Liebe Leserin, lieber Leser,
die Welt der Wasserstoffwerte bebt: Das US-Schwergewicht Plug Power hatte am vergangenen Mittwoch Quartalszahlen vorgelegt, erneut massiv enttäuscht und binnen weniger Tage rund ein Viertel an Börsenwert eingebüßt. In der Folge riss Plug auch die Wettbewerber mit nach unten, Nel ASA verlor genauso wie Ballard Power. Nur eine Aktie ragt heraus, die der britischen ITM Power. Sie hatte am Mittwoch während des Kursbebens nur kurz gezuckt, dann ging es bereits wieder nach oben. Das Monatsplus bei der ITM-Aktie liegt noch immer bei rund 30 Prozent. Wie ist dieses Wunder zu erklären?
ITM Power expandiert in Deutschland
Kurz gesagt: Es hat wohl viel mit Deutschland zu tun. Denn bis weit in den Juli hinein war auch die Aktie von ITM Power auf dem absteigenden Ast. Bei 0,65 Britischen Pfund (GBP), zugleich ein neues Mehrjahrestief, fanden die Papiere des Elektrolyseurproduzenten aus Sheffield allerdings einen Boden. Von da an ging es bergauf. Wohl kein Zufall, dass ITM gerade in jenen Tagen die Expansion nach Deutschland verkündet hatte.
„Die völlig neue ITM Power Germany GmbH wird im Oktober dieses Jahres offiziell ihre Türen in Linden nördlich von Frankfurt eröffnen“, teilten die Briten am 10. Juli mit. Für ITM stärke die Erweiterung „die Position als führender Hersteller von Großelektrolyseuren für aktuelle Projekte in Deutschland und ganz Europa sowie für zukünftige Projekte, die sich jetzt in der Ausschreibungsphase befinden“, wie es hieß.
- Zunächst will ITM Power Germany Büroräume für mehr als 50 Mitarbeiter bereithalten
- Hinzu kommt ein Lager mit Spezialausrüstung für den Einsatz im After-Sales-Bereich
„Im Herzen der EU“
Dadurch könne ITM die Reaktionszeit gegenüber Kunden minimieren „und so den Nutzen aus der Nutzung unserer Produkte maximieren“, hieß es. Außerdem werden in Linden Einrichtungen für Reparatur und Wartung sowie für die Schulung von Kunden und Partnern untergebracht. ITM Power Germany wird laut Mitteilung zudem die globale Geschäftsentwicklungsfunktion des Unternehmens beherbergen und verschiedene Ingenieurdisziplinen, Kundendiensttechniker, Außendiensttechniker und Personal aus der Beschaffung und mit anderen Aufgaben beherbergen.
„Diese Expansion in Deutschland wird nicht nur einen reaktionsschnellen Kundendienst im Herzen der EU, unserem heutigen Kernmarkt, unterstützen, sondern auch verschiedene Geschäftsfunktionen beherbergen, die das beschleunigte Wachstum von ITM ermöglichen“, betonte CEO Dennis Schulz. Da man die Aktivitäten ausbaue, sei dies „ein wichtiger Schritt bei der Vorbereitung auf ein zunehmendes Maß an lokaler Inhaltserstellung in der EU“. Es sollte kein leeres Versprechen bleiben.
ITM meldete 100-MW-Projekt in Deutschland
Denn bereits eine Woche später meldete ITM die Vergabe eines Auftrags für die Beschaffung von Materialien und Komponenten mit langer Vorlaufzeit, die für die Herstellung von MEP30-Skids für ein 100-MW-Projekt in Deutschland erforderlich seien. Es sei das dritte 100-MW-Projekt, mit dessen Umsetzung ITM Power betraut werde, so die Mitteilung vom 17. Juli.
- Die endgültige Investitionsentscheidung (FID) soll 2024 getroffen werden
- Den Namen des Auftraggebers nannte ITM Power damals allerdings nicht
Dieser Auftrag sei „eine wichtige Bestätigung unserer Technologie und unserer Fähigkeit, Projekte in großem Maßstab durchzuführen“, versicherte CEO Dennis Schulz. Die Anleger sahen das offenbar genauso: Binnen eines Tages ließen sie die ITM-Aktie vor genau vier Wochen um 18 Prozent bis auf 0,84 GPB anspringen. Doch das sollte erst der Anfang gewesen sein.
ITM-Aktie schoss zweistellig nach oben
Eine Woche später notierten die Papiere erstmals seit März wieder bei einem Kurs von 0,98 GBP. Nach einer kurzen Korrekturphase hielt sich die ITM-Aktie seitdem fast durchgehend über dem Schwelle von 0,90 Pfund. Besonders beeindruckend: Während die Wettbewerber vergangene Woche massiv verloren, legten die Anteile von ITM insgesamt sogar rund fünf Prozent zu und notieren aktuell wieder bei 0,98 Pfund. Auf Monats- und Vierteljahressicht steht somit ein Plus von 30 Prozent.
Zum Vergleich: Der norwegische Elektrolyseur-Hersteller Nel ASA hatte sich nach einem Einbruch im Juli zwischenzeitlich wieder erholt, verlor den gesamten Zugewinn allerdings erneut. Aktuell stehen bei der Nel-Aktie 1,05 Euro zu Buche, das Monatsminus liegt bei rund fünf Prozent. Plug Power hingegen hatte bis Anfang August massiv an Börsenwert dazugewonnen. Nach ihrem Einbruch nach den Quartalszahlen steht bei den US-Amerikanern aktuell jedoch ein sattes Monatsminus von etwa 25 Prozent, sie notieren bei 9,11 US-Dollar.
Hohe Kursziele für Plug und ITM Power
Die Analysten allerdings haben Plug nicht aufgegeben, prognostizieren im Schnitt aktuell wieder eine Verdopplung auf 18,24 Dollar. Das durchschnittliche Kursziel für Nel ASA beträgt derzeit 14,17 NOK, was 1,24 Euro entspricht. Die Analysten sehen somit ein Aufwärtspotenzial von knapp 20 Prozent. Für ITM Power sind sie, trotz der jüngsten Kursrallye, noch weitaus zuversichtlicher:
- 1,56 Pfund lautet das aktuelle Kursziel für ITM aus 21 Analysen
- Das Aufwärtspotenzial beträgt somit weitere 62 Prozent
Allerdings raten nicht alle Beobachter derzeit zum Kauf. Acht plädieren auf Halten, zwei würden reduzieren, zwei die Aktie sogar aus dem Depot schmeißen. Mit einem fairen Wert von 0,61 GBP sieht der größte Pessimist statt eines Wunders gar ein Abwärtspotenzial von gut einem Drittel.
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