18.03.2024 – Nach wochenlangen Kursverlusten wegen des russischen Einmarsches in die Ukraine haben internationale Aktien letzte Woche zugelegt. Da man wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante in China neue große Lockdowns fürchtete, verbilligte sich das Barrel Rohöl der Sorte West Texas Intermediate von 109,25 US-Dollar auf etwa 103 US-Dollar. Die US-Zehnjahresrendite stieg zur Wochenmitte auf 2,25%, den höchsten Wert seit Mai 2019, ging am Freitag aber wieder auf 2,15% zurück. Gemessen am CBOE Volatility Index (VIX) fiel die Volatilität von 30,8 vor einer Woche auf 26
KONJUNKTUR
Entschlossene Fed will Preisstabilität wiederherstellen
Die Fed hat in ihrer Summary of Economic Projections signalisiert, dass sie den Leitzins in jeder der sechs Offenmarktausschusssitzungen bis zum Jahresende um mindestens 25 Basispunkte anheben will. Zum Zinsschritt vom Mittwoch, dem ersten seit Ende 2018, hieß es, dass sich der Inflationsdruck nicht länger auf pandemiebedingte Angebots- und Nachfrageungleichgewichte beschränke. Die Auswirkungen der russischen Invasion auf die US-Wirtschaft seien nur schwer abzuschätzen, doch dürfte sie langfristig die Inflation treiben und wohl auch das Wachstum dämpfen. Laut Chairman Jerome Powell könnten die Zinsen auch schneller angehoben werden, wenn der Ausschuss das für sinnvoll hält. Er gab zu, dass die weltweiten Lieferkettenstörungen durch die russische Invasion länger anhalten könnten und dies die Inflation verfestige. Als ernstes Problem bezeichnete er den Personalmangel. Für die zweite Jahreshälfte rechnet Powell mit nachlassendem Inflationsdruck und für 2024 mit einem noch stärkeren Rückgang der Teuerung. Der Offenmarktausschuss habe auch ausführlich über Quantitative Tightening gesprochen; vielleicht werde bereits im Mai mit einer Verringerung der Anleihenbestände begonnen. Trotz der wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekrieges rechnet Powell so bald nicht mit einer Rezession. Die USA könnten eine straffere Geldpolitik verkraften.
China will wirtschaftliche Folgen der Lockdowns mildern
China möchte die Auswirkungen neuer Coronamaßnahmen auf Wirtschaft und Alltag begrenzen. Das berichteten staatliche Medien am Donnerstag. Laut Präsident Xi Jinping will man „höchstmöglichen Schutz bei minimalen Kosten“. Daraufhin erholten sich chinesische Aktien von ihrem drastischen Einbruch, zumal man sich bereits zu Wochenbeginn bemüht hatte, die Investoren zu beruhigen. Auch der Ölpreis ist wieder gestiegen; die Möglichkeit größerer Lockdowns in China hatte ihn zuvor auf Talfahrt geschickt. Am Mittwoch kündigte der chinesische Staatsrat Hilfen für Wirtschaft und Märkte an. Dies löste eine große Rallye chinesischer Technologieaktien aus, die zuvor wegen der massiven Regulierungsverschärfungen gefallen waren. Es wird erwartet, dass die chinesische Notenbank ihre Geldpolitik lockert. Die Sorge, dass mehrere chinesische Unternehmen ihre amerikanische Börsenzulassung verlieren, ließ Ende der Woche etwas nach. China ist den US-Behörden beim Einblick in die Wirtschaftsprüferberichte etwas entgegen¬gekommen. Allerdings bleibt unklar, ob der Kompromiss dem US Public Company Accounting Oversight Board reicht.
RUSSLAND-UKRAINE AKTUELL
Schuldendienst für russische Staatsanleihen in der Schwebe
Russland überwies 117 Millionen US-Dollar Couponzahlungen an die zuständige Clearingbank, doch haben die Investoren davon bislang noch nichts gesehen. Offensichtlich wird das Geld wegen der westlichen Sanktionen nicht weitergeleitet. Wenn sich daran innerhalb der 30-tägigen Nachfrist nichts ändert, kommt es erstmals seit der Oktoberrevolution 1917 zu einem Ausfall russischer Anleihen.
