Liebe Leserin, lieber Leser,
seit mehr als einer Woche pendelt die Aktie von Nel ASA recht unentschlossen zwischen 0,40 und 0,45 Euro. Aktuell stehen die Papiere des norwegischen Wasserstoff-Spezialisten bei 0,42 Euro. Selbst nach Bekanntwerden einer Schadenersatzklage durch den Kunden Iwatani Corporation of America vor genau einer Woche zeigte die Nel-Aktie kaum eine Reaktion. Und klar, nähere Details nannte Nel nicht, lediglich dass es um „Vereinbarungen zur Lieferung von Betankungsausrüstung und -dienstleistungen“ gehe. Doch laut eines Medienberichts wiegen die Vorwürfe schwer – und die Liste ist lang.
Nel ASA werden Falschdarstellungen vorgeworfen
„Betrug, falsche Versprechungen, Verschleierung“ – in dieser drastischen Form betitelt der norwegische Branchendienst Hydrogen Insight einen Artikel, der aus der Klageschrift gegen Nel zitiert. Es gehe laut des japanischen Industriegasunternehmen Iwatani um insgesamt elf Vergehen von Nel, „darunter Falschdarstellungen, falsche Versprechungen und Betrug bei Vertragsabschlüssen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Wasserstofftankstelle ‚H2Station‘ des norwegischen Unternehmens“, wie der Branchendienst schreibt.
Die amerikanische Tochtergesellschaft von Iwatani behauptet in den von Hydrogen Insight eingesehenen Gerichtsdokumenten demnach, dass Nel seine H2-Stations vor dem Verkauf für den kalifornischen Markt nie unter „realen, kommerziellen Bedingungen“ getestet habe und seine Verträge so strukturiert habe, dass nur das Unternehmen selbst Sichtbarkeit hätte über etwaige Probleme mit der Ausrüstung.
Iwatani spricht von „Feldtests“ beim Kunden
- „Dieses System wurde entwickelt, um es [Nel] zu ermöglichen, Mängel an der Ausrüstung zu verbergen“, heißt es etwa in der Klageschrift
- Nel nutze die Ausrüstung von Kunden demnach ohne deren Wissen und auf deren Kosten „für Feldtests und Forschung und Entwicklung“, so Iwatani
Iwantani behauptet unter anderem, dass die Steuerungssysteme und die Software der von Nel ASA gelieferten Wasserstofftankstellen zum Zeitpunkt der Installation noch nicht fertiggestellt waren, sondern dass Nel „immer noch den Code schrieb, während Mitarbeiter in seinem dänischen Büro die Geräte ohne Iwatanis Wissen aus der Ferne bedienten“, so der Bericht von Hydrogen Insight. Und es geht weiter.
Geräte von Nel sollen fehlerhaft sein
Iwatani argumentiert demnach, dass das norwegische Unternehmen seine Erfolgsbilanz falsch dargestellt habe. Der Vorwurf: Dass die von Nel an andere Unternehmen verkauften Geräte „tatsächlich fehlerhaft waren, katastrophale Leistungsdaten aufwiesen und von ständigen Ausfällen geplagt wurden, die den Kunden Verluste in Millionenhöhe verursachten.“ Während Iwatani allerdings keine Gesamtsumme angibt, die man von Nel erstreiten will, beziehen sich fünf der Ansprüche laut des Berichts auf Schadensersatz „über 75.000 US-Dollar“, Anwaltskosten nicht eingerechnet.
Und Nel ASA? Bislang haben die Norweger lediglich die beim US-Bezirksgericht im Central District of California eingereichte Klage gegen sich bestätigt – ohne ins Detail zu gehen. Nel und seine Tochtergesellschaften aber weisen die in der Klage erhobenen Vorwürfe „entschieden zurück“, wie man am Freitag verlauten ließ. Man werde „den Vorwürfen und der Klage energisch entgegentreten“, so die Mitteilung.
Nel-Aktie reagierte nicht
Möglicherweise war das der Grund, warum Anleger auf die vermeintliche Hiobsbotschaft recht gelassen reagierten: 0,43 Euro lautete der Schlusskurs von Nel am Dienstag der vergangenen Woche in Frankfurt, 0,43 Euro standen einen Tag später zum Handelsschluss auf dem Kurszettel – nach Bekanntgabe der Klage. Erst mit etwas Verzögerung geriet die Nel-Aktie am Freitag unter Druck, fiel kurzzeitig auf 0,40 Euro, fing sich aber schnell wieder.
Sicherlich: Keiner der gegen Nel ASA gemachten Vorwürfe ist erwiesen, es gilt bis zu einem möglichen Gerichtsentscheid die Unschuldsvermutung. Der Gegner allerdings ist nicht irgendwer: Die Iwatani Group besteht nach eigenen Angaben aus mehr als 250 Unternehmen und beschäftigt weltweit mehr als 11.000 Mitarbeiter. In Japan sei man „Nummer eins am LP-Gasmarkt, sowie am Wasserstoff- und Helium-Markt“, so die Selbstdarstellung. Nel ASA hingegen, 1927 gegründet, beschäftigte 2023 laut Quartalsbericht 2/23 insgesamt gerade einmal 622 Menschen.
Nel ASA legt demnächst Quartalsbericht vor
Wie der Kampf David gegen Goliath ausgehen mag, ist völlig offen. Dass der Rechtsstreit kein gutes Licht auf Nel wirft, ist hingegen unbestritten. Gerade das Tankstellengeschäft gilt als Sorgenkind des Unternehmens, das zuletzt allerdings auch aus der Elektrolyseur-Sparte kaum Neuaufträge vermeldet hatte. Die einzige Bestellung seit Juli 2023, die man öffentlich machte:
- Am 19. Januar berichtete Nel von einem Auftrag über 10 Megawatt (MW) alkalische Elektrolyseausrüstung im Wert von etwa 5 Millionen Euro durch Samsung C&T
- Im Dezember allerdings hatte HyCC eine Bestellung über 40 MW alkalischer Elektrolyseure, die mit 12 Millionen Euro bewertet war, storniert
Und so bleibt die Hoffnung, dass Nel ASA am 28. Februar beim Quartalsbericht positiv überraschen könnte, eine vage. Möglicherweise ist der Umsatz gestiegen, vielleicht hat das Unternehmen die Verluste weiter eingedämmt. Die Auftragslage allerdings, das kann als gesichert gelten, wird sich bei Nel weiter verschlechtert haben.
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