ITM Power und Nel ASA-Aktie: Einfach mitgerissen!

Die Entwicklung war für Wasserstoff-Aktien zuletzt desaströs. Dabei hatte Nel ASA gute Nachrichten verbreitet, ITM Power sorgte wohl für den Abwärtstrend der Branche.

Auf einen Blick:
  • ITM Power macht hohe Verluste und verliert seinen Chef
  • Das Unternehmen büßt binnen eines Monats die Hälfte an Börsenwert ein
  • Nel ASA ist ebenfalls im Niedergang, trotz eines Millionenauftrags
  • Weitere Verluste oder Kursverdopplung? Analysten sind uneins.

Liebe Leserin, lieber Leser,

was wird die neue Börsenwoche für die Aktien aus dem Wasserstoff-Segment bereithalten? Am Montag zeigen sie sich zunächst leicht verbessert, die zurückliegende Woche aber war äußerst ernüchternd. So hatten etwa die Aktien von Ballard Power (Kanada) und Nel ASA (Norwegen) weitere knapp 11 Prozent an Wert verloren, bei Plug Power (USA) waren es sogar fast 20 Prozent. ITM Power (Großbritannien) dagegen hielt sich bis zum Freitag recht wacker, rauschte vor dem Wochenende dann aber um gut sechs Prozent in die Tiefe. Auf den Monat betrachtet ist der Kursverlauf der Papiere ohnehin ein einziges Desaster. Man kann davon ausgehen, ITM hat die anderen mit nach unten gerissen.

ITM Power mit zwei schlechten Nachrichten

Weit mehr als die Hälfte seines Börsenwerts hat der englische Elektrolyseur- und Wasserstoff-Spezialist seit Ende August eingebüßt, war die Aktie von ITM Power vor einem Monat doch noch bei 2,52 Euro gehandelt worden. Am Freitag zum Handelsschluss in Frankfurt standen noch 1,12 Euro zu Buche. Es waren gleich zwei Umstände, die ITM in den vergangenen Wochen so zusetzten: Der jüngste Jahresbericht sowie der angekündigte Rückzug des Chefs.

So standen am Ende des zum 30. April beendeten Geschäftsjahres bei ITM Power zwar von 4,3 Mio. £ auf nunmehr 5,6 Mio. £ gestiegene Einnahmen zu Buche, der Bruttoverlust aber schnellte geradezu in die Höhe: Von 6,5 Mio. £ im Geschäftsjahr 2021 auf jetzt 23,5 Mio. Das Unternehmen erklärte dies unter anderem durch das Aufbringen von 250 Mio. £ im November 2021, „hauptsächlich um die Produktionskapazität bis Dezember 2024 auf 5 GW zu erweitern“, wie es hieß.

ITM-CEO vor Abgang

ITM habe sowohl die Technologie als auch Produktionssysteme weiterentwickelt „und einen Weg eingeschlagen, der es uns ermöglichen wird, ein weltweit führender Hersteller von Elektrolyseuren zu bleiben“, versicherte Graham Cooley, CEO von ITM Power. Zudem glaube er, „dass die Vorteile unserer Position in den nächsten zwölf Monaten noch deutlicher werden, da die Regierungen ihre Abhängigkeit von Methan dringend angehen“. Dennoch sieht er nach 13 Jahren an der Spitze von ITM nun die Zeit gekommen, Abschied zu nehmen. Cooley werde bis zur Ernennung eines Nachfolgers im Amt bleiben „und danach eine leitende strategische Rolle im Unternehmen übernehmen“, hieß es. Eine weitere Erklärung gab es nicht.

Die Anleger allerdings reagierten Mitte September verschreckt auf die Nachrichten. Ob nun der ausgewiesene Verlust oder der Rückzug des CEO mehr Eindruck hinterließ, bleibt Spekulation. Tatsache allerdings ist, dass die ITM-Aktie am 14. September vom Tageshoch bei 1,80 auf bis zu 1,27 Euro absackte – und seitdem weiter an Wert verlor.

