Liebe Leserinnen und Leser,
grüner Wasserstoff gilt als der Heilsbringer der Zukunft. Der Grund ist ziemlich einfach: Der klimaschonende Energieträger, der per Elektrolyse und Öko-Strom erzeugt wird, kann ganz bestimmte Industriesektoren dekarbonisieren.
Grüner Wasserstoff und Elektrolyseure: Giga-Wachstum möglich
So kann er zum Beispiel in der Stahlproduktion genutzt werden und dort fossile Rohstoffe ersetzen. Aber auch in der Chemieindustrie stellt grüner Wasserstoff eine Möglichkeit dar, um energieintensive Prozesse anzutreiben, die so viel Hitze erfordern, dass elektrische Alternativen an ihre Grenzen stoßen würden. Ebenfalls kann der Energieträger als Treibstoff in der Mobilität genutzt werden (Brennstoffzellen).
Dem grünen Wasserstoff wird deshalb ein Mega-Markt prognostiziert. Bis zur Mitte des Jahrhunderts müssen laut Experten pro Jahr Hunderte Tonnen des Stoffs nachhaltig produziert werden, um die weltweiten Klimaschutzziele zu erreichen. Das wiederum ist nur möglich, wenn rund um den Globus in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Wasserelektrolyseure im großen Stil gebaut werden.
Die Beratungsgesellschaft DNV erwartet, dass bis 2030 eine Elektrolysekapazität von mehr als 3.000 Gigawatt vorhanden sein muss, um weltweit genügend grünen Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Industrie verfügbar zu haben. Das wäre ein Plus von mehr als 900 Prozent gegenüber 2021.
Nel ASA-Aktie trotzdem in der Bredouille
Grüner Wasserstoff und die dafür nötigen Elektrolyseure sind also nicht einfach nur ein Wachstumsmarkt. Sie sind vielleicht der Wachstumsmarkt schlechthin im Zuge der Energiewende.
Eigentlich müsste man nun meinen, dass die Unternehmen, die solche Elektrolyseure schon heute produzieren, an der Börse Highflyer sind. Doch das ist ein Trugschluss. Beispiel: Nel ASA.
Im Chart sehen Sie die turbulente Aktienentwicklung des norwegischen Unternehmens:
Die Nel ASA-Aktie hat allein in den letzten 12 Monaten um rund 37 Prozent abgewertet. Anfang September ging es für die Wasserstoff-Aktie nun noch einmal abwärts.
Nel ASA: Meilensteine über Meilensteine
Bevor wir uns die möglichen Gründe zu diesem Desaster anschauen, zunächst ein paar Hintergrundinfos: Tatsächlich ist Nel ASA im Unterschied zu einigen anderen Wasserstofffirmen ein Traditionsunternehmen mit langer Geschichte. Die Norweger haben bereits 1927 ihre erste kleine Elektrolyseanlage in Betrieb genommen. Damals diente der dadurch erzeugte Wasserstoff zur Herstellung von Düngemitteln. Um grünen, also per Öko-Strom hergestellten Wasserstoff, handelte es sich dabei natürlich nicht.
Die Historie der Norweger hat jedenfalls noch einige weitere Meilensteine zu bieten. So war Nel ASA 1988 der weltweit erste Anbieter, der astbestfreie Alkali-Elektrolyseure angeboten hat. 2003 hatten die Norweger die weltweit erste öffentlich zugängliche Wasserstofftankstelle installiert – auf Island. 2014 war Nel ASA das erste Wasserstoffunternehmen, das zu 100 Prozent an die Osloer Börse gebracht wurde.
2015 hat das Unternehmen dann den dänischen Wasserstofftankstellen-Hersteller H2 Logic geschluckt und damit sein Portfolio rund um die Mobilität massiv erweitert. 2017 folgte die Übernahme des amerikanischen Elektrolyse-Spezialisten Proton On Site. Nel ASA ist dadurch nach eigenen Angaben zum weltweit führenden Anbieter von PEM-Elektrolysetechnologie avanciert. PEM (Proton Exchange Membrane) gilt als derzeit aussichtsreichste Technologie, um Wasser per elektrischem Strom in Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten.
