CENIT ist ein führender Anbieter von Software- und Beratungsdienstleistungen, der Unternehmen bei der digitalen Transformation und der Optimierung ihrer Geschäftsprozesse unterstützt. Das Unternehmen hat sich auf die Bereiche Product Lifecycle Management (PLM), Digital Factory sowie Enterprise Information Management (EIM) spezialisiert. Mit seinen Lösungen ermöglicht CENIT Kunden aus verschiedenen Branchen, darunter die Automobilindustrie, der Maschinenbau und die Luft- und Raumfahrt, effizientere Arbeitsabläufe und eine beschleunigte Produktentwicklung.
Das Geschäftsmodell von CENIT kombiniert eigene Softwareprodukte mit Beratungs- und Implementierungsdienstleistungen sowie dem Vertrieb von Partnerlösungen. Das Unternehmen arbeitet eng mit führenden Technologieanbietern wie Dassault Systèmes und SAP zusammen, um seinen Kunden ganzheitliche Lösungen anzubieten. Besondere Stärken liegen in der Integration von PLM-Systemen und der Automatisierung von Prozessen in der Fertigung. Zusätzlich bietet CENIT maßgeschneiderte Softwarelösungen wie FASTSUITE für die digitale Fabrikplanung und Simulationsanwendungen.
Mit der steigenden Nachfrage nach Industrie-4.0-Lösungen und der zunehmenden Digitalisierung von Produktions- und Geschäftsprozessen ist CENIT in einer idealen Position, um weiteres Wachstum zu generieren. Das Unternehmen investiert kontinuierlich in Forschung und Entwicklung, um seine Softwareprodukte weiterzuentwickeln und neue Technologien wie Künstliche Intelligenz und Cloud-Computing zu integrieren.
Wir haben das Eigenkapitalforum 2024 dafür genutzt, um mit dem Vorstandschef von Cenit, Peter Schneck, über die technologischen Herausforderungen in seinem Markt zu sprechen. Dabei geht es auch um die Mittelfrist-Strategie für die kommenden Jahre inklusive Plänen zum organischen und anorganischen Wachstum. Außerdem haben wir über Weiterentwicklungen im Kernmarkt, dem Product Lifecycle Management, gesprochen und über Wachstumsziele.
Transkript des Interviews
Carsten Müller: Hallo und herzlich willkommen bei Finanztrends. Wir befinden uns auf dem Eigenkapitalforum 2024, organisiert von der Deutschen Börse AG. Wir nutzen natürlich die Gelegenheit, um mit Unternehmensvertretern über den aktuellen Stand ihrer Firmen und die Aussichten, insbesondere in Bezug auf zukünftiges Wachstum, zu sprechen. Ich freue mich sehr, heute Peter Schneck, den CEO der Cenit, begrüßen zu dürfen. Hallo und herzlich willkommen!
Peter Schneck: Hallo, vielen Dank!
Carsten Müller: Cenit ist ein spezialisiertes Softwareunternehmen für das Produktlebenszyklusmanagement. Können Sie uns bitte kurz erklären, was das bedeutet?
Peter Schneck: Gerne. Was wir tun, umfasst Produktdesign, Entwicklung von Konstruktionen, Prototypen und die Digitalisierung all dieser Prozesse. Wir gehen sogar über das klassische Thema PLM (Product Lifecycle Management) hinaus, das ja nur einen Teilbereich unserer Arbeit beschreibt. Natürlich machen wir PLM, hauptsächlich mit der Software von Dassault Systèmes, aber wir haben noch vier weitere Geschäftsbereiche.
Das bedeutet, wir integrieren oder implementieren PLM in ein ERP-System, in Deutschland meistens SAP. Außerdem gehen wir noch einen Schritt weiter in Richtung Robotik. Das heißt, wir steuern die Produktion, prüfen, ob alle benötigten Materialien in der Fabrik vorhanden sind, und integrieren diese in das SAP-System. Wir bringen die Designs also in die Produktion, und alle zugehörigen Dokumente werden verarbeitet, archiviert und so strukturiert, dass sie weiterverwendet werden können.
Letztlich digitalisieren wir den gesamten Fertigungsprozess von Anfang bis Ende. Und obendrauf bieten wir im fünften Geschäftsbereich Services an, was ein sehr wichtiger Teil unseres Angebots ist.
