Enapter ist ein Technologieunternehmen, das sich auf die Entwicklung und Produktion von Elektrolyseuren spezialisiert hat, die Wasserstoff aus Wasser und erneuerbarem Strom erzeugen. Das Unternehmen setzt auf modulare Systeme, die durch Effizienz, Skalierbarkeit und Kosteneffektivität überzeugen. Enapter bietet damit eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende und adressiert zentrale Herausforderungen in der Speicherung und Nutzung von erneuerbaren Energien.
Das Geschäftsmodell von Enapter basiert auf der Herstellung und dem Verkauf standardisierter Elektrolyseure sowie der zugehörigen Softwareplattform, die den Betrieb und die Optimierung der Wasserstoffsysteme erleichtert. Die modulare Bauweise ermöglicht flexible Anwendungen – von kleinen Systemen für Haushalte bis hin zu industriellen Großanlagen. Diese Standardisierung reduziert nicht nur die Produktionskosten, sondern eröffnet auch die Möglichkeit, die Technologie schnell und einfach in verschiedene Märkte und Branchen zu skalieren.
Wir haben die Gelegenheit auf dem Eigenkapitalforum 2024 genutzt, um mit dem Vorstandschef von Enapter, Dr. Jürgen Laakmann, über die Wachstumschancen im Elektrolyseur-Markt zu sprechen. Dabei geht es auch um die reduzierte Umsatzprognose für 2024, andererseits aber auch um die Thematik, wie sich Enapter vom Wettbewerb abgrenzen kann und welche besonderen Chancen man hier gegenüber der Konkurrenz ausspielen könnte.
Transkript des Interviews
Carsten Müller: Hallo und herzlich willkommen bei Finanztrends. Wir sind heute auf dem Eigenkapitalforum 2024, organisiert von der Deutschen Börse AG, und nutzen die Gelegenheit, um mit Unternehmensvertretern über den aktuellen Stand ihrer Firmen und die Perspektiven zu sprechen. Ich freue mich sehr, Dr. Jürgen Laakmann von Enapter begrüßen zu dürfen. Sie sind Vorstandsvorsitzender. Meine erste Frage: Sie produzieren Elektrolyseure mit einem sehr spezifischen Verfahren, den AEM-Elektrolyseuren. Können Sie kurz erklären, was der Unterschied zu anderen Technologien ist?
Dr. Jürgen Laakmann: Vielen Dank für die Einladung, Herr Müller. Ja, es gibt drei dominierende Technologien im Bereich der Elektrolyse: die AEM-Technologie, die wir nutzen, sowie PEM- und Alkaline-Elektrolyseure. Unsere Technologie unterscheidet sich insofern, als wir in einem alkalischen Milieu arbeiten, also in einer nicht-sauren Umgebung unter Verwendung von Kaliumhydroxid (KOH).
Im Gegensatz zu PEM benötigen wir keine Materialien wie Iridium, um Korrosion zu verhindern. Iridium ist extrem teuer, was die Skalierung anderer Technologien erschwert. Unsere Elektrolyseure sind zudem sehr kompakt – das kleinste Modell ist etwa so groß wie eine Mikrowelle und hat eine Leistung von 2,4 kW. Diese Module skalieren wir in den Megawattbereich. Ein großer Vorteil unserer Technologie ist die hohe Redundanz: In einem Megawatt-System sind beispielsweise 420 dieser kleinen Zellen verbaut. Wenn eine ausfällt, laufen die anderen weiter, im Gegensatz zu großen Stacks, bei denen ein Ausfall das gesamte System beeinträchtigen kann.
Carsten Müller: Sie haben bereits die Skalierung bis in den Megawattbereich erwähnt. Der Trend geht klar zu größeren Systemen. Welche technologischen Herausforderungen gibt es dabei, und wie gehen Sie diese an?
Dr. Jürgen Laakmann: Die Skalierbarkeit ist tatsächlich die größte Herausforderung. Mit unserer aktuellen Technologie können wir Systeme bis zu 5 Megawatt effizient betreiben. Die nächste Stack-Generation, die sich derzeit in der Testphase befindet, wird Kapazitäten bis zu 50 Megawatt ermöglichen. Diese neue Generation hat eine zehnmal größere Leistung als die aktuelle.
Die technologischen Herausforderungen liegen dabei vor allem in der Kontrolle, insbesondere der Softwaresteuerung, der Effizienzregelung und der Optimierung von Stromdichten. Gleichzeitig müssen wir eine Fertigungsqualität sicherstellen, die sowohl zuverlässig ist als auch positive Auswirkungen auf die Degradationskurven hat. Die eigentlichen Herausforderungen liegen also mehr im Bereich des System-Engineerings, also im Aufbau und Betrieb komplexer Gesamtsysteme.
Carsten Müller: Wie sieht die Wettbewerbssituation bei Elektrolyseuren aus, insbesondere in Bezug auf Ihre Technologie?
Dr. Jürgen Laakmann: Unsere Technologie, die AEM, sowie die PEM-Technologie eignen sich besonders für den Betrieb mit intermittierenden Energiequellen wie Wind oder Solar. Der wesentliche Unterschied liegt jedoch in der Materialnutzung: Wir benötigen kein Iridium, während PEM-Systeme darauf angewiesen sind. Der Preis für Iridium liegt derzeit bei rund 150.000 Euro pro Kilogramm, und ein PEM-Elektrolyseur für 1 Megawatt benötigt etwa 1 Kilogramm. Das ist eine natürliche Grenze für die Skalierbarkeit von PEM-Systemen.
