone nutzen.

Das hört sich sehr spannend an. Aber ich vermute mal, dass Sie in diesem Bereich nicht alleine unterwegs sind. Wen würden Sie daher als Ihre/n wichtigste/n Wettbewerber ansehen?

Antwort von César Flores Rodriguez: Definitiv gibt es Wettbewerber, denn wo kein Wettbewerb, da kein Markt. Im Wesentlichen sehen wir vier verschiedene Wettbewerbergruppen.

Zuerst sind das natürlich die klassischen Telekommunikationsunternehmen, mit denen wir zum Teil eng kooperieren. Dabei unterscheiden wir zwischen Carriern wie der Deutschen Telekom, Telefónica und Co. sowie den großen Hardware-Herstellern wie Alcatel-Lucent, Avaya oder Gigaset. Eine zweite Gruppe sind reine Technologieanbieter im Telekommunikationsumfeld wie bspw. Broadsoft, Centile oder Metaswitch.

Eine dritte Gruppe, die man natürlich niemals unterschätzen darf, sind Unternehmen wie Google oder Microsoft. Die vierte und letzte Wettbewerbergruppe sind dann die direkten Wettbewerber, die wir am Markt sehen. Da gibt es sehr viele, kleinere lokale Anbieter in Europa sowie zwei sehr große in den USA, nämlich 8×8 und RingCentral, die beide auch an der Börse gelistet sind. Diese beiden machen letztlich ziemlich das Gleiche wie wir.

Jetzt sitzen wir hier kurz vor Weihnachten in München zusammen, hinter uns steht schon der Tannenbaum. Wie würden Sie daher das (Geschäfts)Jahr 2018, dass sich ja nun dem Ende neigt, bewerten. Und gab es womöglich besonders positive oder besonders negative Entwicklungen, die Sie nicht vergessen werden?

Antwort von César Flores Rodriguez: 2018 hatten wir bei NFON ein grandioses Jahr. Ich möchte auch gerne kurz zusammenfassen, warum ich das so sehe. Erstens haben wir einen Börsengang hinbekommen – und das (am 11. Mai) in einem sehr schwierigen Marktumfeld. Wir sind nun an der Frankfurter Börse im Prime Standard gelistet. Dies ist vor dem Hintergrund unserer geplanten starken Expansion sehr hilfreich.

Dank des Geldes, das wir durch den Börsengang einsammeln konnten, können wir nun unsere Wachstumsstrategie umsetzen. Diese besteht aus fünf wesentlichen Säulen:

1.) Penetration bereits existierender Märkte (aktuell: 14)
2.) Penetration weiterer Märkte in Europa (Italien gerade eröffnet, Frankreich vor dem Start)
3.) Weitere Funktionen für unser Produkt
4.) Schnittstellen zu anderen Tools (APIs)
5.) Merger & Acquisitions, also Übernahmen

Das heißt, dass unser Börsengang – als ein Highlight des Jahres 2018 – sehr wichtig für uns war. Ein zweites sehr wichtiges Thema für uns ist das kontinuierliche Wachstum. Daher haben wir im Jahr 2018 eine gute Basis für das kommende Jahr 2019 gelegt. Jetzt haben wir allerdings auch ganz viele Wünsche an das neue Jahr.

Was die Erweiterung unseres Angebots angeht, haben wir gerade erst kürzlich eine neue Version unserer Plattform unter dem Namen Cloudya auf den Markt gebracht. Andere haben Alexa, Cortana oder Siri, wir haben Cloudya.

Können Sie vielleicht etwas spezifizieren, warum 2018 so ein hervorragendes (Geschäfts)Jahr für Sie war, ich meine jetzt in Form von Geschäftszahlen.

Antwort von César Flores Rodriguez: Was die Seats angeht, lag das Wachstum bei +28%, von 253.000 auf rund 306.000 Seats (per Ende September). Unser Umsatz ist in den ersten neun Monaten auf rund 31 Mio. Euro gestiegen. Dazu muss man wissen, dass wir im gesamten Vorjahr einen Jahresumsatz von rund 36 Mio. Euro erzielen konnten. Unser bereinigtes EBITA (ohne Kosten für den Börsengang) 2018 war positiv, was bei einem Unternehmen, das so wächst wie die NFON nicht unbedingt zu erwarten ist

Allerdings muss ich gleich dazu sagen, dass das nicht so bleiben wird. Wir werden nämlich massiv investieren, so dass wir in den kommenden Jahren nicht profitabel sein können. Das ist eine klare Botschaft, die wir von Anfang an unseren Aktionären auch so kommuniziert haben. Wir sind ein Wachstumsunternehmen, wir wollen jetzt die Kunden gewinnen. Jetzt ist die Zeit, jetzt findet die Verteilung statt. Bedingt auch dadurch, dass dieser Markt sich zurzeit disruptiv verändert.

Jetzt haben Sie mir eben verraten, dass Sie viele Wünsche für das kommende (Geschäfts)Jahr 2019 haben. Lassen Sie unsere Leserinnen und Leser daher doch mal an Ihren Wünschen teilhaben!

Antwort von César Flores Rodriguez: Wir wollen die Nr. 1 in Europa werden. In Deutschland sind wir unangefochtener Marktführer. In diese Richtung möchten wir uns auch in allen anderen Märkten bewegen. Der zweite große Wunsch wären passende Akquisitionen. Der dritte Wunsch wäre der weitere Ausbau unserer Plattform.

Jetzt haben Sie öfter schon davon gesprochen, dass Sie gerne der führende pan-europäische Anbieter in Ihrem Segment werden möchten. Haben Sie denn auch Geschäfte in U.K. Und welche Auswirkungen hätte dann wohl der Brexit auf Ihre Geschäftsentwicklung.

