Manchmal zeigt sich, dass auch die Weltgeschichte Sinn für Humor hat. Vor wenigen Tagen stellte der frisch vereidigte US-Präsident Donald Trump, fast noch auf den Stufen des Capitols, sein neues Stargate-Projekt vor, mit dem er Amerika in Sachen KI zur unangefochtenen Supermacht machen will. Dafür sollen bis zu 500 Milliarden Dollar investiert werden. Doch nun erschüttert ein kleines chinesischen Start-up aus der Provinz Zhejiang mit einer KI für den Bruchteil des Stargate-Geldes die gesamte KI-Branche.
DeepSeek, vor nicht einmal zwei Jahren gegründet, hat mit seinem neuesten KI-Modell die Marktdominanz westlicher Technologieunternehmen infrage gestellt. Innerhalb eines Tages löste die Veröffentlichung des Modells einen Marktwertverlust von rund 1 Billion US-Dollar bei Tech-Aktien aus, darunter Größen wie Nvidia, Meta und dem europäischen Chipausrüster ASML. Doch was macht DeepSeek so disruptiv, dass nun die Kurse von westlichen KI-Werten unisono purzeln?
DeepSeek: Disruption durch kostengünstige KI-Modelle
DeepSeek wurde vom ehemaligen Quant-Fund-Chef Liang Wenfeng gegründet und ist seit seiner Gründung auf Effizienz und Zugänglichkeit fokussiert. Das neueste KI-Modell des Unternehmens hat die Branche durch seine Fähigkeit überrascht, auf kostengünstigeren und weniger fortschrittlichen Chips zu laufen, ohne dabei an Leistungsfähigkeit einzubüßen. Dies stellt die bisherigen Annahmen infrage, dass teure Hochleistungschips wie die von Nvidia für KI-Anwendungen unverzichtbar sind. Und das alles wird noch getoppt mit der Mitteilung, dass DeepSeek für sein neues KI-Modell gerade einmal rund 6 Millionen Dollar ausgegeben hat, während bei anderen Modellen die Entwicklungskosten schon in die Milliarden gehen.
Das Modell bietet Nutzern nicht nur beeindruckende Antworten auf Anfragen, sondern zeichnet sich auch durch Transparenz im Entscheidungsprozess aus – eine Seltenheit im Bereich der KI-Technologie. Die schnelle Akzeptanz ist beeindruckend: Bereits wenige Tage nach Veröffentlichung belegt die App von DeepSeek Platz 1 im Apple App Store, während Nutzer die Transparenz und Effizienz loben. Für viele Beobachter ist dies ein Beweis dafür, dass China technologisch nicht mehr Jahre hinter den USA liegt, sondern bereits heute ernsthafte Konkurrenz darstellt.
Massiver Sell-off bei westlichen Technologieaktien
Die Marktreaktion auf DeepSeek war heftig. Der besonders technologielastige Nasdaq Composite verlor über 3 %, während der S&P 500 um knapp 1,5 %2 % fiel. In Europa büßte der Stoxx 600 Technologieindex über 2 % ein, und ASML, einer der führenden Lieferanten für die Halbleiterindustrie, verzeichnete einen Kursrückgang von 7 %. Besonders hart traf es Nvidia, das seit Beginn des KI-Booms 2023 als Hauptnutznießer galt. Der Kurs des Unternehmens fiel im regulären Handel um rund 17 %, was die Bedenken der Investoren widerspiegelt, ob Nvidias Geschäftsmodell langfristig tragfähig ist.
Analysten sehen in DeepSeek eine ernsthafte Bedrohung für die bisherigen Annahmen über die KI-Branche. Grundtenor der neuen Einschätzungen: DeepSeek zeige, dass es möglich ist, leistungsstarke Modelle kosteneffizient zu entwickeln. Dies könnte die gesamte Wertschöpfungskette der KI-Industrie, von Chip-Herstellern bis hin zu Hyperscalern, unter Druck setzen.
Geopolitische Dimension: China holt technologisch auf
Die technologische Entwicklung von DeepSeek hat auch eine geopolitische Komponente. In den letzten Jahren haben die USA umfassende Handelsrestriktionen verhängt, um Chinas Zugang zu fortschrittlichen Chips zu begrenzen. Doch DeepSeek zeigt, dass Innovation nicht zwangsläufig auf die neuesten Technologien angewiesen ist. Durch die Nutzung von Open-Source-Plattformen konnte das Unternehmen ein wettbewerbsfähiges KI-Modell entwickeln, ohne auf die fortschrittlichsten Ressourcen zurückgreifen zu müssen.
