Nel ASA: Radikal rasiert!

Die Aktie von Nel ASA profitierte nur kurz von der Zusage einer millionenschweren EU-Förderung. Der norwegische Wasserstoff-Titel steht wieder am Ausgangspunkt.

Auf einen Blick:
  • Die Aktie von Nel ASA notiert wieder bei 0,35 Euro, so wie vor gut zwei Wochen
  • Damit hat sich ein Aufschwung nach einer EU-Förderzusage als Strohfeuer entpuppt
  • Die Probleme des norwegischen Wasserstoffspezialisten haben sich keinesfalls gelöst
  • Morgan Stanley kürzte das Kursziel für die Nel-Aktie jetzt um mehr als 60 Prozent

Liebe Leserin, lieber Leser,

was war der Jubel groß, insbesondere in diversen Anlegerforen, als Nel ASA am 22. Oktober verkündete, einen Zuschuss von bis zu 135 Millionen Euro aus dem EU-Innovationsfonds zu erhalten, vorgesehen für die Industrialisierung und Serienfertigung einer neuen Elektrolyseur-Technologie. Die Nel-Aktie verbesserte sich in den Tagen darauf, ausgehend von 0,35 Euro, bis auf 0,40 Euro. Doch keine zwei Wochen später ist der Wasserstoff-Titel wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen – am Ausgangspunkt. Daran hatte eine Analysteneinschätzung aus dieser Woche zweifellos einen entscheidenden Anteil.

Kursziel für Nel-Aktie um 60 Prozent gekürzt

Denn am Mittwoch meldete sich Morgan Stanley – und stufte die Aktie von Nel ASA nicht allein von „equal weight“ auf „underweight“ herab, zugleich rasierte die US-Bank das Kursziel um mehr als 60 Prozent. Die mittelfristige Prognose für die Papiere lautet statt 9 nun noch 3,50 Norwegische Kronen, was gerade einmal 0,29 Euro entspricht. Morgan Stanley sieht somit noch weiteres Abwärtspotenzial von annähernd 20 Prozent.

Diese Neubewertung spiegelt laut aktiencheck von Seiten der US-Bank „die Unsicherheiten bezüglich der Wachstumschancen von Nel ASA wider, insbesondere im US-Markt und im Kontext der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen“, wie es heißt. Sie betrachte die Markterwartungen für Nel im Jahr 2025 laut des Berichts „als zu optimistisch“ und sehe Verzögerungen in der Nachfrageentwicklung und Produktionskapazität im Wasserstoffsektor als mögliche Hürden. Der strategisch wichtige US-Markt sei zudem von politischer Unsicherheit geprägt, „da das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen die Wasserstoffpolitik und Unterstützung für Nel-Projekte stark beeinflussen könnte“.

Nel ASA und Plug Power bangen gleichermaßen

Sprich: Sollte Donald Trump ein zweites Mal ins Weiße Haus einziehen, stehen alle von der Biden-Regierung initiierten Förderprogramme bezüglich der Erneuerbaren Energien zur Disposition. Das träfe US-Wettbewerber wie Plug Power zweifellos noch härter, wartet das Unternehmen doch noch immer auf die finale Zusage eines 1,6 Milliarden schweren Staatskredits.

  • Doch Nel ASA selbst ist mit einer Produktionsstätte in den Staaten vertreten, mit ambitionierten Plänen
  • Jüngst erhöhte das Unternehmen seine PEM-Fertigungsanlage in Wallingford, Connecticut, auf 500 Megwawatt (MW)

Auftragseingänge bei Nel ASA brachen ein

Das Unternehmen hat sich laut des Branchendienstes IWR außerdem die grundsätzliche Unterstützung des US-Energieministeriums und des Bundesstaates Michigan in Höhe von rund 170 Millionen US-Dollar für seine geplante Gigafactory in Detroit gesichert, in der Nel PEM- und alkalische Druckelektrolyseure der nächsten Generation herstellen will. Doch nicht nur diese Fördergeldzusage könnte auf dem Spiel stehen, sollte Trump wiederkehren. Ob die Anlage je gebaut wird, ist zudem alles andere als gesichert.

Denn während die Alkaline-Division im dritten Quartal 2024 nach Nel-Angaben ein Wachstum verzeichnete, brach der Umsatz der PEM-Elektrolyseure um 40 Prozent ein. Die Neuaufträge waren in der Folge von 338 Millionen NOK  im Vorjahresquartal auf nur noch 161 Millionen NOK (rund 13,46 Millionen Euro) um rund die Hälfte gefallen. Das war nicht einmal dei Hälfte des im Quartal getätigten Umsatzes.

Auch andere senkten niedrige Prognosen weiter

Und so ist Morgan Stanley bei weitem nicht die einzige Bank, die bei Nel ASA nach dem Quartalsbericht vom 16. Oktober massive Probleme –  und somit weiteres Abwärtspotenzial erkannte. Die norwegische DNB etwa senkte ihr Kursziel für die Aktie sogar auf 2,50 NOK  (0,21 Euro), die Danske Bank bestätigte beim gleich verheerenden Ziel ihre Verkaufsempfehlung. Fearnley senkte das Kursziel für Nel auf 3,30 NOK, HSBC stufte die Papiere von Kaufen auf Hold ab, Kursziel 4,30 NOK. Mit umgerechnet 0,36 Euro sieht sie die Papiere damit immerhin als aktuell fair bewertet an.

Gibt es denn wirklich keine positiven Analystenkommentare? Doch tatsächlich, eine: Die kanadische Bank RBC hat die Einstufung für Nel ASA jüngst auf „Outperform“ mit einem Kursziel von 12 NOK (aktuell rund 1 Euro) belassen. Zuschüsse der Europäischen Union für Nel sollten am Markt gut aufgenommen werden, schrieb Analyst Erwan Kerouredan am Tag der Verkündung. Sie belegten für ihn, „dass der Wasserstoffspezialist öffentliche Fördermittel für seine Wachstumsstrategie akquirieren kann“. Das Problem ist nur:

  • Kerouredan steht mit seiner Meinung unter Analysten nicht nur völlig alleine da
  • Er hat schon oft genug bewiesen, dass er – mit Verlaub – nicht die geringste Ahnung hat

Kurssturz der Nel-Aktie nach Kaufempfehlung durch RBC

Im Juli 2023 träumte der RBC-Analyst noch von einem mittelfristigen Kurs der Nel-Aktie von 22 norwegische Kronen NOK, umgerechnet 1,83 Euro. Dazu gab er eine Kaufempfehlung ab. Tatsächlich notierten die Papiere damals bei 1,24 Euro. Wer also seinem Rat gefolgt sein sollte und sich Nel ASA ins Portfolio gelegt hat, tat sich keinen Gefallen: Die Aktie hat seitdem bekanntlich nicht zugelegt, sondern mehr als drei Viertel ihres Werts eingebüßt. Aus 1000 Euro Einsatz wurden rund 330 Euro – herzlichen Glückwunsch.

Wer nun glaubt, dass es damals doch allen Analysten so gegangen sei, der irrt: So hatte etwa die Credit Suisse wenige Tage zuvor das Kursziel für die Nel-Aktie von 10,00 auf 8,00 NOK (etwa 0,69 Euro) gesenkt und die Einstufung auf „Underperform“ belassen. Analyst Christopher Leonard sagte für die Papiere im Juli 2023 somit einen Kurseinbruch um fast die Hälfte voraus – und sollte damit sogar noch untertrieben haben. Mit der Verkaufsempfehlung allerdings lag der Analyst seinerzeit goldrichtig.

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