Seit Monaten schon reiben sich nur die Shortseller von Nel ASA die Hände. Im Februar hat in der Wasserstoffbranche eine scharfe Korrektur eingesetzt, bei der die Green-Tech-Aktie 60 Prozent ihres einstigen Werts eingebüßt hat.
Am heutigen Donnerstag wird Nel ASA seinen Halbjahresbericht veröffentlichen. Einen Tag zuvor haben die Norweger mit einer spannenden Meldung überrascht: einer neuen Partnerschaft mit einem deutschen Technologieführer. Erleben wir nun ein deutliches Kaufsignal für den Wasserstoff-Titel? Ein Kurz-Briefing für Sie.
Aussichtsreiche Marktposition
Keine Frage: Wasserstoff könnte bei der Bekämpfung des Klimawandels eine herausragende Rolle spielen. Der Markt mit dem Gas, das emissionsfrei aus Wasser gewonnen wird, sollte unabhängigen Prognosen zufolge bis 2050 ein Volumen von mindestens 700 Milliarden Euro erreichen – und damit bis zu einem Viertel des globalen Strombedarfs decken.
Welche Unternehmen sich letztendlich zu Multimilliarden-Konzernen entwickeln werden, vermag niemand vorherzusagen. Nel ASA befindet sich jedoch zweifellos in einer guten Position, eine Marktführerschaft zu übernehmen. Der Trumpf der Norweger: Sie sind nicht abhängig von einem speziellen Anwendungsbereich, sondern decken die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette ab – von der Produktion zum Vertrieb über Tankstellen.
Partnerschaft mit großem Potenzial
Mit der Kooperation, die Nel am Mittwoch vorgestellt hat, spinnt der Elektrolyse-Spezialist einen weiteren Faden in seinem Netzwerk. Der neue Partner: Die SFC Energy AG. Das 2000 in Brunnthal bei München gegründete Unternehmen produziert und vertreibt Direktmethanol- und Wasserstoff-Brennstoffzellen, die nicht etwa auf Elektromobilität abzielen, sondern auf stationäre und mobile Stromversorgungssysteme.
Die beiden Unternehmen planen nun Nels Elektrolyseure mit den Kleinkraftwerken der Brunnthaler in einem integrierten System zu vereinen – dem ersten seiner Art. Das Joint Venture strebt an, die ersten Produkte im zweiten Halbjahr 2024 auf den Markt zu bringen. Im ersten Schritt wollen die Partner Module mit bis zu 50 kW bauen, später soll der Leistungsbereich auf bis zu 500 kW erweitert werden.
Es gibt zahlreiche Anwendungen für die kleinen Brennstoffzellen-Einheiten: etwa bei Militär, Feuerwehr, Stromausfällen oder Baustellen. Bislang werden für eine Fern-, Mobil-, oder Notstromversorgung jedoch üblicherweise Dieselgeneratoren eingesetzt. Die Verbrenner, so verbreitet sie derzeit noch sind, haben aber offensichtliche Nachteile: Sie stinken, rattern, sind sperriger und aufwendiger zu warten. Klimaschonend ist die Low-Tech natürlich auch nicht.
Ziel des gemeinsamen Projekts von Nel ASA und SFC Energy ist es, eine effizientere und umweltfreundliche Alternative zu schaffen und die Dieselgeneratoren damit nach und nach aus den industriellen Märkten zu verdrängen. Bei ihrem Vorhaben können die beiden Unternehmen auf die Unterstützung zahlreicher Staaten zählen, die ihre Klimaziele verschärft haben und die Wasserstoff-Branche Jahr für Jahr mit Milliarden fördern.
Mehr Aufträge im zweiten Quartal?
Die beiden Unternehmen verfügen ebenso über das nötige Know-how, um das ambitionierte Gemeinschaftsprojekt zu schultern. Die Zusammenarbeit ist somit gewiss ein Gewinn für Nel ASA; aber auch SFC Energy kann von dem Deal profitieren. Die Brunnthaler veröffentlichen am heutigen Donnerstag ebenfalls ihre Halbjahresbilanz, die zeigen wird, ob der Brennstoffzellen-Hersteller den Schwung aus dem ersten Quartal mitnehmen konnte.
Was die Aktie von Nel ASA angeht: Die lange Korrektur war eine logische Folge dessen, dass der Titel in der Euphorie des Markts zu lange und zu schnell gestiegen ist. Die neuen Zahlen könnten das Blatt für die Norweger aber wenden. Gewinne sind bei dem Unternehmen vor 2024 zwar nicht zu erwarten; doch mit einem deutlich gestiegenen Auftragsaufkommen in den vergangenen drei Monaten könnte der Elektrolyse-Spezialist ein klares Kaufsignal senden – und den Shortsellern endlich ein Schnippchen schlagen.
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