Lindblad Expeditions, oder „Wie investiert man in Produkte, die einem selber gefallen?“

Investmentresearch kann eigentlich ganz einfach sein, wenn man den Leitprinzipien des leider viel zu früh verstorbenen Peter Lynch folgt. Lynch war von 1977 bis 1990 Manager des Fidelity Magellan Fonds, dem damals bekanntesten Fonds der Fidelity-Gruppe. Nach seinem Dafürhalten sollte man einfach in Unternehmen investieren, deren Produkte man selber nutze und die man deshalb um so besser verstünde.

Diese Vorgehensweise klingt eigentlich fast zu einfach um wahr zu sein. Lynch war damit aber immerhin gleich in doppelter Weise erfolgreich. Während seiner 13 Jahre als Fondsmanager verdienten seine Anleger im Durchschnitt stattliche 29,3% pro Jahr. Auch sein Buch, „Beating the Street“, wurde zum Bestseller und Börsenklassiker.

Diesen Prinzipien folgend, wies ich im Jahr 2015 einige persönliche Freunde auf die damals neu gelistete Aktie der Lindblad Expeditions hin (ISIN US5352191093, Nasdaq:LIND). Als langjähriger Nutzer deren Produkte war ich felsenfest davon überzeugt, dass auch die Aktie eine gute Zukunft vor sich haben sollte.

Die Marke Lindblad ist zwar in den USA mittlerweile relativ bekannt, aber selbst im Heimatmarkt des Unternehmens weiß bislang kaum jemand, dass es dazu auch eine zugehörige Aktie gibt. In Deutschland hat vermutlich noch überhaupt nie jemand von diesem Unternehmen gehört.

Nachdem das Papier bereits einen hübschen Zwischenerfolg gebracht hat, schaute ich mir die aktuelle Sachlage neulich nochmals näher an.

Heute werden Sie über ein Unternehmen lesen, dessen Produkte vielleicht auch Sie am Ende dieses Artikels für sich selber interessant finden werden!

Ein Kreuzfahrtbetreiber ganz anderer Art

Oberflächlich betrachtet, ist „Lindblad“ (wie die Gesellschaft gemeinhin genannt wird) ein Kreuzfahrtunternehmen, das mit Branchengrößen wie Carnival Cruise Line oder Norwegian Cruise Line konkurriert.

Im Detail ist das aber alles ein bisschen anders.

So liegt der sogenannte Nettoertrag pro Passagier – eine wichtige Kennzahl in diesem Geschäft – bei sagenhaften USD 1.099. Lindblad verdient an jedem Passagier rund 7 Mal mehr als Carnival Cruise Line. Auch im Vergleich zu Norwegian Cruise Line ist Lindblad immerhin 5 Mal profitabler. Wie sich daran zeigt, bedeutet größer nicht immer auch besser.

Auch im Hinblick auf die Wiederholungskunden ist Lindblad in einer Klasse für sich. Von den jährlich 200.000 Passagieren waren 40% schon einmal auf einer Lindblad-Reise, und 16% haben sogar schon mehr als vier (!) Lindblad-Kreuzfahrten hinter sich.

Der Umsatz des Unternehmens ist seit 2010 von USD 110 Mio. auf zuletzt USD 354 gestiegen, was einer jährlichen Wachstumsrate von 13% entspricht. Das EBITDA legte in diesem Zeitraum sogar um 17% pro Jahr zu. Im „schlechtesten“ Jahr lag die Auslastungsquote der Kabinen bei sage und schreibe 87%, und oft liegt die Auslastungsquote der Schiffe im Jahresdurchschnitt über 90%. In der Praxis bedeutet dies, dass die Schiffe von Lindblad zum überwiegenden Teil ständig ausgebucht sind.

Diese Kennzahlen sind schlichtweg irre. Wie macht das Unternehmen das?