Putin gibt zu, dass die Sanktionen Reformen nötig machen
Am Mittwoch gestand Wladimir Putin ein, dass die westlichen Sanktionen drastische strukturelle Veränderungen der russischen Wirtschaft erfordern. Sie würden vermutlich zu mehr Inflation und Arbeitslosigkeit führen. Putin möchte den Mindestlohn und die Renten anheben und den Unternehmen helfen. Unterdessen hat die EU neue Sanktionen verhängt und bestehende ausgeweitet. Das Vermögen von zwölf weiteren Oligarchen wurde eingefroren, und sie wurden außerdem mit Reiseverboten belegt. Transaktionen mit staatlichen russischen Unternehmen wurden (bis auf gewisse Ausnahmen) untersagt, der Import von russischem Stahl wurde verboten. Auch der Export europäischer Luxusgüter nach Russland ist nicht mehr erlaubt. In den USA hat das Repräsentantenhaus am Donnerstag mit 424 zu 8 Stimmen ein Gesetz verabschiedet, das den Handel mit Russland und seinem Verbündeten Belarus massiv einschränkt. Der Senat dürfte schnell zustimmen.
China warnt vor Gegenmaßnahmen, wenn das Land unter den Russlandsanktionen leidet
China sei keine Konfliktpartei und wolle daher auch nicht unter den Sanktionen leiden, erklärte der chinesische Außenminister Wang Yi letzte Woche und warnte vor chinesischen Gegenmaßnahmen. Wang traf sich mit Jake Sullivan, Bidens nationalem Sicherheitsberater. Fast zeitgleich wurde berichtet, dass Russland China um Militärhilfe gebeten habe. China dementierte. Laut den USA werden chinesische Waffenlieferungen und Wirtschaftshilfen an Russland nicht ohne Folgen bleiben. Am Freitag wollen sich die Präsidenten Xi Jinping und Biden zu einem virtuellen Gespräch treffen. Es heißt, die USA fürchteten größere Hilfen Chinas für Russland.
Rolle des US-Dollar wird hinterfragt
Nach dem Einfrieren der russischen Währungsreserven und dem weitgehenden Ausschluss des Landes vom internationalen Zahlungssystem SWIFT wollen mehrere Länder ihren Handel weniger als bisher in US-Dollar abwickeln. Indien und Russland erwägen, zur Rupie zu wechseln; Saudi-Arabien und China prüfen die Abwicklung von Ölexporten in Renminbi. Russland und China haben zwar eigene grenzüberschreitende Zahlungsverkehrssysteme, doch gibt es zum US-Dollar keine wirkliche Alternative. Der Euro kommt jedenfalls kaum infrage, da auch Europa Russland mit massiven Sanktionen belegt hat. China ist zwar der weltgrößte Exporteur, doch eignet sich der Renminbi noch nicht als internationale Reservewährung. Die strengen chinesischen Kapitalverkehrskontrollen disqualifizieren ihn.
KURZ GEFASST
Auf ihrer dritten Sitzung in diesem Jahr hat die Bank of England den Leitzins zum dritten Mal in Folge angehoben, um 25 Basispunkte auf 0,75%.
Im Februar sind die Verbraucherpreise im Euroraum um 5,9% z.Vj. gestiegen, die höchste Teuerung seit der Euro-Einführung 1999.
Sarah Bloom Raskin, Bidens Kandidatin für den stellvertretenden Fed-Vorsitz mit Zuständigkeit für Bankenaufsicht, hat ihre Kandidatur zurückgezogen, da sie im Senat keine Mehrheit findet. Die vier anderen Kandidaten einschließlich des Vorsitzenden Jerome Powell wurden vom Bankenausschuss bestätigt. Jetzt stimmt der gesamte Senat über sie ab.
Zillow schätzt, dass der Wert eines durchschnittlichen US-Eigenheimes 2021 um 19,6% gestiegen ist. In absoluten Zahlen sind das 52.667 US-Dollar und damit mehr als die etwa 50.000 US-Dollar, die ein amerikanischer Vollzeiterwerbstätigenhaushalt vor Steuern im Median verdient.
Im Februar sind die japanischen Verbraucherpreise nur um 0,9% z.Vj. gestiegen, und ohne Lebensmittel und Energie sind sie sogar zurückgegangen. Die Bank of Japan reagierte auf die schwache Binnennachfrage und hielt auf ihrer Sitzung am Freitag an der extrem lockeren Geldpolitik fest.
Im Euroraum macht man sich zunehmend Sorgen über die Folgen des Krieges für das Wirtschaftswachstum. In Deutschland sind die ZEW-Konjunkturerwartungen um über 90 Punkte auf 39,3 gefallen. So niedrig waren sie zuletzt zu Beginn der Pandemie.
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