Antwort von César Flores Rodriguez: Ja, wir haben ein vergleichsweise großes Geschäft in U.K. Daher machen wir uns auch unsere Gedanken über den Brexit. Bisher sehen wir jedoch, noch keinen Grund für negative Auswirkungen auf unser Geschäft.

Das ist aber eine Einschätzung, die nur heute Gültigkeit hat. Schon morgen kann das durchaus völlig anders aussehen. Ich habe jedoch keinen Einfluss auf die Politik und kann auf mögliche Regulierungen nur reagieren.

Schauen Sie mal etwas länger in die Zukunft, unabhängig von diesen politischen Ränkespielchen. Vor welchen Herausforderungen bzw. Probleme stehen Sie dann? Viele Vorstände von Unternehmen haben mir zuletzt berichtet, dass Sie massive Probleme bei der Personalgewinnung haben. Ist das bei Ihnen ähnlich?

Antwort von César Flores Rodriguez: In der Tat haben auch wir Probleme, gutes Personal zu finden. Gerade Ingenieure sind rar gesät. Wenn Sie also einen guten Freund haben, der sich bewerben möchte, feel free. Makro-Risiken gibt es immer, ob nun politische, wirtschaftliche oder rechtliche. Wir versuchen uns auf solche Dinge stets vorzubereiten. Das Gute ist, dass Telefonie immer gebraucht wird. Das Telefon ist eines der allerletzten Dinge, die man abschalten wird.

Auf der Mikroseite sind die Ressourcen sicherlich eines der wesentlichen Themen. Aber schauen wir auf disruptive Veränderung des Marktes, auch dank der Umstellung der großen Carrier auf All-IP, so müssen wir hier nichts fürchten. Unsere Plattform läuft stabil. Wir haben ein tolles Team und wir verfügen ausreichend liquide Mittel, um unsere Expansion voran zu treiben. Positiv sehen wir zudem, dass die Leute die Cloud mehr und mehr akzeptieren.

Was ich Ihnen bestätigen kann ist, dass mir zuletzt nahezu alle Vorstände von Technologieunternehmen von Ihren Schwierigkeiten gutes Personal zu finden berichtet haben. Viele sehen darin sogar ein echtes Hemmnis für Ihr Wachstum. Würden Sie sich dem anschließen?

Antwort von César Flores Rodriguez: Nun, wie ich schon sagte, wir haben ein sehr starkes Team und wir wachsen. Das könnte noch schneller sein, wenn wir das dazu benötigte Personal finden würden.

Verfügen Sie durch die Aktie nicht über ein neues, gutes Argument zur Gewinnung von guten Mitarbeitern? So können Sie doch wichtige Mitarbeiter nun via Aktie direkt am Unternehmenserfolg beteiligen.

Antwort von César Flores Rodriguez: Ja, absolut. Wir haben schon vor dem Börsengang einen Stock Option Plan aufgelegt und wollen sehr gerne unsere Mitarbeiter am Unternehmenserfolg beteiligen. Aber davon abgesehen, ist ein börsennotiertes Unternehmen an sich schon sehr attraktiv.

Dann hätte ich noch eine Frage zur Aktionärsstruktur. Wie sieht diese denn aus, ist das Management auch noch am Unternehmen beteiligt?

Antwort von César Flores Rodriguez: Unsere Aktionärsstruktur sieht wie folgt aus: Wir haben einen großen Ankeraktionär, Milestones Ventures mit knapp 30 % Anteilen. Daneben sind mit größeren Anteilen noch Earlybird mit rund 18 %, MainFirst mit rund 8 %, die MIG mit rund 6 % und Universal Investment mit rund 5 % an der NFON beteiligt. Und ja, die Vorstände halten sowohl eigene Aktien als auch Aktienoptionen.

Letzte Frage: Wenn Sie weit in die Zukunft schauen, wo wollen Sie dann mit Ihrer Aktie hin? Wären Sie mittel- bis langfristig vielleicht ein SDAX- oder TecDAX-Kandidat?

Antwort von César Flores Rodriguez: Das ist noch viel zu früh so etwas zu sagen. Wir wollen stark wachsen. Wie sich das in Richtung Kapitalmarkt auswirkt, wird die Zeit zeigen.

Herr Rodriguez, ich bedanke mich sehr für dieses hochinteressante Gespräch.

Disclaimer

Die auf finanztrends.de angebotenen Beiträge dienen ausschließlich der Information. Die hier angebotenen Beiträge stellen zu keinem Zeitpunkt eine Kauf- beziehungsweise Verkaufsempfehlung dar. Sie sind nicht als Zusicherung von Kursentwicklungen der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren ist risikoreich und birgt Risiken, die den Totalverlust des eingesetzten Kapitals bewirken können. Die auf finanztrends.de veröffentlichen Informationen ersetzen keine, auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete, fachkundige Anlageberatung. Es wird keinerlei Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden übernommen. finanztrends.de hat auf die veröffentlichten Inhalte keinen Einfluss und vor Veröffentlichung sämtlicher Beiträge keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand dieser. Die Veröffentlichung der namentlich gekennzeichneten Beiträge erfolgt eigenverantwortlich durch Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen o.ä. Demzufolge kann bezüglich der Inhalte der Beiträge nicht von Anlageinteressen von finanztrends.de und/ oder seinen Mitarbeitern oder Organen zu sprechen sein. Die Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen usw. gehören nicht der Redaktion von finanztrends.de an. Ihre Meinungen spiegeln nicht die Meinungen und Auffassungen von finanztrends.de und deren Mitarbeitern wider. (Ausführlicher Disclaimer)