Im Gegensatz zu den Branchengrößen, die einfach nur so viele Passagiere wie überhaupt möglich transportieren möchten, hat sich Lindblad eine klar definierte Nische ausgesucht. Wer mit einem Kreuzfahrtschiff zu den Natur- und Kulturwundern der Welt fahren und die Landgänge in kleinen Gruppen mit hervorragend ausgebildeten Führern besuchen möchte, der findet bei Lindblad ein qualitativ unschlagbar gutes Produkt.

Ich war selbst auf mehreren Lindblad-Kreuzfahrten, traf dabei etliche andere Gäste sowie diverse Lindblad-Reiseführer, und ich verbrachte auch wiederholt Zeit mit Sven Lindblad, dem Gründer und Großaktionär des Unternehmens (der bis heute neidisch ist, dass die Anfangsbuchstaben meines Namens im Englischen den vier Himmelsrichtungen entsprechen: S-outh, W-est, E-ast, N-orth).

Als jemand, der mit dem Produkt der Gesellschaft wiederholt nur die allerbesten Erfahrungen gemacht hat, würde ich Lindblad-Reisen jederzeit meinen Freunden und Familienmitgliedern empfehlen. Falls Sie sich gerade fragen, was der Spaß denn kostet: Die günstigsten Kreuzfahrten fangen bei USD 2.600 an und die Preisspanne geht dann bis USD 124.000. Der Durchschnitt der Reisepakete liegt bei USD 13.000 pro Person – stattlich, aber nicht unerschwinglich.

Seit 2015 kann man sich an diesem Unternehmen auch beteiligen. Allerdings nahm damals praktisch überhaupt niemand wahr, dass Lindblad an die Börse gegangen war.

Ein Börsenlisting durch die Hintertüre

Lindblad Expeditions ging durch eine Fusion mit einem börsennotierten Mantel an die Börse. Weil keine Platzierung junger Aktien stattfand, gab es weder großes Mediengetöse noch die übliche Roadshow über eine Investmentbank. Lindblad tauchte einfach still und heimlich auf dem Kurszettel der Nasdaq auf.

Als ich meine persönlichen Freunde über mein damaliges Facebook-Profil auf die Aktie hinwies, stand sie bei rund USD 9. Die ersten drei Jahre lang tat sich nicht viel beim Kurs und die Aktie schwankte um USD 10. Erst in den letzten 18 Monaten ist Dampf in die Bude gekommen. Zuletzt notierte die Lindblad-Aktie bei USD 16.

Kurzfristige Prognosen sind natürlich immer schwierig (oder sogar unmöglich). Langfristig bin ich jedoch davon überzeugt, dass die Lindblad-Aktie weiterhin gut abschneiden wird. Dies auch, weil die Gesellschaft von einem Mega-Trend profitiert und dabei erst einen verschwindend geringen Marktanteil erobert hat.

Im Jahr 2018 gingen 25 Mio. Menschen auf Kreuzfahrt. Der Marktanteil von Lindblad lag somit noch nicht einmal bei 1%. Schauen Sie sich aber einfach mal die Reiseangebote auf www.lindblad.com an. Kriegen Sie da nicht auch Lust, auf diese ungewöhnlichen Abenteuer- und Entdeckungsreisen zu gehen? Eben! Die „Experience Economy“ wird auch weiterhin boomen, weil es einfach in der Natur des Menschen liegt, ungewöhnliche Erfahrungen machen zu wollen. Und dabei immer an Peter Lynch denken.

Noch dazu hat die Gesellschaft nämlich noch ein geradezu unglaubliches Ass im Ärmel: Eine Medienpartnerschaft mit National Geographic.

Das monatliche Magazin von „NatGeo“ wird von 37 Mio. Menschen weltweit gelesen. Der NatGeo TV-Kanal hat weltweit jedes Jahr 500 Mio. Zuschauer. Die Facebook-Seite von NatGeo wird von 195 Mio. Menschen verfolgt, die Instagram-Seite von 142 Mio. Menschen. Und an welchem Kreuzfahrtunternehmen ist NatGeo zu 5% beteiligt? An Lindblad natürlich.

