Liebe Leserin, lieber Leser,
Nel ASA hat eine wahrlich bewegte Woche hinter sich, operativ und an der Börse. Bei einem Kurs von 1,59 Euro am Montag gestartet, erreichten die Papiere des norwegischen Wasserstoff-Spezialisten im Laufe der Woche erstmals seit Monaten wieder eine Bewertung von mehr als 1,70 Euro. Das kann man als Erfolg feiern, oder auch nicht. Eingedenk der Tatsache, dass die Nel-Aktie schließlich bei nur noch 1,65 Euro in Frankfurt aus dem Handel ging, bleibt angesichts der Nachrichtenlage rund um das Unternehmen nur ein Fazit: Die Kursentwicklung ist eine einzige Enttäuschung.
Denn 1,65 Euro, das stand bereits am Donnerstag der vergangenen Woche auf dem Kurszettel von Nel ASA. Seitdem haben die Papiere, aller begeisterten Kommentare zum Trotz, nicht einen Cent dazugewonnen. Das ist vor allem deshalb kein Ruhmesblatt, da gleich zwei gute Nachrichten die Anleger hätten elektrisieren können. Taten sie aber nicht, zumindest nicht nachhaltig.
Millionenschwerer Auftrag durch HyCC für Nel ASA
Da wäre zum einen der am Montag gemeldete Großauftrag für ein Projekt in den Niederlanden. Nel Hydrogen Electrolyser AS, eine Tochtergesellschaft von Nel, habe mit HyCC für sein H2eron-Projekt in Delfzijl einen Vertrag über 40 MW an alkalischer Elektrolyseurausrüstung im Wert von rund 12 Millionen Euro unterzeichnet, ließen die Norweger wissen. Kraftanlagen Energies & Services wurde laut Nel derweil mit der projektbezogenen FEED-Studie beauftragt. SkyNRG werde mit seinen Partnern „auf eine endgültige Investitionsentscheidung (FID) im Jahr 2024“ hinarbeiten, hieß es einschränkend. Allerdings:
- Der Vertrag stelle „eine verbindliche Bestellung für alkalische Elektrolysegeräte“ dar
- Die Elektrodenproduktion soll voraussichtlich im vierten Quartal 2025 beginnen
Grüner Wasserstoff für den Flugverkehr
SkyNRG wird den Wasserstoff nach Angaben von Nel ASA zur Herstellung von nachhaltigem Flugkraftstoff (SAF) verwenden, der aus industriellen Nebenprodukten und Restströmen wie gebrauchtem Speiseöl hergestellt wird. HyCC hat demnach vor kurzem die Umweltgenehmigung für das Projekt erhalten. „Zuverlässige Versorgung mit grünem Wasserstoff ist der Schlüssel zur Dekarbonisierung von Sektoren wie der Luftfahrtindustrie“, wurde Marcel Galjee, Geschäftsführer von HyCC, in der Nel-Mitteilung zitiert. Man baue auf jahrzehntelange Erfahrung in der großtechnischen Elektrolyse auf und freuen sich darauf, „mit diesen starken Partnern in die nächste Phase des Projekts zu gehen, um den Grundstein für die neue Wasserstoffwirtschaft zu legen“, so Galjee.
H2eron werde „einen großen positiven Einfluss auf die Emissionsreduzierung im Luftfahrtsektor haben, und wir sind stolz darauf, als Lieferant unserer bewährten Elektrolyseurtechnologie für dieses aufregende und wichtige Projekt ausgewählt worden zu sein“, jubelte Hans Hide, Chief Project Officer von Nel. Alfons Weber, CEO von Kraftanlagen Energies & Services, stimmte ein: Es sei wichtig, dass groß angelegte Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff jetzt Wirklichkeit werden und H2eron für eine nachhaltigere Luftfahrt sorge, so der CEO.
Nel-Aktie reagiert kurz auf Kaufempfehlung
Nach so viel Optimismus passierte an der Börse erst einmal: nichts! Bei 1,60 Euro war die Nel-Aktie am Freitag der vorvergangenen Woche in Frankfurt aus dem Handel gegangen. 1,60 Euro lautete der Schlusskurs auch noch am Montag, nach der Nachricht. Am Dienstag kam dann plötzlich Leben in die Bude, bei 1,64 Euro gestartet, möglicherweise eine späte Reaktion auf die Vortagsmeldung, erreichte die Aktie im Laufe des Tages dann tatsächlich eine Bewertung von 1,71 Euro.
Der Hintergrund: Die bisher äußerst skeptische US-Großbank Morgan Stanley hatte an jenem Tag das Kursziel für die Aktie von Nel Asa von 13 auf 22 norwegische Kronen angehoben, umgerechnet 2,02 Euro. Zugleich stufte Analyst Arthur Sitbon die Papiere von „Equal Weight“ auf „Overweight“. Nel dürfte zu den Profiteuren des bevorstehenden Booms von grünem Wasserstoff gehören, schrieb der Experte. Die USA und Europa würden erneuerbare Energien aktuell massiv fördern. „Wir glauben, dass eine klare Regulierung das Vertrauen in das Wachstum des Wasserstoffmarktes stärken wird, was sich auf die Bewertung von Wasserstoffunternehmen auswirken wird“, wurde Sitbon von CNBC zitiert.
Es ist nicht mal das höchste Kursziel
Sicherlich, das neue Kursziel liegt rund 70 Prozent über dem vorherigen. Eine Sensation ist es jedoch keineswegs. Zum einen, da gut 20 Prozent Kurspotenzial in einer solch volatilen Branche kaum der Rede wert sind. Zum anderen hatte die kanadische RBC bereits im November ein noch höheres Kursziel aufgerufen. Andere hingegen sind weitaus skeptischer:
Kursziel | Kurspotenzial | |
Jefferies | 20,00 NOK | +10,31% |
RBC Capital | 23,00 NOK | +26,86% |
JP Morgan | 10,00 NOK | -44,84% |
Goldman Sachs | 15,00 NOK | -17,26% |
Nel ASA immerhin vor Plug Power
Was bleibt also nach dieser Woche? Grund für Euphorie ist jedenfalls nicht gegeben: Nach der Korrektur vom Freitag hat Nel ASA zwar im vergangenen Vierteljahr noch immer rund ein Viertel an Börsenwert dazugewonnen. Dies allerdings nur, da die Papiere in den Monaten zuvor massiv abgeschmiert waren. Mit der aktuellen Bewertung notiert Nel ungefähr auf dem Niveau von vor einem halben Jahr. Seit ihrem 12-Monats-Hoch im März 2022 bei 1,90 Euro steht gar ein Minus von 14 Prozent.
Und das in einer Zeit, in der allerorten über Wasserstoff als Zukunftsthema diskutiert wird und Milliarden an Fördergeldern in die Branche fließen sollen. Einziger Trost vielleicht: Hauptkonkurrent Plug Power (USA) hat seit dem Höchststand im August sogar mehr als die Hälfte an Börsenwert eingebüßt.
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