Nel ASA- und Plug Power-Aktie: Verkehrte Welt!

Die Aktie von Plug Power schoss am Dienstag nach oben und riss Nel ASA gleich mit. Skurril: Es war der Tag, an dem ein Analyst das Kursziel gnadenlos zusammenstrich.

Auf einen Blick:
  • Plug Power hat nach dem jüngsten Kurseinbruch am Dienstag plötzlich gut 20 Prozent dazugewonnen
  • Dabei hatte Morgan Stanley das Kursziel drastisch gekürzt, weit unter den aktuellen Kursstand
  • Die Anleger reagierten erneut entgegen aller Empfehlungen – und ließen auch Nel ASA ansteigen
  • Das Minus seit Anfang Februar ist jedoch bei beiden Wasserstofftiteln weiterhin enorm

Liebe Leserin, lieber Leser,

was passiert, wenn eine bedeutende, amerikanische Bank das Kursziel für eine Aktie massiv zusammenstreicht. Die Papiere werden fallen, so die naheliegende Annahme. Doch beim US-amerikanischen Wasserstoff-Unternehmen Plug Power geschah am Dienstag genau das Gegenteil: Morgan Stanley kürzte das Ziel für die Plug-Aktie massiv von 9,00 auf nur noch 3,50 US-Dollar – und die Papiere schießen nach Eröffnung des Handels in New York um mehr als 20 Prozent in die Höhe, ziehen den norwegischen Wettbewerber Nel ASA gleich mit nach oben. Verkehrte Welt.

Morgan Stanley rasiert Plug-Kursziel

Denn monatelang sagte Morgan Stanley für die Plug-Aktie einen enormen Kursanstieg voraus – und die Anleger verkauften und verkauften. Nun hatte Analyst Andrew Percoco seinen Irrtum erkannt und die Erwartungen annähernd gedrittelt. Traute er Aktie bislang noch mehr als eine Kursverdopplung zu, geht er jetzt davon aus, dass Plug Power mit der Bewertung vom Montag zum Handelsschluss (3,49 Dollar) angemessen bewertet wäre. Er gehe davon aus, „dass der Bewertungsdruck anhalten werde, bis Plug Power seine Liquiditätslage zumindest verbessere“.

Seine Forderung: Plug Power müsse „klare und entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine Bruttomargen zu verbessern, Kosten zu senken und den Kapitalbedarf zu reduzieren“, wurde Percoco am Morgen bei kapitalmarktexperten.de zitiert. Diese Schritte seien „entscheidend, um den Cash-Burn des Unternehmens zu managen und das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen“. Er irrte erneut.

  • Denn dieser Einschätzung zum Trotz schoben die Anleger die Plug-Aktie im Laufe des Handelstages immer weiter nach oben
  • Bei 4,23 US-Dollar, ein Aufschlag von 21,9 Prozent, gingen die Papiere schließlich an der Nasdaq aus dem Handel

Plug Power bringt mögliche Insolvenz ins Spiel

Woher die zurückgewonnene Zuversicht kam, ist völlig unklar. Nach extrem enttäuschenden Quartalszahlen, zur Begründung wurde die eingeschränkte Wasserstoffversorgung auf dem nordamerikanischen Markt angegeben, war die Plug-Aktie am Freitag um rund 40 Prozent eingebrochen, fand bei 3,22 US-Dollar einen Boden. Nicht ohne Grund: Im Rahmen des Quartalsberichts teilte Plug der US-Börsenaufsicht SEC mit, es herrschten „erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Unternehmens, seine Geschäftstätigkeit fortzusetzen“. Die aktuell vorhandenen Barmittel und zur Veräußerung verfügbaren Wertpapiere in Höhe von rund 1,2 Milliarden US-Dollar würden „keine zwölf Monate mehr ausreichen“.

Das Unternehmen selbst brachte somit eine mögliche Insolvenz ins Spiel. Daran ändern alle Beschwichtigungsversuche des CEO nichts: „Seit etwa sechs Monaten sagen wir der Welt, dass wir nach verschiedenen Lösungen suchen werden, um das nächste Jahr zu überstehen“, sagte Andy Marsh gegenüber Yahoo Finance am Montag. „Wir sind sehr, sehr zuversichtlich, dass wir erfolgreich sein werden.“ Es ist ein typischer Marsh. Doch mit Zuversicht alleine aber lassen sich keine Milliarden aufbringen – und keine Pleite abwenden.

Weiterhin absurd hohe Kursziele

Und so ist der am Dienstag einsetzende, plötzliche Run auf die Plug-Aktie rational kaum zu erklären. Allenfalls durch die noch immer absurd hohen Kursziele der 31 Analysten, die das Unternehmen laut Marketscreener derzeit beobachten.

  • Von im Schnitt knapp 15 US-Dollar zum Monatsanfang sind diese zwar auf mittlerweile 10,46 Dollar gesunken
  • Damit allerdings erwarten die Analysten bei der Plug-Aktie weiter einen Zugewinn von irrwitzigen 200 Prozent

Nel ASA wurde mit nach oben gerissen

Doch den Analysten glauben zu schenken, die Plug Power vor einem Jahr noch im Mittel bei 30 Dollar sahen, ist ähnlich absurd wie der plötzliche Anstieg der Aktie von Nel ASA am Dienstag – ohne eine neue Nachricht. Noch um 14.30 Uhr dümpelten die Papiere des norwegischen Elektrolyseur-Herstellers in Frankfurt bei 0,65 Euro. Nachdem der amerikanische Wettbewerber zu Handelsbeginn in den USA jedoch plötzlich abging, stürzten sich die Anleger plötzlich auch wieder auf die Nel-Aktie.

  • Innerhalb einer knappen Stunde schossen die Papiere der Norweger auf wieder 0,70 Euro
  • Damit hat die Aktie von Nel tatsächlich wieder das Kursniveau von vor einem Monat erreicht

Mittel- und langfristig sieht die Sache freilich anders aus. Obwohl Nel ASA bei deutlich steigenden Umsätzen die Verluste im 3. Quartal reduziert hatte, fiel die Aktie nach den Zahlen am 25. Oktober zunächst deutlich bis auf 0,59 Euro, zugleich ein Mehrjahrestief. Die um mehr als die Hälfte eingebrochenen Auftragseingänge hatten die Märkte offenbar aufgeschreckt. Wenig später allerdings begann eine deutliche Erholungsphase, die die Nel-Aktie zwischenzeitlich wieder auf 0,74 Euro zurückbrachte. Danach begann das Spiel von vorn: Auf einen erneuten Rücksetzer folgte nun der rasante Aufstieg vom Dienstag.

Nel ASA mit 60, Plug mit 80 Prozent im Minus

Mit einem aktuellen Kurs von 0,73 Euro allerdings notiert die Nel-Aktie, und das darf man nicht vergessen, noch immer knapp 60 Prozent unter ihren Höchstständen vom Februar. Damals waren rund 1,70 Euro für die Papiere aufgerufen worden. Und doch könnte man es als kleinen Erfolg verbuchen. Denn die Aktie von Plug Power erwischte es noch weitaus übler.

Diese war den Anlegern am 2. Februar noch 18,88 US-Dollar wert, hat seitdem knapp 80 Prozent eingebüßt. Das einzig Tröstliche vielleicht: Am Freitag, direkt nach dem Quartalsbericht, hatte sie bei 3,22 US-Dollar ihren mehrjährigen Tiefpunkt erreicht. ZU diesem Zeitpunkt lag das Minus aus den zurückliegenden neuneinhalb Monaten sogar noch bei 83 Prozent.

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