Nel ASA-Aktie: Vergiftetes Lob!

Die Aktie von Nel ASA bleibt Wackelkandidat. Daran ändern auch eine Kaufempfehlung und ein zuversichtlicher Wasserstoff-Branchenreport durch Goldman Sachs nichts.

Auf einen Blick:
  • Nel ASA erlebte zuletzt zwei massive Einbrüche an der Börse
  • Mittlerweile hat sich die Wasserstoff-Aktie wieder etwas gefangen
  • Noch immer aber steht ein Monatsminus von 17 Prozent zu Buche
  • Das konnte selbst eine Kaufempfehlung nicht verhindern, aus Gründen

Liebe Leserin, lieber Leser,

zwei Mal bereits ist die Aktie von Nel ASA in der zurückliegenden Woche auf einen Kurs von 1,20 Euro zurückgefallen, am Donnerstag und am Montag. Es war zugleich der tiefste Stand seit Ende Oktober 2022. Beide Male jedoch gelang den Papieren des norwegischen Wasserstoffspezialisten ein kleines Comeback. Der aktuelle Kurs von rund 1,27 Euro bedeutet für die Nel-Aktie jedoch noch immer ein Monatsminus von gut 17 Prozent. Selbst eine Kaufempfehlung durch eine renommierte Großbank hat das nicht verhindert. Kein Wunder: Es war ein vergiftetes Lob!

Goldmann Sachs rührt Kursziel nicht an

In der Tat hatte Goldman Sachs die Nel-Aktie vor dem Wochenende von „Neutral“ auf „Buy“ hochgestuft. Doch es gibt ein aber: Das Kursziel von 20,60 Norwegische Kronen, umgerechnet 1,81 Euro, hat Analystin Michele Della Vigna nicht angerührt. Mit anderen Worten: Die Expertin hat ihre Erwartungen keinesfalls erhöht, sie reagierte lediglich auf die miserable Kursentwicklung der vergangenen Wochen, hatte sie am 1. März doch noch zum Halten der Aktie geraten. Nun sieht Della Vigna angesichts der derzeitigen Kursschwäche bei Nel ASA eine Einstiegschance.

Nel trete in eine bedeutende Investitionsphase ein, um von der steigenden Nachfrage in Europa und den USA zu profitieren und seine Bilanz sei jetzt in einer guten Position, um dies nach einer Kapitalerhöhung umzusetzen, zitiert die Agentur Bloomberg die Analystin. Die Entscheidung, die Betankungseinheit bei Nel umzustrukturieren, sei ebenfalls positiv, da dies den Cash-Burn begrenzen sollte. Genutzt hat es der Aktie von Nel bislang nicht, dabei sind sie und ihre Kollegen doch insgesamt ebenfalls sehr positiv für die Branche gestimmt.

Report sieht grünen Wasserstoff auf dem Vormarsch

Denn wie Goldman Sachs Research in einem neuen Report feststellt,  sei „grüner“ Wasserstoff, der durch Elektrolyse hergestellt wird, dem Tätigkeitsfeld von Nel ASA also, eine der vielversprechendsten Alternativen zum derzeit noch überwiegenden „grauem“ Wasserstoff, der auf Erdgas angewiesen ist. „Dabei steckt  der Markt noch in den Kinderschuhen: Ende 2020 waren erst rund 0,3 GW Leistung installiert“, heißt es in dem Bericht. Laut der Experten treiben staatliche Anreize Investitionen in grünen Wasserstoff jedoch voran, insbesondere in den Vereinigten Staaten. „Basierend auf angekündigten Projekten schätzt GS Research, dass bis Ende 2030 bis zu 137 GW installiert werden, etwa das 1,7-fache der letztjährigen Schätzung von 80 GW.“

Angesichts der langen Vorlaufzeiten bei der Schaffung von Produktionsanlagen für sauberen Wasserstoff erwartet GS Research, dass in den nächsten Jahren noch mehr Projekte angekündigt werden. „Viele der Projekte für die zweite Hälfte dieses Jahrzehnts wurden noch nicht angekündigt und sind daher hier nicht erfasst, was auf weiteres Aufwärtspotenzial hindeutet“, heißt es.

  • Die Industrie für sauberen Wasserstoff vergrößert demnach nicht nur die Anzahl der geplanten Projekte, sondern auch deren durchschnittliche Größe
  • Das Forschungsteam schätzt, dass das durchschnittliche Projekt um mehr als das 600-fache der derzeitigen Dimensionen zunehmen wird

Studie: USA werden aufholen, Europa bleibt vorn

Die USA seien in der Entwicklung von sauberem Wasserstoff historisch hinter dem Rest der Welt zurückgeblieben, so Goldman Sachs Research, aber die Anreize im Inflation Reduction Act (IRA) hätten „einen Entwicklungsboom in den USA ausgelöst, wobei die geplante installierte Kapazität bis 2030 von 2 GW auf 12 GW steigen wird“. Nach Schätzung des Teams würde eine Steuergutschrift von 3 US-Dollar pro zwei Kilogramm produziertem Wasserstoff die Kosten für sauberen Wasserstoff das Niveau senken auf Wasserstoff,  der mit fossilen Brennstoffen hergestellt wird.

Die Erhöhung werde den USA helfen, den Abstand zum Rest der Welt zu verringern, „schließen ihn aber wahrscheinlich nicht, da sich auch Projekte in Europa, Australien und anderen Teilen Asiens beschleunigen“, heißt es im Report. Man gehe davon aus

  • dass Europa das Wachstum der installierten Kapazität vorantreiben und bis 2030 rund 50 GW an kumulativer Kapazität hinzufügen wird
  • gefolgt wird Europa demnach von Australien mit 34 GW, Afrika mit 25 GW und Lateinamerika mit 17 GW

Nel ASA nutzt Kapitalerhöhung für US-Investitionen

Dass die USA aufholen wollen, ist zweifellos eine gute Nachricht für Nel ASA, ist das norwegische Unternehmen doch nicht nur in Europa am Start, sondern durch das Tochterunternehmen NEL Hydrogen US am US-amerikanischen Markt ebenfalls präsent. Mehr noch: Im Rahmen der Quartalszahlen Ende Februar hatte CEO Håkon Volldal verkündet, dass man die Produktionskapazität für PEM-Elektrolyseure in der US-Stadt Wallingford, Connecticut, erweitern werde. Ziel ist demnach die jährliche Produktionskapazität auf 500 MW im Jahr 2025 zu steigern. Die Investitionskosten werden auf etwa 260 Millionen Norwegische Kronen (rund 23,47 Millionen Euro) geschätzt.

Keine große Überraschung, dass Nel ASA frisches Kapital gut gebrauchen kann – und sich dieses tatsächlich auch geholt hat. Am 6. März, nur wenige Tage nach dem jüngsten Quartalsbericht, gab das Unternehmen eine Kapitalerhöhung über ein beschleunigtes Bookbuilding-Verfahren bekannt: Nel hatte 108 Millionen neue Aktien bei institutionellen Investoren platziert, was dem Unternehmen knapp 145 Millionen Euro brutto in die Kassen spülte. Die Raktion der Anleger kam prompt: Binnen eines Tages rauschte die Aktie von zuvor 1,49 auf 1,32 Euro in den Kurskeller – und hat sich bis heute nicht mehr erholt.

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