Unsere Technologie bietet hier klare Vorteile, da sie langfristig zu Kostendegression führen kann. Wir sind überzeugt, dass andere Technologien dies nicht in gleichem Maße erreichen können.
Carsten Müller: Sie mussten Ihre Umsatzprognose vor einiger Zeit etwas zurücknehmen. Was waren die Gründe dafür?
Dr. Jürgen Laakmann: Wir haben unsere Umsatzprognose tatsächlich angepasst, da es zu Verzögerungen bei Lieferungen gekommen ist. Unser Joint Venture in China, wo die Balance-of-Plant-Komponenten für unsere Systeme gebaut werden – also die Container –, war davon betroffen. Die Stacks selbst werden weiterhin in Europa, genauer gesagt in Italien, produziert.
Ein Teil der Verzögerung lag daran, dass wir unsere Container neu designt haben. Statt übergroßer 52-Fuß-Container haben wir auf Standard-40-Fuß-Container umgestellt, um effizienter zu werden. Diese Umstellungen führten zu einer gewissen Verzögerung. Zudem kam es zu einer unerwarteten Verzögerung bei der Zertifizierung durch eine externe Prüfstelle. Das betraf zwar nicht die Elektrolyseure selbst, aber die Produktionszertifizierung, und daher konnten wir einige Auslieferungen nicht mehr in diesem Jahr realisieren. Diese verschieben sich nun ins erste Quartal des nächsten Jahres.
Carsten Müller: Sie haben China bereits erwähnt. Wie sieht die Internationalisierung Ihres Geschäfts insgesamt aus?
Dr. Jürgen Laakmann: Wir konzentrieren uns auf drei Kernmärkte: China, die USA und Europa. Für jeden dieser Märkte haben wir eine spezifische Strategie. In Europa agieren wir direkt, in den USA arbeiten wir erfolgreich mit Partnern wie Solar Invest und Clean Age zusammen, die unsere Produkte vermarkten. In China haben wir uns bewusst für ein Joint Venture mit Wolong entschieden. Wolong hat nicht nur Markt- und Vertriebskraft, sondern unterstützt uns auch beim Schutz unserer Technologien vor Ort, die durch Patente gut abgesichert sind.
Carsten Müller: Sie haben kürzlich weitere Partnerschaften angekündigt. Wie unterstützen diese Partnerschaften Ihre Wachstumsambitionen?
Dr. Jürgen Laakmann: Unser „Core-Partnerschaftsmodell“ ermöglicht es Partnern, unsere Elektrolyseure selbst zu konfigurieren oder eigene Systeme zu entwickeln. Wir liefern die Grundmodule – sogenannte „Core Stacks“ –, und die Partner bauen daraus eigene Systeme. Ein Beispiel: Ein Partner möchte ein 8-Megawatt-System entwickeln, das nicht in einen Container passt. Er nutzt unsere Stacks, um ein individuelles System zu erstellen. Dieses Modell unterstützt nicht nur unser Wachstum, sondern auch das unserer Partner langfristig.
Carsten Müller: Wie sehen bei Ihnen die Zeiträume von Auftragseingang bis zur Auslieferung aus?
Dr. Jürgen Laakmann: Für unsere kleineren Elektrolyseure – ich nenne sie „mikrowellenähnlich“ – reden wir über wenige Wochen. Diese werden quasi in Serie gefertigt. Bei größeren Projekten wie Megawatt-Containern dauert es vom ersten Angebot bis zur Auftragserteilung etwa 8 bis 12 Monate. Die eigentliche Bauzeit liegt dann bei 3 bis 6 Monaten. Derzeit haben wir einen Auftragsbestand von rund 50 Millionen Euro.
Carsten Müller: Welche Wachstumsdynamik erwarten Sie in den nächsten Jahren, und welche Fokusbranchen bedienen Sie?
Dr. Jürgen Laakmann: Wir arbeiten mit mehr als 100 Partnern weltweit, die sich auf unterschiedliche Vertikalen spezialisieren. Einige konzentrieren sich auf Mobilitätsanwendungen, andere auf Off-Grid-Lösungen oder private Energiesysteme für Einfamilienhäuser. Diese Fokussierung ist ein echter Gewinn für unser Wachstum und das unserer Partner. Besonders in den USA sehen wir eine hohe Marktdynamik, unabhängig von politischen Veränderungen.
Carsten Müller: Wo liegen die technologischen Grenzen, wenn es um noch größere Systeme geht?
Dr. Jürgen Laakmann: Aktuell liegt eine sinnvolle Größe bei 5 bis 10 Megawatt mit der aktuellen Stack-Generation. Mit der nächsten Generation sind bis zu 50 Megawatt möglich. Für zentralisierte Wasserstoffproduktionen im Gigawatt-Bereich – wie in der Wüste des Nahen Ostens oder in Indien – sehen wir uns derzeit nicht aufgestellt.
Carsten Müller: Vielen Dank, Herr Dr. Laakmann, für das spannende Gespräch. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und gute Gespräche auf dem Eigenkapitalforum. Bis zum nächsten Mal!
Dr. Jürgen Laakmann: Vielen Dank, Herr Müller! Bis bald!