Nel ASA-Aktie: Die Realität ist eine andere!

Die Aktie von Nel ASA notiert wieder niedriger als vor den Quartalszahlen. Dabei verbreitete man doch solche Zuversicht, auch Analysten waren angetan – ohne Effekt.

Auf einen Blick:
  • Die Aktie von Wasserstoff-Spezialist Nel ASA ist wieder auf 1,10 Euro zurückgefallen
  • Nach den Quartalszahlen hatte der Markt zunächst positiv auf Umsatzsteigerungen reagiert
  • Doch auch die Nettoverschuldung bei den Norwegern war deutlich gestiegen
  • Analysten bestätigten ihre hohen Nel-Kursziele trotzdem, ohne nachhaltige Wirkung

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Börsenmisere bei Nel ASA geht weiter. Nachdem die Papiere des norwegischen Wasserstoff-Spezialisten nach den Quartalszahlen vor genau drei Wochen einen kleinen Höhenflug erlebt hatten, zwischenzeitlich bei 1,25 Euro notierten, ist die Luft im August nun offenbar endgültig raus. Bis auf 1,10 Euro rutschte die Nel-Aktie zum Start in die neue Börsenwoche ab, das ist sogar weniger als der Kursstand vor dem Quartalsbericht. Dabei waren Management und Analysten nach dem Zahlenwerk doch so zuversichtlich. Die Realität an der Börse aber ist eine andere.

Nel ASA meldete massiven Umsatzanstieg

Sicherlich: Kurzzeitig war es mit der Nel-Aktie tatsächlich nach oben gegangen, meldete der Geschäftsbereich Elektrolyseure im zweiten Quartal doch einen deutlichen Umsatzanstieg um 202 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Da die Volumina gestiegen seien, verzeichneten die alkalischen Umsätze demnach ein Wachstum von sogar 383 Prozent im Vergleich zum zweiten Jahresviertel 2022. „Wir sehen weiterhin positive Entwicklungen aufgrund erhöhter Produktionsmengen und Einnahmen aus Verträgen mit deutlich verbesserten Konditionen“, betonte Håkon Volldal, CEO von Nel ASA.

Die Elektrolyseur-Projekte der Norweger werden nach eigenen Angaben immer größer, „der Auftragseingang dürfte daher von Quartal zu Quartal unterschiedlich ausfallen“, wie es hieß. Allerdings wachse die Gesamtnachfrage, zudem suchten Kunden zunehmend nach Lieferanten mit verfügbaren Kapazitäten „und einer Erfolgsbilanz bei der Lieferung zuverlässiger, qualitativ hochwertiger Ausrüstung“. Mit der Größe gehe die Komplexität einher, „und wir sind zuversichtlich, dass sie sich für Nel positiv auswirken wird, da der Bedarf an Kompetenz und Erfahrung entsprechend steigt“, so Nel-Chef Volldal. Nel werde  die Produktionskapazität entsprechend der Marktnachfrage weiter erhöhen

  • So sei Michigan, USA, im zweiten Quartal als Standort für Nels neuen Elektrolyseur-Gigafactory ausgewählt worden
  • Das Unternehmen strebt dort den Aufbau einer Produktionskapazität von bis zu 4 GW an, aufgeteilt in PEM und Alkali

Nel-Gigafactory in den USA nicht sicher

Was man in der Mitteilung allerdings nicht verschwieg: Dass bislang noch keine endgültige Investitionsentscheidung für die USA getroffen worden ist. Die Umsätze im Segment Fueling blieben im zweiten Quartal darüber hinaus niedrig, „aufgrund des begrenzten Auftragseingangs in den Vorquartalen“, wie Nel dies begründete. Doch es gab auch einen Hoffnungsschimmer. So erhielt die Unternehmensabteilung einen rekordverdächtigen Auftrag über 16 Tankstellen für den Einsatz in Kalifornien, USA.

„Der Auftrag in Rekordgröße von einem renommierten US-Energieunternehmen sei ein Beweis „für die positive Entwicklung nach den strategischen Änderungen in unserer Betankungsabteilung, die sich auf einige wenige hochwertige Kunden mit einer umfangreichen Projektpipeline konzentriert“, glaubt Håkon Volldal. Noch allerdings trug dieser Auftrag zum Rekordumsatz von 475 Millionen NOK (rund 42,62 Millionen Euro) im zweiten Quartal freilich nichts bei. Es reichte dennoch zu einem Plus von stolzen 159 Prozent gegenüber dem Vergleichsquartal 2022. Doch es gibt einen Wermutsropfen:

  • Zugleich war der Nettoverlust bei Nel ASA deutlich von 275 Millionen NOK auf jetzt 342 Millionen NOK (etwa 30,3 Millionen Euro) gestiegen
  • Im ersten Quartal hatte Nel noch damit überrascht, dass die Nettoverschuldung bei steigenden Umsatzerlösen zurückgegangen war

Nel-Aktie profitierte nur kurz

Die Anleger reagierten dennoch zunächst positiv: Von 1,13 Euro am Vortag, waren die Anteilscheine des Wasserstoff-Unternehmens am Tag der Quartalszahlen auf 1,24 gesprungen, ein Plus von knapp zehn Prozent. Nach einer ersten Korrektur erreichte die Nel-Aktie Ende Juli noch einmal eine Bewertung von 1,25 Euro – doch von da an ging‘s bergab. Und klar: Seit den Zahlen haben die Norweger nichts mehr gemeldet, keinen neuen Auftrag, keine Kooperation, nichts.

Dies hatte Nel kurz vor der Präsentation  getan. Nel Hydrogen Electrolyser AS habe mit Hyd’Occ einen Vertrag über 20 MW alkalische Elektrolyseausrüstung im Umfang von rund 9 Millionen Euro für sein Projekt im französischen Port-La-Nouvelle unterzeichnet, hieß es etwa. Ein Tag vor den Quartalszahlen meldete Nel dann eine Bestellung aus Portugal über 40 MW alkalische Elektrolyseausrüstung für Bondalti im Wert von sogar rund 11 Millionen Euro. Eine positive Wirkung an der Börse allerdings entfachten beide Nachrichten nicht.

Analysten bestätigten hohe Kursziele für Nel ASA

Das gilt im Übrigen auch für die insgesamt positoven Einschätzungen der Zahlen durch institutionelle Analysten: Die US-Investmentbank Goldman Sachs etwa hatte die Einstufung der Aktie auf „Buy“ mit einem Kursziel von 20 norwegischen Kronen (NOK) belassen, was aktuell 1,78 Euro entspricht. Der Umsatz habe die Erwartungen übertroffen, begründete Analyst Michele della Vigna seine Zuversicht. Die Dynamik beim Auftragsbestand des Wasserstoffspezialisten beschleunige sich, hieß es.

Noch etwas höher ins Kursregal griff Erwan Kerouredan von der kanadische Bank RBC: Während der Umsatz des Wasserstoffunternehmens sich dynamisch entwickle, müssten sich die Ergebnisse verbessern, mahnte der Analyst zwar. Er beließ Nel ASA nach Zahlen dennoch auf „Outperform“ mit einem Kursziel von 22 NOK, sieht bei umgerechnet 1,96 Euro ein Kurspotenzial von rund 80 Prozent. Die Anleger entschieden anders: Die Nel-Aktie hat statt zu steigen im zurückliegenden Halbjahr vielmehr rund ein Drittel an Wert eingebüßt.

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