Was nichts anderes heißen könnte, dass alle Drohungen – durch Sanktionen, Zöllen oder Handelsverboten – letztlich ins Leere laufen könnten und sogar eher das Gegenteil bewirken. Nämlich der eignen Hightech-Industrie den Zugang zu einem der inzwischen wichtigsten Märkte für Halbleitertechnologie zu versperren und damit die Wachstumsdynamik nachhaltig zu schädigen. Die angestrebte Dominanz westlicher KI-Unternehmen könnte unter diesen Aspekten nichts weiter sein als eine Chimäre, Wunschdenken. Und das könnte am Ende dazu führen, dass die gesamten Investitionspläne von westlichen Unternehmen in neue KI-Modelle und Anwendungen in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus. Vielleicht nicht aus eigenem Antrieb, aber weil die Investoren nicht bereit sind, Vergleichbares zu einem exorbitant höheren Preis zu finanzieren.
Dass die Nachricht an den chinesischen Börsen gefeiert wurde, ist klar. Der auch für ausländische Investoren wesentlich besser zugängliche Hang Seng Tech Index reagierte positiv auf die Nachrichten und stieg bereits am Freitag um mehr als 3 % und am Montag nochmal um 0,6 %. Was die Frage aufwirft, ob China nun auch als Ganzes für Investoren wieder ganz oben auf die Kaufliste rücken sollte. Dabei gibt es sicherlich einige grundsätzliche Punkte zu beachten.
Anlagestrategien: Was Investoren jetzt beachten sollten
Dass die bisherigen Annahmen, dass Unternehmen wie Nvidia, Meta und OpenAI unangefochtene Marktführer im Bereich der KI bleiben, zu hinterfragen sind, ist offensichtlich. Das gilt aber nicht nur technologisch, sondern auch ganz klar für die derzeitigen Bewertungsniveaus. So wird Nvidia aktuell mit einem Forward-KGV von 33 bewertet, was deutlich über dem Nasdaq-Durchschnitt von 27 liegt. Angesichts der Unsicherheiten über die Nachhaltigkeit des Wachstums könnte es ratsam sein, Gewinne bei stark überbewerteten Unternehmen mitzunehmen.
Das Thema Diversifikation in asiatische Märkte gewinnt neue Dynamik. Angesichts des möglichen Potenzials könnte es für Investoren sinnvoll sein, stärker in asiatische Technologieunternehmen, insbesondere chinesische, zu investieren. Fonds mit einem Fokus auf den Hang Seng Tech Index oder gezielte Einzeltitel könnten eine attraktive Option darstellen. Allerdings wäre dies tatsächlich nur sinnvoll, wenn sich aus DeepSeek als Kern heraus ein breit angelegtes KI-Ökosystem im Reich der Mitte entwickeln würde. Doch das dürfte noch auf sich warten lassen.
Im Blick behalten sollten Anleger auch die geopolitische Entwicklungen. Handelsrestriktionen und technologische Fortschritte werden die Dynamik der KI-Industrie weiter prägen. Investoren sollten die regulatorischen Rahmenbedingungen genau verfolgen, um potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen. Letztlich geht es immer wieder auch um die Frage, wie nachhaltige der jetzige Erfolg sein wird. Ja, DeepSeeks Modell kann leistungsfähiger sein als vergleichbare Modelle von OpenAI etc. Doch gewinnt es auch an deren Breite in den Anwendungen oder bleibt es vorerst ein „China-Ding“?
Konkurrenz ja, aber keine Wachablösung
Letztlich wird deutlich: DeepSeek zeigt, dass man eine leistungsfähige KI mit relativ geringen Mitteln erstellen kann. Das erhöht den Druck auf die Wettbewerber, auch die Kosten besser im Griff zu behalten. Doch wird die chinesische KI tatsächlich zum alltäglichen Konkurrenten? Lesen Sie mal die Datenschutzrichtlinien in der App. Kurz gesagt: Alle Informationen, die gesammelt werden, landen auf Servern in der Volksrepublik China. TikTok lässt grüßen.
Unter dem Strich: Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Doch könnte DeepSeek am Ende nur ein gewisser Weckruf sein für westliche KI-Unternehmen, mehr auf Effizienz zu achten und nicht die Milliarden-Investitionen immer höher zu treiben. Am Ende wird sich hier eine parallele Konkurrenz für die jeweiligen wirtschaftlichen Einflusssphären bilden. Und das könnte am Ende heißen, dass der Sell-off in den US- und europäischen KI-Werten eigentlich nur eine Gelegenheit ist, um Positionen nochmal zu verbilligen.
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