Nel-Aktie verliert trotz Millionenauftrag

Doch auch die Konkurrenz litt: Am Tag der düsteren Nachrichten aus England büßte auch die Aktie der norwegischen Nel ASA massiv ein, verlor von 1,45 Euro noch am Vortag auf 1,28 Euro, ein Minus von fast 12 Prozent. Dabei gab es am Tag zuvor eine gute Nachricht – sie blieb ohne Wirkung.

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Nachdem Nel Hydrogen Electrolyser AS im Juli den größten Auftrag der Firmengeschichte über eine 200 MW-Elektrolyseurausrüstung im Wert von 45 Millionen US-Dollar aus den USA erhalten hatte, legte das Unternehmen nach: Am 13. September vermeldete Nel ASA, dass die US-Tochter von LanzaJet, einem führenden Entwickler von Biokraftstofftechnologie in den USA, einen Auftrag über einen containerisierten PEM-Elektrolyseur erhalten habe. Dieser soll der in der laut Mitteilung weltweit ersten kommerziellen „Alcohol-to-Jet“-Produktionsanlage für nachhaltigen Flugkraftstoff (SAF) installiert werden. Die Ausrüstung wird voraussichtlich im kommenden Jahr ausgeliefert.

Nel ASA spricht von „bahnbrechendem Projekt“

Zwar ist der Auftrag mit einer Gesamtsumme von geschätzt 3 Millionen Dollar vergleichsweise klein, Nel Hydrogen aber zeigt sich „begeistert, Teil dieses bahnbrechenden Projekts mit LanzaJet zu sein“, wie man wissen ließ. Elektrolyseure können laut Dave Wolff, Regional Sales Manager für Nel Hydrogen US, kostengünstigen Wasserstoff für umweltfreundliche chemische Prozesse produzieren, „was wir angesichts der jüngsten Gesetzgebung zur Produktionssteuergutschrift für kohlenstoffarmen Wasserstoff voraussichtlich beschleunigen werden“, sagte er.

Für Euphorie an den Märkten sorgte all das allerdings nicht, im Gegenteil. Aktuell notiert die Nel-Aktie bei nur noch 1,16 Euro – etwa 30 Prozent tiefer als noch vor einem Monat. Das allerdings ist für die Credit Swiss noch immer zu viel: Die schweizer Bank hob das Kursziel für Nel ASA am Freitag zwar von 10 auf 10,70 norwegischen Kronen an, beließ die Einstufung jedoch auf „Underperform“. Kein Wunder: Das neue Ziel entspricht lediglich 1,04 Euro und  resultiere „aus der verstärkten langfristigen Bedeutung von Wasserstoff“, so Analyst Christopher Leonard. Die Aktie des Wasserstoffunternehmens sei aber angesichts der Marktstellung „hoch bewertet“.

Nel-Kursziele gehen weit auseinander

Ähnlich skeptisch ist bei Nel nur die US-Bank JP Morgan, andere glauben hingegen an eine mittelfristige Kursverdopplung bei den Papieren, wie folgende Tabelle zeigt:

Nel-AktieKurszielKurspotenzial
Berenberg Bank19,00 NOK+63,51%
JP Morgan10,10 NOK-13,08%
RBC Capital23,00 NOK+97,93%
Jefferies23,00 NOK+97,93%

So hatte Jefferies-Analyst Will Kirkness sein positives Votum im August mit dem Großauftrag des von Nel ASA bis heute nicht genannten Kunden begründet. Mit einer Leistung von 200 Megawatt, liege dieser zwar unter dem Durchschnittswert vergleichbarer Projekte, so der Experte. Dieser entspreche aber „rund 21 Prozent seiner Konzern-Umsatzschätzung für 2024 und untermauere die Konsenserwartungen“.

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