Mit Immobilien sich zwanglos von seinem eigenen Vermögen befreien. Mit dem Lastenausgleich gelingt der Coup!

Einer der gemeinsten staatlichen Angriffe auf das Immobilienvermögen der Deutschen fand nach dem Zweiten Weltkrieg in den frühen Nachkriegsjahren statt. Er trägt den verharmlosenden Namen „Lastenausgleich“, war aber im Grunde nichts anderes als eine Entschuldung des Staates zulasten seiner Bürger. In seiner finalen Fassung trat das Lastenausgleichsgesetz zwar erst 1952, vier Jahre nach der Währungsreform, in Kraft, doch für die betroffenen Immobilieneigentümer gab es faktisch kein Entkommen aus dem staatlichen Würgegriff.

Verstehen kann man die Vorgänge im Sommer 1948, wenn man berücksichtigt, dass die alte Reichsmark am 20. Juni 1948 als Währung des untergegangenen Deutschen Reiches abgewickelt und durch die neue D-Mark ersetzt wurde. Ansehen und Wert der Reichsmark hatten in den Jahren zuvor schon arg gelitten. Viele Deutsche bevorzugten beim Handel auf den Schwarzmärkten Zigaretten und mieden den Einsatz der offiziell immer noch gültigen alten Währung.

Dennoch war die Einführung der neuen Mark der jungen Bundesrepublik für die Sparer eine Katastrophe. Ihre Guthaben wurden bei geringeren Beträgen im Verhältnis 10:1, bei höheren sogar nur im Verhältnis 10:0,65 abgewertet, sodass von ehemals 1.000 Reichsmark nur noch 100 D-Mark übrigblieben, während Löhne und Gehälter und selbstverständlich auch die zu zahlenden Steuern im Verhältnis 1:1 umgestellt wurden. Lediglich 60 Mark durften die Bürger im Verhältnis 1:1 tauschen, darunter die berühmten 40 Mark am Erstausgabetag, mit denen die Westdeutschen praktisch in die Wirtschaftswunderjahre starteten.

Für einen Augenblick sah es so aus, als seien die Immobilienbesitzer die großen Gewinner der Reform. Doch der Eindruck konnte nicht täuschender sein, denn der Lastenausgleich bat die Immobilienbesitzer kräftig zur Kasse. Für die konkrete Höhe des Aderlasses entscheidend war die Frage, ob die Immobilie noch mit Hypotheken belastet oder bereits schuldenfrei war.

Vermögensabgabe für schuldenfreie Immobilien

Schuldenfreie Häuser und Wohnungen wurden zum Stichtag 21. Juni 1948, also dem Tag nach der Währungsreform neu bewertet. Immobilien- und Grundvermögen, das den Freibetrag von 5.000 DM überstieg, wurde mit einer Abgabe von 50 Prozent belegt. Sie musste vom Immobilienbesitzer über maximal 30 Jahre verteilt abbezahlt werden.

Diese sogenannte Vermögensabgabe stellte die Immobilienbesitzer zwar deutlich besser als die Besitzer von Sparbüchern, Bausparverträgen, Versicherungen und Anleihen, die 90 Prozent ihrer Anlage verloren, dennoch hatten die Eigentümer der Immobilien nicht wirklich Grund, sich als die Gewinner der Krise zu fühlen.

Bei mit Hypotheken belasteten Immobilien lagen die Dinge nicht besser. Sie wurden mit der Hypotheken- und Kreditgewinnabgabe belastet. Sie berechnete sich aus der Differenz des im Grundbuch eingetragenen Kreditbetrags in Reichsmark zum neuen Umrechnungskurs in DM. Lautete der Hypothekenbetrag beispielsweise auf 20.000 Reichsmark, so wurde die Hypothek nach der Reform im Verhältnis 10:1 nur noch mit 2.000 DM bewertet. Mit dieser Summe stand die Hypothek anschließend auch in der Bilanz der Bank, die den Abwertungsverlust damit mittragen musste.

