Kein anderer Markt des Reisesektors war vor 2020 so wachstumsstark gewesen wie die Kreuzfahrten. Jahr um Jahr hatte die Branche steigende Passagierzahlen gemeldet: Allein zwischen 2009 und 2019 war das jährliche Gästeaufkommen von 17,8 Millionen auf 30 Millionen nach oben geschossen (via Statista).
Doch dann kam Corona. Praktisch über Nacht haben die Pandemie und die damit einhergehenden Reisebeschränkungen den weltweiten Kreuzfahrtmarkt zum Erliegen gebracht.
Inzwischen aber strotzt die Branche nur so vor Hoffnung. Denn: Im Zuge der fortschreitenden Impfkampagnen scheint die Eindämmung des Coronavirus allmählich näher zu rücken. Entsprechend melden die Konzerne eine enorme Steigerung der Buchungen für das zweite Halbjahr 2021 und vor allem für das Gesamtjahr 2024.
Der Branchendienst „Cruise Industry News“ rechnet damit, dass im nächsten Jahr weltweit bis zu 31,7 Millionen Kreuzfahrtpassagiere auf den Flüssen und Meeren unterwegs sein werden. Damit würde das Gästeaufkommen gar über dem Vorkrisenniveau liegen (2019: 30 Mio.).
Als Anleger können Sie auf diese Entwicklung setzen. Anzumerken bleibt aber, dass die Erholung des Kreuzfahrtmarktes längst noch nicht in Stein gemeißelt ist.
Sollte die Pandemie wider Erwartungen z.B. durch neue Virusvarianten länger dauern und neue staatliche Reisebeschränkungen auferlegt werden, wäre der Optimismus wohl innerhalb kürzester Zeit verflogen. Das Risiko bleibt somit vorhanden, auch wenn momentan vieles auf eine Corona-Eindämmung hindeutet.
Im Prinzip wird der Markt für Hochseekreuzfahrten von drei Unternehmensgruppen dominiert. Im Folgenden wollen wir Ihnen diese Big Player vorstellen.
Carnival – der Herrscher der Weltmeere
Der britisch-amerikanische Konzern Carnival ist die größte Kreuzfahrtholding der Welt. Hierzulande dürfte Carnival vor allem durch seine Marke AIDA bekannt sein. Insgesamt vereint die Unternehmensgruppe neun Marken. Darunter: Costa Cruises, Cunard Line, Seaborn und die gleichnamige Carnival Cruise Line.
Vor der Corona-Krise hatten die 87 Schiffe des Mega-Konzerns pro Jahr insgesamt 13 Millionen Gäste begrüßt und mehr als 700 Häfen angefahren. Carnival war somit für mehr als 40 Prozent des weltweiten Kreuzfahrtverkehrs verantwortlich.
Zahlen, an die man alsbald wieder anknüpfen will. Doch zunächst musste der Konzern im ersten Quartal 2021 angesichts der nach wie vor angespannten Corona-Lage erneut Federn lassen. Allein in Q1 summierte sich der Verlust auf beachtliche 2 Milliarden US-Dollar. Die monatliche Geldverbrennungs-Rate lag bei 500 Millionen Dollar – immerhin weniger als der Konzern erwartet hatte.
Dennoch gibt sich das Management alle Mühe, den kommenden Aufschwung zu beschwören. Im Vergleich zu Q4 2020 habe die Nachfrage nach künftigen Kreuzfahrten um 90 Prozent zugenommen, hatte CEO Arnold Donald Anfang April betont. Die Menschen wollen also wieder die Meere bereisen.
Ein Faktor, der für Carnival spricht, ist dessen Vorkrisen-Profitabilität. Vor der Pandemie hatte der Konzern in 16 Geschäftsjahren keinen Verlust geschrieben – selbst in konjunkturell schwachen Phasen. Die Kreuzfahrtholding ist somit ohne eigenes Verschulden in die roten Zahlen gerutscht und dürfte deshalb stark genug sein, um auch die Post-Corona-Zeit zu dominieren.
Trotz einiger Kursimpulse notiert die Aktie (Carnival Corp.) nach wie vor deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Anfang Januar 2020 hatte eine Carnival-Aktie 49 Dollar gekostet, Ende März 2020 waren es gerade einmal noch 8,5 Dollar. Inzwischen liegt der Kurs mit 25 Dollar ungefähr bei der Hälfte des Vor-Corona-Werts (Stand: Freitag).
Viele Experten und Analysten sehen die Aktie mit Blick auf die Impfkampagne nach wie vor als unterbewertet an.
