Die fetten Jahre für den MSCI World scheinen erst einmal vorbei zu sein. Auf Jahressicht notiert der Index gerade mit 13,9 Prozent im Minus und performt damit deutlich schlechter als viele andere Indizes. Die ganz große Überraschung ist das freilich nicht. Die Schwäche ist vornehmlich darauf zurückzuführen, dass im MSCI World Tech-Aktien aus den USA sehr stark vertreten sind. Fast die gesamte Top 10 besteht aus eben solchen Titeln.
Im vergangenen Jahr hat sich darüber noch niemand beschwert und vielen Anlegern dürfte diese Tatsache gar nicht recht bewusst gewesen sein. Schließlich sind MSCI World ETF eine beliebte Geldanlage für all jene, die sich um das Thema Börse nicht viele Gedanken machen und dennoch eine ansehnliche Rendite einfahren wollen. Im gegenwärtigen Zustand scheint das aber nicht mehr möglich zu sein, zumindest auf kurze Sicht.
Das rächt sich für den MSCI World
Denn der Tech-Sektor liegt in den USA und auch anderswo mehr oder weniger am Boden. Zwar fahren Apple, Google, Microsoft und Co. weiterhin Quartal für Quartal Milliardengewinne ein. Die Umsätze steigen aber längst nicht mehr so rasant wie in früheren Zeiten. Zudem sorgen die diversen Krisen unserer Zeit mitsamt einer nachlassenden Konsumlaune bei den Verbrauchern dafür, dass hoffnungslose Überbewertungen aus 2021 kassiert wurden und die Bären scheinen damit noch nicht am Ende angekommen zu sein.
Entsprechend wird auch Kritik an der Zusammensetzung lauter. Dass mit dem aktuellen Portfolio in absehbarer Zeit noch größere Renditen im MSCI World zu erzielen sind, daran glauben nur noch die Wenigstens. Gefordert wird von einigen Beobachtern, den Index zu überarbeiten. Dabei sollen Apple und Co. nicht gleich aus dem Index verschwinden, zumindest die Gewichtung aber überdacht werden. Bisher gibt es keinerlei Informationen dazu, ob derartige Schritte bereits angedacht sind oder nicht.
Die Gefahr für den MSCI World wird immer größer
Aktuell mehren sich die Anzeichen dafür, dass der Tech-Sektor weiteren schwierigen Zeiten gegenüberstehen könnte. Dafür sprechen gleich mehrere Faktoren:
- Nachlassende Konsumlaune bei Verbrauchern
- Hohe Inflation verschiebt die Prioritäten
- Sinkende Umsätze mit Kryptominern
- Sinkende Bestellungen bei Chip-Herstellern
All das spricht zwar auch dafür, dass die unsägliche Chipkrise langsam ihrem Ende näherkommt. Doch ist das für die Hersteller natürlich keine gute Nachricht. Nicht nur werden die Preise in den kommenden Wochen und Monaten vermutlich weiter nachgeben. Zu befürchten ist auch, dass sich gar nicht so leicht neue Kunden finden lassen, nachdem viele Abnehmer sich mit Chips regelrecht eingedeckt haben. Derweil bleiben TSMC, Samsung und Co. auf gigantischen Fabriken sitzen, die genau jetzt aus dem Boden gestampft werden.
Das mag noch nicht die ganz große Bedrohung für Softwareunternehmen oder Abnehmer von Chips wie Apple sein. Es lässt aber einen Trend erkennen und der spricht für alles, nur nicht für eine neuerliche Rallye im Tech-Sektor. Sollte sich beim MSCI World also nicht bald etwas ändern, könnten dem Index weiter schwere Zeiten bevorstehen.
Der MSCI World Index fällt zurück
Bei einem direkten Vergleich zeigt sich, dass Anleger mit einem Investment in andere Indizes als den MSCI World im letzten Jahr deutlich weniger Wert verloren hätten. Zwar konnte der Index noch den hierzulande ebenfalls sehr populären DAX outperformen. Dow Jones und S&P 500 musste er sich aber geschlagen geben. Das ist ein Zeugnis davon, wie sehr sich die ungleiche Gewichtung im Kurs bemerkbar macht.
Index | Punktestand (9.7.22) | Perf. 1 Jahr |
STOXX Europe 600 | 417.12 | -8,86 % |
Dow Jones | 31.338,15 | -10,13 % |
S&P 500 | 3.899,38 | -10,76 % |
MSCI World | 2.603,62 | -13,90 % |
DAX | 13.015,23 | -17,04 % |
Nasdaq 100 | 12.125,69 | -18,21 % |
Nun lässt sich im Nachhinein schön darüber schwadronieren, was sich beim MSCI World hätte besser oder schlechter machen können. Fakt ist jedoch, dass nur die Allerwenigsten im Vorfeld mit einem Kriegsausbruch in der Ukraine rechneten und auch die Inflation viel zu lange unterschätzt wurde. Daher lassen sich dem MSCI World mit Blick auf die Kursentwicklung der letzten Monate auch nicht unbedingt Vorwürfe machen. Einfordern lässt sich aber durchaus, das Finanzprodukt auf die Zukunft einzustellen.
Guter Rat ist teuer beim MSCI World
Allerdings ist das einfacher gesagt, als getan. Denn welche Werte sich im aktuellen Bärenmarkt und bei den vielen Krisen behaupten können, lässt sich nicht mit Sicherheit vorhersagen. Zu viel hängt dabei von unsicheren Entwicklungen ab. Das macht auch die Suche nach interessanten Alternativen zum MSCI World alles andere als einfach. Sicher, Indizes aus dem Energiesektor sind in diesem Jahr nur so in die Höhe geschossen. Ob sie das auch weiterhin tun werden, steht aber noch auf einem anderen Blatt.
Was also bleibt den Anlegern zu empfehlen? Das hängt letztlich auch von den eigenen Ansprüchen ab. Wer auf kurze Sicht hohe Renditen anstrebt, ist mit dem MSCI World derzeit nicht unbedingt gut beraten. Zu groß sind die Risiken, zu offensichtlich die Probleme der Bullen. Es wäre keine allzu große Überraschung, sollte es im Laufe dieses Jahres noch den einen oder anderen neuen Tiefpunkt zu sehen geben.
Anders gestaltet sich das Ganze, wenn Anleger die nötige Geduld mitbringen. Denn auf lange Sicht wird der MSCI World sich von der derzeitigen Krise sehr wahrscheinlich erholen, ob mit oder ohne Überarbeitung des Portfolios. Es könnte schlimmstenfalls Jahre dauern, bis die Verluste der letzten Monate wieder amortisiert werden können. Doch bisher überstand der Index noch jede Krise.
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