1,67 Euro – so lautete der Kurs der Aktie von Nel ASA noch am vergangenen Dienstag. Im Vergleich zum Kurs von 1,16 Euro im Laufe des 1. Juli ein Aufschlag von mehr als 40 Prozent, innerhalb von weniger als drei Wochen. Es war die Reaktion auf den kurz davor verkündeten Großauftrag für die US-Tochter Nel Hydrogen Electrolyser AS, den größten in der gesamten Unternehmensgeschichte des Wasserstoff-Spezialisten. Doch die ganz große Euphorie ist offenbar vorbei, die Nel-Aktie hat wieder deutlich abgegeben. Richtig spannend aber wird es wohl in genau einer Woche.
Kapitalerhöhung und Optionsprogramm bei Nel ASA?
Denn am kommenden Dienstag, 2. August, lädt Nel ASA zu einer außerordentlichen Hauptversammlung nach Oslo. Die Vorortveranstaltung hat zwei Tagesordnungspunkte, die sich beide auf den Aktienkursverlauf auswirken könnten. Nel will sich zum einen die Erlaubnis für eine Kapitalerhöhung einholen. Zum anderen bittet man die Aktionäre um die Genehmigung für die Ausübung von Aktien-Optionsprogrammen.
Während der ordentlichen Hauptversammlung von Nel ASA vom 21. April 2024 hatte man nicht die dafür erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit der Versammlung hinter sich gebracht, hieß es in einer Nel-Mitteilung. Zumindest was den zweiten Teil des Ansinnens betraf.
Neuer Nel-CEO vor Bewährungsprobe
Kein Wunder: Zusätzliche Aktien im Markt sind gewöhnlich nicht das, was Anleger schätzen. Der Nel-Vorstand ist nach eigenem Bekunden jedoch der Ansicht, „dass es im Interesse der Aktionäre ist, dass gewährte Optionen im Rahmen bestehender Optionsprogramme nicht in bar, sondern in Aktien beglichen werden können“. Daher sei beschlossen worden, die Angelegenheit ein weiteres Mal der Aktionärsversammlung zur Prüfung vorzulegen. Gleichzeitig werde präzisiert, „dass die vorgeschlagene Ermächtigung auf die Nutzung im Zusammenhang mit bereits gewährten Optionen aus eingestellten Optionsprogrammen beschränkt ist“, so Nel ASA.
Ob die Sache dieses Mal durchgehen wird, ist unklar. Håkon Volldal, als neuer CEO von Nel ASA seit dem 1. Juli im Amt und Nachfolger des freiwillig zurückgetretenen Jon André Løkke, kann das erste Mal in seine Überzeugungskraft unter Beweis stellen. Sein Vorgänger im Amt hält ihn für den richtigen Mann: Der neue Nel-Chef, der bereits CEO-Erfahrung bei Q-Free gesammelt hatte, einem börsennotierten Unternehmen, das Lösungen für Maut- und Verkehrsmanagement entwickelt, habe in seinen vorherigen Positionen bemerkenswerte Ergebnisse erzielt, sagt Løkke. Daher glaube er fest daran, dass der Übergang reibungslos verlaufen wird „und dass Håkon Volldal über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt, um unser Unternehmen auf die nächste Stufe zu heben“.
Größer Auftrag der Firmengeschichte
Eine nächste Stufe erreichte Nel zweifelsohne beim vor einer guten Woche vermeldeten Auftrag. Es geht um eine feste Bestellung einer alkalischen 200 MW-Elektrolyseurausrüstung für industrielle Anwendungen. Der Auftrag für die Elektrolyseur-Stacks werde einen Wert von als 45 Millionen Euro haben, heißt es. In dieser Größenordnung hatte es das im Hause Nel noch nicht gegeben.