Zugunsten des deutschen Staates und zulasten des Hauseigentümers wurde im Grundbuch eine neue Hypothek eingetragen. Ihre Höhe entsprach der Differenz aus dem alten Reichsmarkbetrag (20.000 RM) und dem neuen DM-Wert (2.000 DM), also 90 Prozent der ursprünglichen Kreditschuld in D-Mark (18.000 DM).

Aus dem ursprünglichen Kreditvertrag wurden die dort festgeschriebenen Zins- und Tilgungsleistungen in gleicher Höhe übernommen. Lag der Zinssatz vor der Umstellung beispielsweise bei fünf Prozent und die Tilgung bei einem Prozent, so hatte der Immobilienbesitzer vor der Umstellung pro Jahr 1.200 Reichsmark für seine Hypothek aufzubringen. Nach der Reform war zusätzlich zur Belastung durch das ursprüngliche Immobiliendarlehen die Hypothekengewinnabgabe mit einer Jahresbelastung von 1.080 DM zu tragen.

In Krisenzeiten sind auch die Immobilien gefährdet

Von einem lukrativen Krisengewinn konnte unter diesen Umständen keine Rede sein. Im Gegenteil: Die Immobilienbesitzer zahlten ebenso wie die normalen Sparer ihren Preis für den Neuaufbau des zerstörten Landes. Trotzdem hält sich unter Deutschlands Anlegern hartnäckig die Ansicht, dass Immobilien eine hervorragende Kapitalanlage seien.

Dieser Aussage ist für normale Zeiten, in denen der Staat keinen Generalangriff auf das Vermögen und den Sachbesitz seiner Bürger fährt, durchaus zuzustimmen. Sehr gefährlich wird es aber regelmäßig, wenn die Zeiten nicht mehr normal sind, und ein völlig überschuldeter Staat nach Geld und Besitz seiner Bürger greifen muss, um sich an den „eigenen Haaren“ aus dem Schuldensumpf zu ziehen.

Für den Staat und gegen die betroffenen Eigentümer spricht in diesen Situationen regelmäßig das Wesen der Immobilien. Sie sind nicht mobil und in der Krise nicht kurzfristig zu veräußern. Außerdem sind die Eigentümer über das Grundbuch genau erfasst und damit sehr leicht heranzuziehen, wenn es gilt, für die Versäumnisse und Fehler des Staates geradezustehen.

Diese eindringliche Warnung sei all jenen mit auf den Weg gegeben, die glauben, mit Immobilien eine kommende Krise überstehen zu können. Handelt es sich bei dieser Krise nur um eine wirtschaftliche Krise, könnte der Plan durchaus gelingen. Ist aber der Staat in einer Finanzkrise als Schuldner mitbetroffen und ausfallgefährdet, drohen Immobilien leicht zu einer gefährlichen Anlage zu werden.

Wir sollten deshalb als Anleger hellhörig werden, wenn Politiker, wie 2011 während der europäischen Schuldenkrise geschehen, im Bundestag Reden halten und dabei die Vorzüge eines Lastenausgleichs betonen. MdB Kirsten Lühmann (SPD) verwies beispielsweise in ihrer Rede vor dem Parlament vom 17. Mai 2011 auf die „guten Hilfen“, die das Lastenausgleichsgesetz „geleistet“ habe.

Sie ist gewiss nicht das einzige Mitglied der politischen Klasse, das die guten Hilfen des Lastenausgleichsgesetzes wieder zum Einsatz bringen möchte, wenn es notwendig ist. Dass diese Notwendigkeit früher oder später gegeben sein wird, dürfte jedem nüchtern nachdenkenden Anleger schnell bewusst werden, wenn er sich die aktuellen Schuldenstände ansieht und sich einen Moment zu lange mit der Frage beschäftigt, wie diese zurückgeführt werden sollen.

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