Carsten Müller: Gibt es einen Geschäftsbereich, der besonders heraussticht, oder ist alles gleich gewichtet?
Peter Schneck: Das ist eine heikle Frage, da wir unterschiedliche Partner und Abteilungsleiter haben, die alle sehr wichtig sind. Historisch betrachtet war die Software im Bereich PLM unser ursprünglicher Schwerpunkt. Die Gründer von Cenit waren fünf ehemalige IBM-Mitarbeiter, die damals im Bereich PLM tätig waren. Noch vor drei Jahren haben wir etwa zwei Drittel unseres Umsatzes mit Dassault-PLM gemacht. Durch verschiedene Übernahmen haben wir es geschafft, diesen Anteil auf die Hälfte zu reduzieren, ohne dass die Umsatzzahlen in diesem Bereich gesunken sind.
Mein Ziel ist es, irgendwann nur noch ein Drittel unseres Umsatzes mit PLM zu machen und den Rest mit den anderen Geschäftsbereichen, um eine ausgeglichene Positionierung zu erreichen.
Carsten Müller: Bei der Vorbereitung auf unser Gespräch bin ich auf Technologien wie den digitalen Zwilling und die Implementierung von KI im Dokumentenmanagement gestoßen. Welche Prioritäten setzen Sie in diesen Bereichen, und wie beeinflussen sie Ihr Geschäft?
Peter Schneck: Technologie ist natürlich das Herzstück unseres Geschäfts, insbesondere das Thema Digitalisierung. Wir bereiten Unternehmen auf Automatisierung vor, insbesondere in der Produktion, und sorgen dafür, dass Deutschland als Produktionsstandort wettbewerbsfähig bleibt. Dazu gehört auch die Nutzung von Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI).
Ein Beispiel ist unser Dokumentenmanagement. Dort können KI-basierte Prozesse repetitive Aufgaben übernehmen, sodass sich Menschen auf wichtigere Dinge konzentrieren können. Unsere Software kann beispielsweise in der Versicherungsbranche eigenständig entscheiden, ob ein Schadensfall reguliert wird und wer der Verursacher ist. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei Betrugsverdacht, wird ein Mensch hinzugezogen.
Im Bereich PLM sehe ich ebenfalls großes Potenzial. Ein Ingenieur, der heute ein Flugzeug entwirft, benötigt umfangreiches Fachwissen. Unsere Vision ist es, dass ein Ingenieur in Zukunft einfach sagt: „Ich möchte ein Flugzeug bauen“, und KI ihm entsprechende Vorschläge macht. Das wäre eine völlig neue Arbeitsweise, die Effizienz und Kreativität steigert.
Der digitale Zwilling ist eine zentrale Technologie, insbesondere in der Vorbereitung von Metaverse-Lösungen. Damit können wir Produktionsprozesse komplett simulieren und optimieren, bevor sie real umgesetzt werden. Das spart enorme Kosten und Zeit. Man kann Maschinen virtuell aufstellen, prüfen, ob die Produktionsprozesse reibungslos ablaufen, und Anpassungen vornehmen, bevor ein einziger Handgriff in der Realität gemacht wird.
Ich bin überzeugt, dass Technologien wie der digitale Zwilling und KI langfristig mehr Arbeitsplätze schaffen werden, als sie vernichten. Es gibt oft Angst vor neuen Technologien, aber schauen Sie sich den PC an: Als er aufkam, hieß es, dass er viele Arbeitsplätze vernichten würde. Stattdessen hat er unzählige neue Berufe geschaffen. Ähnliches erwarte ich bei KI und digitalen Zwillingen.
Carsten Müller: Lassen Sie uns zum Thema Kreislaufwirtschaft kommen. Ist das ein Wachstumsbereich für Cenit?
Peter Schneck: Absolut. Ein Beispiel: Früher wurden alte Flugzeuge auf Flugzeugfriedhöfe in Spanien oder Arizona geflogen und dort sich selbst überlassen. Heute wissen Hersteller und Airlines, dass wertvolle Materialien wie Kupfer oder seltene Erden in den Flugzeugen stecken. Mit unserer Software können wir genau sagen, wo diese Materialien sind, und sie effizient zurückgewinnen.
Das Gleiche gilt für die Automobilindustrie und andere Branchen. Recycling wird immer wichtiger, insbesondere bei teuren oder schwer zugänglichen Materialien wie Schwedenstahl. Unsere Lösungen sind hier führend, weil wir Daten aus den letzten 30 bis 50 Jahren in unseren Systemen haben.