Die Produkte und der gesamte Unternehmensethos von Lindblad sind geradezu perfekt auf die Klientel von NatGeo zugeschnitten: „Hat Ihnen die heutige TV-Sendung über Wale in Alaska gefallen? Dann buchen Sie doch hier gleich Ihre NatGeo-Lindblad Kreuzfahrt, um sich die eindrucksvollen Tiere in Natura anzuschauen!“

Weil Rupert Murdochs Fox-Gruppe, die 2015 bei NatGeo einstieg, gehörig Geld in den Kanal investiert, wird auch NatGeo weiterwachsen. In NatGeo hat Lindblad quasi eine vorgelagerte Marketing-Abteilung, die weltweit über 1 Mrd. Menschen erreicht und die eine enorm hohe Glaubwürdigkeit hat.

Kein Wunder also, dass Lindblad bereits weitere Schiffe angeschafft hat und über weitere Neubestellungen nachdenkt.

Die Frage ist lediglich noch, was das alles für die Aktionäre bedeutet?

Kurzfristige Risiken und ein solider langfristiger Aufwärtstrend

Die Kreuzfahrten von Lindblad sind naturgemäß ein reines Luxusprodukt. Somit sind sie bei einem breiten wirtschaftlichen Abschwung anfällig.

In der Rezession der Jahre 2008/09 gab es auch bei Lindblad gehörige Bremsspuren in der Bilanz. Auch weiterhin wird die Gesellschaft anfällig sein, wenn es zu einer erneuten Rezession kommt.

Langfristig arbeiten aber mehrere große Trends zugunsten des Unternehmens:

  • Naturtourismus, Abenteuerreisen und Expeditionen gehören zu den am schnellsten wachsenden Sektoren der Reisebranche.
  • In den USA gibt es immer mehr Rentner mit Universitätsabschluss. Diese demografische Schicht ist die primäre Zielgruppe für Lindblad.
  • NatGeo wird weltweit dauerhaft die Nr. 1 im Mediengeschäft sein, wenn es um Inhalte über Natur, Naturschutz und Abenteuer geht. Die Partnerschaft zwischen beiden Unternehmen begann als reine Medienpartnerschaft und ist mittlerweile durch eine Aktienbeteiligung unterlegt.

Solange die Gesellschaft einfach nur bei ihrem etablierten Erfolgsmodell bleibt und die Zahl der Schiffe und Passagiere weiter hochskaliert, sollte sich das auch für die Aktionäre bezahlt machen. Wegen der laufenden hohen Investitionen und der darauf fälligen Abschreibungen sind zwar die ausgewiesenen Gewinne bislang recht niedrig gewesen. Bei einer Marktkapitalisierung von USD 750 Mio. ist Lindblad jedoch nur mit dem 10fachen des EBITDA-Ergebnis bewertet. Das ist zwar kein extrem günstiges Schnäppchen, aber für ein solches Wachstumsunternehmen auch nicht sonderlich teuer.

Ich würde die Aktie auf die Watch-Liste nehmen und bei einem deutlichen Rücksetzer kaufen. Das Papier eignet sich vor allem für Langfristanleger: Kaufen, weglegen, und sich in drei, fünf und zehn Jahren über das bis dahin wahrscheinlich eingetretene Wachstum freuen.

Der Gründersohn, Sven Lindblad, ist mit seinen 68 Jahren jedenfalls noch denkbar aktiv im Unternehmen tätig. Er ist sowohl CEO als auch Präsident des Unternehmens. Ihm gehören 29,2% der Aktien, und die nächste Lindblad-Generation wächst bereits heran. Ich bin guter Dinge, dass Lindblad Expeditions auch weiterhin ein Familienunternehmen bleibt. Und die schneiden ja in langfristigen Untersuchungen sowieso besser ab als managergeführte große Konzerne.

Alternativ können Sie aber auch einfach mal eine Kreuzfahrt bei Lindblad buchen. Research muss ja schließlich sein! Eine bessere Rechtfertigung für das Buchen eines Luxusurlaubs können Sie jedenfalls kaum finden. Peter Lynch sei Dank!

Beste Grüße,

Swen Lorenz
Undervalued-Shares.com

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