Seit meinem letzten Update zu Nel ASA Anfang Februar hat sich die makroökonomische Lage für Wasserstoff-Aktien dramatisch verändert. Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine ist bei den politischen Entscheidungsträgern in Europa eine möglichst unabhängige Energieversorgung ganz oben auf die Agenda gerückt.
Die Europäische Kommissionen strebt nun an, bis 2030 jährlich 20 Millionen Tonnen Wasserstoff zu produzieren, wofür zwischen 120 und 200 Gigawatt (GW) an Elektrolyseur-Kapazität erforderlich wäre. Zur Einordnung: Im Jahr 2000 betrug die weltweite Kapazität gerade einmal 100 Megawatt (MW).
Kostenparität zu fossilen Energieträgern rückt näher
Europa ist heute bereits führend in der Wasserstoffproduktion und Nel ist dabei der größte Elektrodenhersteller der Welt. Mit seiner neuen vollautomatischen Elektrolyse-Anlage auf der südnorwegischen Halbinsel Herøya kann das Unternehmen derzeit 500 MW im Jahr produzieren. Die Kapazität könnte auf bis zu 2 GW erhöht werden. Bis 2025 will Nel mit weiteren Werken den jährlichen Output auf 10GW steigern.
Um die EU-Ziele zu erreichen, werden immense Investitionen erforderlich sein. Doch die potenziellen Erträge aus einem solchen Kraftakt sind vielversprechend. Sobald Wasserstoff für 1,50 US$ je Kilo hergestellt werden kann, ist die Kostenparität mit fossilen Brennstoffen erreicht. Nel hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, diesen Wendepunkt bis 2025 zu erreichen. Und tatsächlich rückt er in greifbare Nähe, da die steigenden Ölpreise die Lücke zuletzt merklich verkleinert haben.
Komfortable Netto-Cash-Position
Die Jahreszahlen für 2021 entsprachen im Großen und Ganzen den Erwartungen: Steigenden Einnahmen (+8%), steigenden Kosten (+21%) und dadurch auch ein um 41% gestiegener operativer Verlust. Der Nettofehlbetrag wurde durch die Abwertung der Beteiligungen an anderen Wasserstoffunternehmen noch verschärft.
Der Cash-Burn aus der Summe von Betriebs- und Investitionstätigkeiten hat sich im Vergleich zu 2020 von 510 auf 822 Millionen NOK erhöht. Aufgrund der Erlöse aus der letzten Kapitalerhöhung verfügt das Unternehmen jedoch noch über ein komfortables Netto-Cash-Polster von 2,7 Milliarden NOK. Steigende Betriebskosten durch den Inflationsdruck werden sich in Zukunft jedoch belastend auswirken.
Warten auf den Superzyklus
Mit einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von 20,5 ist Nel im Vergleich zum Sektordurchschnitt (26,3) noch moderat bewertet. Auch wenn ich davon überzeugt bin, dass Wasserstoff der Treibstoff der Zukunft ist, ist es aus meiner Sicht jedoch noch zu früh für ein Einzelinvestment.
Während ich gespannt auf die Ankunft des neuen CEOs im Juli warte und darauf, dass der Superzyklus in der Branche langsam Fahrt aufnimmt, kommt die Nel-Aktie aus meiner Sicht derzeit über ein „Halten“ nicht hinaus.
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