Nel ASA: Börse will Gewinne sehen
Doch die Fantasie rund um Nel ASA hat einen großen Haken: Das Unternehmen muss enorm viel Geld investieren, um seine Elektrolysekapazitäten zu erhöhen und diese Technologie seinen Kunden zur Verfügung zu stellen. Entsprechend sind die Norweger hoch defizitär, wie Sie in der Grafik sehen können:
Nettogewinn je Quartal von Nel ASA
Allein im zweiten Quartal 2024 belief sich der Verlust auf 342 Millionen Norwegische Kronen (NOK). Der Fehlbetrag hat sich somit sowohl gegenüber dem Vorjahresquartal als auch gegenüber dem Vorquartal erhöht. Die Börse allerdings fordert von Nel ASA das Durchbrechen der Gewinnschwelle – und das so schnell wie möglich und vor allem nachhaltig.
Wenige Großaufträge sorgen für Volatilität
Das aber ist längst nicht das einzige Problem der Nel ASA-Aktie: Das Unternehmen ist gerade im Elektrolysebereich abhängig von Großaufträgen. Und diese flattern sehr unregelmäßig ins Haus. Das heißt: Gibt Nel ASA über einen längeren Zeitraum keine neuen signifikanten Aufträge bekannt, gerät die Aktie unter Druck. Das ist ein Effekt, der in den letzten Jahren immer wieder zum Vorschein kam und der auch in den letzten Wochen deutlich zu spüren war.
Dabei war der Auftragseingang im zweiten Quartal gar nicht so schlecht. Nel ASA konnte in den drei Monaten bis Ende Juni Neuaufträge in Höhe von 428 Millionen NOK einheimsen (54 Prozent aus Elektrolyse-Bestellungen). Das entspricht einer Steigerung von 81 Prozent gegenüber Q2 2022.
Dieser positive Aspekt hatte die Aktie Mitte Juli sogleich nach oben katapultiert. Inzwischen wurden diese Gewinne aber bei weitem wieder abverkauft. Die Norweger hatten zwar im zweiten Quartal diverse Großprojekte in die Wege geleitet – zum Beispiel im US-Bundesstaat Michigan. Die entsprechende Meldung von Anfang Mai hatte die Aktie ebenfalls beflügelt.
Doch im laufenden dritten Quartal scheint sich Nel ASA mit neuen Erfolgsmeldungen bis dato zurückzuhalten. Entsprechend herrscht am Kapitalmarkt Nervosität. Umso mehr steht die grundlegende Frage im Raum: Ist grüner Wasserstoff wirklich so ökonomisch wirkmächtig wie ursprünglich gedacht? Oder ist das Ganze doch eher mehr Fantasie als Realität?
Quo vadis Nel ASA-Aktie? Analysten uneins
Dieses Spannungsfeld zwischen Hoffnung und Angst ist ein ständiger Begleiter der Nel ASA-Aktie und verantwortlich für deren enorme Volatilität. Entsprechend unterschiedlich stufen die Analysten das Papier ein.
Laut Marketscreener empfehlen 6 von 22 Analysten die Aktie zum Kauf. 4 Experten hingegen raten den Anlegern, das Papier abzustoßen. Das niedrigste Kursziel liegt demnach satte -31 Prozent unter dem letzten Schlusskurs – das höchste jedoch stellt ein Renditepotenzial von beachtlichen +143 Prozent in Aussicht. Selbst die Experten scheinen also unterm Strich nicht so richtig zu wissen, wo die Reise für die Nel ASA-Aktie hingeht.
Mein Fazit für Sie
Die Nel ASA-Aktie ist auf kurzfristige Sicht meiner Meinung nach vor allem für risikobewusste Trader interessant. Mit dem richtigen Timing kann der Titel durchaus schnelle Renditen einbringen.
Die Zukunftsperspektive des Unternehmens ist jedoch eine sehr langfristige Angelegenheit. Selbst im besten Falle dürfte es einige Jahren dauern, bis sich die operative Entwicklung von Nel ASA stabilisieren kann. Das erfordert von den Aktionären sehr viel Geduld und vor allem Resistenz gegenüber temporären Kurseinbrüchen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren Investments,
Marco Schnepf
Redaktion Finanztrends
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