Der nicht genannte Kunde, der das Projekt laut Nel ASA über mehrere Jahre entwickelt hat, werde dieses vollständig durch private Investoren finanzieren, wenngleich auch öffentliche Subventionen fließen werden, wie man angesichts der Umweltvorteile bei Nel vermutet. Man freue sich, für dieses „bahnbrechende Projekt“ ausgewählt worden zu sein“, hieß es. Produktion und Auslieferung der Stacks ist für den Zeitraum Februar 2024 bis Mitte 2024 in Nels Produktionsstätte in Herøya geplant.
Nel zieht Plug und Ballard Power mit
Und so zog die Nel-Aktie am Tag der Bekanntgabe des historischen Auftrags zweistellig nach oben, zog die Konkurrenten wie Plug Power (USA) und Ballard Power (Kanada) gleich mit. Am Mittwoch allerdings war bei besagten 1,67 Euro erst einmal Schluss. Mit einem Kurs von 1,55 Euro hatte sich Nel ASA ins Wochenende verabschiedet, am Montag ging es zwischenzeitlich weitere rund vier Prozent nach unten auf noch 1,50 Euro. Die jüngere Kursentwicklung kann sich dennoch sehen lassen, insbesondere im Vergleich zur Konkurrenz:
1 Woche | 1 Monat | 6 Monate | 1 Jahr | |
Nel ASA | +12,8% | +18,9% | +34,1% | -9,9% |
Ballard Power | +7,5% | +4,3% | -18,1% | -48,0% |
Plug Power | +6,4% | -2,6% | -4,6% | -25,9% |
Die Analysten gaben sich ebenfalls hocherfreut angesichts des Auftrages in zweistelliger Millionenhöhe, ließen ihre Kursziele jedoch unangetastet. Das mag mit den bereits hohen Erwartungen im Vorfeld zusammenhängen – und der bislang schlechten Performance in diesem Jahr.
Goldman Sachs empfiehlt Nel-Aktie zum Kauf
Die US-Investmentbank Goldman Sachs etwa hatte die Einstufung für Nel nach dem Rekordauftrag auf „Buy“ mit einem Kursziel von 21 norwegischen Kronen belassen, rund 2,06 Euro. Dies sei ein bedeutender Schritt zur Erreichung der nach oben geschraubten Ambitionen des norwegischen Wasserstoff-Unternehmens, hieß es. Nach der jüngsten Korrektur erwartet die Bank somit einen Kursanstieg um fast ein Drittel. Noch höher gehen RBC Capital Markets und Jefferies & Company, die sich ebenfalls zu Wort gemeldet hatten:
- RBC Capital Markets: 23,00NOK; +44,20%
- Jefferies & Company: 23,00NOK; +44,20%
- Goldman Sachs Group: 21,00NOK; +31,66%
Noch weiter oben erwartet die britische Investmentbank Barclays die Aktie von Nel ASA, diese Einschätzung stammt allerdings noch aus dem Mai. Nach den Quartalszahlen hatte Analyst James Hosie Nel auf „Overweight“ mit einem Kursziel von 25 norwegischen Kronen belassen (2,58 Euro).
Das US-Analysehaus Bernstein Research hatte die Bewertung der Papiere indes bei einem fairen Wert von lediglich 17 norwegischen Kronen mit „Outperform“ erstmals aufgenommen, umgerechnet 1,69 Euro. Analystin Deepa Venkateswaran allerdings glaubt, dass die Wasserstoff-Branche von wachsenden Null-Emission-Ambitionen und zunehmenden Vorteilen gegenüber gasgestützter Elektrolyse profitiere. Die Kosten für grünen Wasserstoff fielen derzeit rasch.
Quartalszahlen von Nel am 11. August
Ob das auch für die Aktie von Nel ASA gilt? Dies entscheidet sich wohl nicht allein nach der außerordentlichen Hauptversammlung am kommenden Dienstag, sondern auch am 11. August. Dann will das norwegische Unternehmen die Zahlen aus dem zweiten Quartal 2024 vorlegen.
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