Nel ASA-Aktie: Das steht immer noch im Raum!

Die Aktie von Nel ASA zeigt sich seit Wochen auf niedrigem Niveau stabil. Dabei steht der norwegische Wasserstoff-Spezialist vor mehreren Problemen.

Auf einen Blick:
  • Nel ASA hat zuletzt mal wieder leicht zugelegt, zeigt sich auf niedrigem Niveau insgesamt stabil
  • Dabei steht weiter eine Klage gegen den norwegischen Wasserstoff-Spezialisten im Raum
  • Die ganze Branche kämpft laut eines Berichts zudem mit „erheblichen Überkapazitäten“
  • Nel hat im gesamten 1. Quartal nur einen Auftrag über fünf Millionen öffentlich gemacht

Die Aktie von Nel ASA hat vor den Feiertagen ein klein wenig Boden gut gemacht. Am Handelsplatz Frankfurt ging es um 0,48 Prozent auf 0,417 Euro. Das war eine Verbesserung um genau 0,0020 Euro. Mit anderen Worten: Die Entwicklung beim norwegischen Wasserstoff-Spezialisten stagniert seit Wochen. Auch die Verkündung der Quartalszahlen und die Meldung über mögliche Millionenförderungen für Projekte und ein (geplantes) Werk in Michigan haben daran nichts geändert. Und doch ist die Stabilität der Nel-Aktie auch erstaunlich. Denn fernab mangelnder Aufträge besteht beim Unternehmen ein weiteres Risiko, steht seit Anfang Februar doch noch immer ein schwerwiegender Vorwurf im Raum.

Nel ASA will Klage „energisch entgegentreten“

Denn am 7. Februar hatte Nel ASA die Öffentlichkeit informiert, dass die Iwatani Corporation of America, die amerikanische Tochter des japanischen Unternehmens Iwatani Corp., eine Klage vor dem Bezirksgericht im Central District of California gegen Nel eingereicht habe. Diese sei mit Schadensersatzansprüchen in unbestimmter Höhe gegenüber Nel und einigen ihrer Tochtergesellschaften  verbunden, hieß es. Es gehe um „Vereinbarungen zur Lieferung von Betankungsausrüstung und -dienstleistungen“, mehr Details gab es nicht. Nur so viel:

  • „Nel und seine Tochtergesellschaften weisen die in der Klage erhobenen Vorwürfe entschieden zurück“
  • Man werde „den Vorwürfen und der Klage energisch entgegentreten“, so die damalige Mitteilung

Laut BusinessPortal Norwegen entwickelt und baut Iwatani Corporation of America Wasserstofftankstellen in Kalifornien. Nel Hydrogen Fueling, ein Geschäftsbereich von Nel ASA, habe im März 2021 von der Tochter des japanischen Energieunternehmens eine Bestellung für vier H2Station™-Einheiten zum Betanken von leichten Nutzfahrzeugen für sein Tochterunternehmen Iwatani Corporation of America in Kalifornien erhalten. Der Wert der Bestellung habe mehr als 40 Millionen NOK betragen (rund 3,43 Millionen Euro),  heißt es. „Bereits im November 2020 hatte Iwatani 14 H2Station™-Module bei Nel ASA bestellt.“

Sogar von Betrug durch Nel war die Rede

Bislang hat sich Nel zum Sachverhalt nicht mehr geäußert. Auch im Rahmen des Quartalsberichts am 28. Februar wurde lediglich der gleichlautende Text veröffentlicht. Der norwegische Branchendienst Hydrogen Insight hatte nach eigenen Angaben jedoch Einsicht in die Klageschrift und schrieb von elf Vergehen, die Nel vorgeworfen werden, „darunter Falschdarstellungen, falsche Versprechungen und Betrug bei Vertragsabschlüssen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Wasserstofftankstelle ‚H2Station‘“. Starker Tobak.

Doch auch die norwegische Plattform E24 verfügt laut BusinessPortal Norwegen über weitergehende Informationen. Demnach bestehe der Kern der Anschuldigungen darin, Iwatani sei durch den Kauf von Ausrüstungen von Nel ASA getäuscht worden, diese habe nicht ordnungsgemäß funktioniert. Dabei bezieht sich E24 demnach auf die gerichtliche Vorladung. „Das japanische Unternehmen gibt an, mehrere Millionen Dollar verloren zu haben und von Verzögerungen von über 1.000 Tagen betroffen zu sein“, so der Bericht. Doch ob an all dem etwas dran ist, ob und wann es zum Prozess kommt (und was dies für Nel bedeuten könnte), ist weiter offen.

Wasserstoffbranche kämpft mit Überkapazitäten

Doch auch jenseits der Klage steht Nel ASA, wie die gesamte Branche, offenbar vor einem weiteren Problem, wie das Forschungsunternehmen BloombergNEF (BNEF) ermittelt hat: Hersteller von Elektrolyseuren haben ihrer Studie zufolge zu schnell in neue Fabriken investiert, mit „erheblichen Überkapazitäten“ im Vergleich zur tatsächlichen Nachfrage von Projektentwicklern für grünen Wasserstoff im kommenden Jahr, heißt es in einem aktuellen Bericht, ebenfalls bei Hydrogen Insight.

In der Analyse unter dem Titel „Elektrolyseur-Herstellung 2024: Zu viele Fische in einem winzigen Teich“ stelle BNEF fest, dass Fabriken auf der ganzen Welt Ende 2023 bis zu 31,7 GW Elektrolyseure pro Jahr produzieren könnten – „fast das 17-fache dessen, was in diesem Jahr geliefert wurde sowie mehr als das Siebenfache der im Jahr 2024 erwarteten Kapazität“, wie es heißt. Dennoch haben die Hersteller laut BNEF weitere Erweiterungen angekündigt, wodurch die jährliche Stack-Montagekapazität bis Ende dieses Jahres auf über 50 GW steigen wird und im Jahr 2025 fast 75 GW erreiche.

  • Nel ASA etwa erweitert derzeit seine Fertigungsanlage für Elektrolyseure in Wallingford, Connecticut
  • Die Kapazität der Produktionsanlage soll für 22,31 Millionen Euro von 50 auf 500 MW erhöht werden

Nel-Anleger warten auf Großauftrag – vergeblich

Vor diesem Hintergrund und den offenbar von allen Akteuren weit überschätzten Absatzmärkten ist mit einem zusätzlichen Nel-Werk in Michigan wohl in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Die im Raum stehenden insgesamt 125 Millionen Dollar öffentliche Fördergelder werden erst abgerufen, wenn es zu einer endgültigen Investitionsentscheidung kommt. Eine solche, das machte Nel ASA mehrfach klar, sei jedoch von den Marktbedingungen abhängig.

Und so warten Anleger sehnlichst auf einen neuen Großauftrag aus Oslo. Bislang vergeblich. Nach einem Einbruch der Neuaufträge bei Nel im 4. Quartal 2023 um 81 Prozent auf nur noch 16 Millionen Euro, wird auch der Start ins Jahr 2024 ganz offensichtlich ein Desaster: Im nun zu Ende gehenden 1. Quartal hat Nel lediglich einen Auftrag im Wert von rund fünf Millionen Euro öffentlich gemacht. Und auch die langfristige Kursentwicklung ist alles andere als ein Quell der Freude: Das Minus aus dem vergangenen Jahr beläuft sich trotz aktueller Stabilität auf fast 70 Prozent.

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