Royal Caribbean – historischer Passagierandrang erwartet
Royal Caribbean mit Sitz im afrikanischen Liberia ist nach Carnival der zweitgrößte Kreuzfahrtkonzern der Erde. Die Gruppe hatte vor der Pandemie mit einer Flotte von rund 60 Schiffen Kreuzfahrten zu 540 Reisezielen auf allen Kontinenten angeboten.
Zu den Marken zählen Royal Caribbean International, Celebrity Cruises und Silversea Cruises. Zudem unterhält der Konzern eine 50-prozentige Beteiligung an dem deutschen Unternehmen TUI Cruises. TUI Cruises ist somit ein Joint Venture der TUI AG und Royal Caribbean.
Im ersten Quartal 2021 musste Royal Caribbean ähnlich wie Carnival noch einen saftigen Verlust von 1,1 Milliarden Dollar einstecken. Die monatliche Geldverbrennungs-Rate lag bei etwa 300 Millionen Dollar.
Auch Royal Caribbean muss nun auf den Sommer und das Jahr 2024 hoffen, um die enormen Schulden, die infolge von Kreditaufnahmen entstanden sind, irgendwann tilgen zu können. Immerhin: Der Konzern meldete kürzlich, dass die Buchungen für das zweite Halbjahr 2021 signifikant zugenommen haben. Bei den Buchungen für 2024 sprach Royal Caribbean gar von einem historischen Passagierandrang.
Gleichzeitig werden die Preise für die Kreuzfahrttickets laut dem Konzern deutlich steigen, was wiederum die Marge aufpäppeln dürfte. Zudem hat der Konzern ein Kostenprogramm auferlegt, mit dem man unter anderem die Marketingausgaben reduzieren will. Die künftige Nachfrage nach Kreuzfahrten werde ohnehin sehr groß sein, ist sich Royal Caribbean sicher.
Die unter anderem an der New York Stock Exchange gehandelte Royal Caribbean-Aktie hat seit dem Crash im März 2020 wieder an Boden gewonnen, kann aber nach wie vor bei weitem nicht an das Vorkrisenniveau anknüpfen.
Laut „Marketscreener“ liegt das durchschnittliche Kursziel der Analysten bei 92,46 Dollar. Am Freitag notierte das Papier bei 78,45 Dollar. Auch hier gibt es laut den Experten also noch Luft nach oben.
Norwegian Cruise Line – neue Schiffe sollen Erholung befeuern
Norwegian Cruise Line mit Sitz in Miami verfügt über 28 Schiffe und hatte seine Passagiere vor der Krise zu mehr als 490 Destinationen rund um den Globus gebracht. Die Unternehmensgruppe setzt sich aus der gleichnamigen Reederei Norwegian Cruise Line und den beiden kleineren Töchtern Oceania Cruises und Regent Seven Seas Cruises zusammen.
Im ersten Quartal 2021 musste Norwegian einen Verlust von 1,4 Milliarden Dollar hinnehmen. Und auch für das laufende Quartal rechnet der Konzern mit einem Nettoverlust. Erst wenn man wieder regelmäßige Fahrten anbieten könne, werde man wieder in der Lage sein, profitabel zu arbeiten, hieß es kürzlich aus Miami.
Zum 31. März 2021 belief sich die Gesamtverschuldung des Unternehmens auf 12,2 Milliarden Dollar. Die monatliche Geldverbrennungs-Rate in Q1 lag bei 190 Millionen Dollar
Wie Carnival und Royal Caribbean hat auch Norwegian einen massiven Anstieg der Buchungen für den Sommer und das kommende Jahr registriert. So habe man in Q1 mehr als doppelt so viele Buchungen ergattern können als im Vorjahresquartal.
Übrigens: Für Norwegian wird das kommende Jahr gleich in doppelter Hinsicht zum Zünglein an der Waage. Denn ab Sommer 2024 liefert die italienische Werft Fincantieri mit der „Norwegian Prime“ die erste von sechs Neubestellungen aus, die dem US-Konzern bis 2027 jeweils 800 Millionen Euro kosten werden. Mit den neuen Kreuzfahrtschiffen will Norwegian Standards in Sachen Sicherheit und Komfort setzen.
Auch die Norwegian Cruise Line-Aktie zeigte nach dem Crash im Februar und März 2020 Erholungssignale. Zwischen Anfang Januar 2020 und Mitte Mai 2021 verzeichnete das Papier aber immer noch einen Verlust von 57 Prozent. Am Freitag notierte die Aktie bei 25,1 Dollar. Analysten schreiben dem Titel laut „Marketscreener“ ein durchschnittliches Kursziel von 31,58 Dollar zu.