Liebe Leserin, lieber Leser,
die Börse ist zuweilen ein rätselhafter Ort. In der zurückliegenden Woche waren die Wasserstofftitel Nel ASA (Norwegen) und Plug Power (USA) dafür ein gutes Beispiel. Während die Aktie von Nel zwischenzeitlich bis auf 0,45 Euro zulegte und sich schließlich bei 0,42 Euro ins Wochenende verabschiedete, was genau dem Schlusskurs der Vorwoche entsprach, gab die Plug-Aktie in diesem Zeitraum von 4,33 auf 3,96 US-Dollar nach. Dabei war es das US-Unternehmen, das zwei gute Nachrichten am Markt platziert hatte, während von den Norwegern nichts Positives zu vernehmen war.
Plug Power mit strategischer Neuausrichtung
Dass Plug Power eine hohe Schuldenlast drückt, ist kein Geheimnis. In dieser Woche aber kündigte das US-Unternehmen einen „strategischen Schritt zur Verbesserung seiner Finanzleistung und zur Sicherstellung einer langfristigen Wertschöpfung in einem wettbewerbsintensiven Markt“ an. Die Initiative soll die jährlichen Betriebskosten um mehr als 75 Millionen US-Dollar senken, so der Plan, der mit voraussichtlich einmaligen Implementierungskosten von 15 Millionen US-Dollar umgesetzt werde. „Was das Engagement des Unternehmens für operative Exzellenz und finanzielle Verantwortung unterstreicht“, wie Plug betont.
Die Initiative umfasst demnach ein breites Spektrum an Maßnahmen, darunter operative Konsolidierung, strategische Personalanpassungen und verschiedene andere Kosteneinsparungsmaßnahmen. „Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Effizienz zu steigern, die Skalierbarkeit zu verbessern und die führende Position von Plug in der Branche der erneuerbaren Energien zu behaupten“, so Plug. An einem Personalabbau kommt man dabei offenbar nicht vorbei:
- Diese Entscheidung erfolge im Interesse der Aufrechterhaltung „der Agilität und Innovationsfähigkeit des Unternehmens“, heißt es
- Betroffene Mitarbeiter würden mit umfassenden Abfindungspaketen und Ressourcen beim beruflichen Übergang unterstützt
Tragbare Wasserstofftankstellen ausgeliefert
Doch auch operativ gab es Neuigkeiten: Denn laut Mitteilung lieferte Plug Power nun mehrere tragbare Flüssigwasserstoff-Betankungsgeräte an Verkehrsbetriebe und Lkw-Flottenkunden aus. Plugs HL-450D-P sei „eine komplette Wasserstofftankstelle“ auf einer tragbaren Plattform, um die Wasserstoffbetankung von Flottenfahrzeugen mit entweder 350 bar oder 700 bar zu unterstützen, „mit minimaler Vorbereitung vor Ort und nur einem einzigen Stromanschluss“, wie es heißt. Das Produkt wurde laut Plug entwickelt, um die Infrastrukturkosten und die Einsatzzeit für mittelschwere und schwere wasserstoffbetriebene Nutzfahrzeuge zu reduzieren.
„Unser tragbares Betankungsprodukt ist ein Paradebeispiel für die bahnbrechende Innovation von Plug, die den kostengünstigen Einsatz von Wasserstoff in Sektoren wie dem Transportwesen vorantreibt, in denen es schwierig ist, CO2-Emissionen einzudämmen“, sagte Andy Marsh, CEO von Plug. Mit minimalen Vorabkosten könnten Nahverkehrsunternehmen, Logistikunternehmen und Einzelhändler jetzt schnell eine CO2-arme Wasserstofftankinfrastruktur zur Unterstützung ihrer Flotten aufbauen.
- Die Innovation sei durch die Übernahme von ACT durch Plug im November 2021 ermöglicht worden
- Wie viele Geräte ausgeliefert wurden, dazu machte Plug keine Angaben, auch nicht zur Auftragssumme
Plug-Aktie im Monatsvergleich vor Nel
Die Anleger überzeugte all das nicht, die Aktie von Plug Power rutschte an der Nasdaq vielmehr im Wochenverlauf immer weiter zurück, am Freitag zeitweilig bis auf 3,75 Dollar, bevor sie sich wieder etwas fing und bei den erwähnten 3,96 Dollar aus dem Handel ging. Damit allerdings, das sei zur Einordnung erwähnt, hat die Plug-Aktie auf Monatssicht noch immer rund ein Viertel an Wert dazugewonnen. Im Gegensatz zu den Papieren von Nel ASA, die mit rund zehn Prozent im Monatsminus liegen.
Die Verluste allerdings liefen beim norwegischen Wasserstoff-Spezialisten vor allem in der ersten Februarwoche auf, als die Nel-Aktie von 0,49 auf 0,43 Euro zurückfiel. Auch das ist einigermaßen mysteriös, hatte das Unternehmen doch zum Monatsanfang eine Vereinbarung mit dem US-Truck-Entwickler Nikola verkündet, die Nel insgesamt 20 Millionen US-Dollar an Zahlungen sichert.
Rund neun Millionen Dollar erhält Nel durch Nikola Motor selbst, als Ausgleich für den reduzierten Umfang eines früheren Auftrags. Elf Millionen sollen durch Fortescue fließen, das Nikolas Phoenix Hydrogen Hub übernimmt, für das Nel einst die Elektrolyseurausrüstung geliefert hatte.
Schwere Vorwürfe gegen Nel ASA
Während die Anleger die Sicherung von längst beim Unternehmen eingepreisten Millionen also nicht honorierten, reagierten sie andererseits auf eine schlechte Nachricht mit bemerkenswerter Gelassenheit: Denn seit gut einer Woche sehen sich Nel ASA und einige ihrer Tochtergesellschaften mit einer Klage durch die Iwatani Corporation of America konfrontiert, eingereicht beim US-Bezirksgericht im Central District of California. Es geht um „Vereinbarungen zur Lieferung von Betankungsausrüstung und -dienstleistungen“, wie Nel am Freitag der Vorwoche mitteilte.
- Iwatani macht demnach Schadensersatzansprüche in noch unbestimmter Höhe geltend
- Details nannte Nel nicht, wies die erhobenen Vorwürfe allerdings „entschieden zurück“
Nach Informationen des Branchendiensts Hydrogen Insight legt die Tochter des japanischen Industriegasunternehmens Iwatani den Norwegern insgesamt elf Vergehen zur Last, „darunter Falschdarstellungen, falsche Versprechungen und Betrug bei Vertragsabschlüssen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Wasserstofftankstelle ‚H2Station‘“, wie es in dem Bericht heißt. Dass die Aktie von Nel seit Bekanntwerden dieser schwerwiegenden Vorwürfe nicht einen Cent an Wert verloren hat, auch das könnte man als einigermaßen rätselhaft bezeichnen.
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