Carsten Müller: Lassen Sie uns über Ihre jüngsten Geschäftszahlen sprechen. Im dritten Quartal haben Sie ein Umsatzwachstum von 13,6 % gemeldet. Was waren die wesentlichen Wachstumstreiber, und wie sah es mit der Profitabilität aus?
Peter Schneck: Die Wachstumstreiber lagen zum einen im anorganischen Bereich. Wir haben in diesem Jahr zwei strategische Übernahmen in den USA getätigt, weil wir den nordamerikanischen Markt als Zukunftsmarkt sehen. Eine dieser Akquisitionen war Analysis Prime, ein Unternehmen, das maßgeblich zu diesem Wachstum beigetragen hat. Zusätzlich haben wir CCE in Deutschland übernommen, eine Firma mit Sitz in Bissendorf, die im Bereich PLM tätig ist und dort ebenfalls Wachstum generiert hat.
Auf der anderen Seite hatten wir organisches Wachstum von über 5 %, was zeigt, dass der Markt nach wie vor vorhanden ist – trotz der schwierigen Rahmenbedingungen in Deutschland und Frankreich. Der Markt ist zwar herausfordernd, aber das Potenzial ist da. Besonders im Bereich PLM sehen wir Wachstumsraten von rund 8 %. Unser Ziel ist es, mit unserem Wachstum von derzeit 5 % wieder über diese Marktrate hinauszukommen.
Was die Profitabilität betrifft, müssen wir jedoch einräumen, dass sie aktuell ein schwieriger Punkt ist. Wir haben vor dem vierten Quartal eine Gewinnwarnung herausgegeben. Das lag an zwei Hauptfaktoren: Zum einen hat ein sehr großer Kunde aus der Luftfahrtbranche angekündigt, weniger Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Das sind Umsätze, die wir nicht kurzfristig kompensieren können. Zum anderen hatten wir im dritten Quartal 12 Insolvenzen im Automobilsektor unter unseren Kunden, was für uns sehr ungewöhnlich ist. Normalerweise haben wir ein bis zwei Insolvenzen pro Jahr, und diese Häufung hat uns ebenfalls stark getroffen.
Typischerweise erleben wir im vierten Quartal einen „Hockey-Stick-Effekt“, der zu starken Ergebnissen führt. Dieses Jahr sehen wir das nicht in dem Maße. Wir wollten das offen kommunizieren, anstatt im Januar nachträglich zu erklären, warum wir unsere Ziele nicht erreicht haben. Trotzdem war die Profitabilität in den ersten drei Quartalen erfreulich und über dem Vorjahr. Für das vierte Quartal sind wir jedoch eher zurückhaltend. Gerade in Deutschland gehen wir davon aus, dass sich viele Unternehmen vor den Neuwahlen mit Investitionsentscheidungen zurückhalten werden. Und die Wahl ist leider erst im nächsten Jahr.
Carsten Müller: Der Automobilsektor spielt eine große Rolle für Ihr Unternehmen. Gibt es weitere Branchen, in denen Sie besonders stark vertreten sind?
Peter Schneck: Ja, 30 % unseres Umsatzes kommen aus dem Automobilsektor. Weitere 18 % stammen aus der Luftfahrt, einschließlich Verteidigung, insbesondere in den Bereichen Hubschrauber und Kampfflugzeuge. Ein weiterer großer Bereich ist das klassische produzierende Gewerbe, das etwa 17 % unseres Umsatzes ausmacht. Darunter fallen zum Beispiel mittelständische Unternehmen auf der Schwäbischen Alb, die Schrauben oder andere Produkte herstellen.
10 % unseres Umsatzes generieren wir im Finanz- und Versicherungsbereich, insbesondere durch unser Dokumentenmanagement. Darüber hinaus gibt es verschiedene kleinere Segmente wie Bauwesen und Pharmaindustrie, in denen wir zukünftig stärker aktiv werden wollen. Diese Branchen sind besonders spannend, da sie teilweise keine klassische Produktion haben, sondern stärker auf Prozessdigitalisierung setzen. Hier sehen wir noch viel Potenzial, das wir erschließen möchten.
Carsten Müller: Sie haben bereits über Ihre Akquisitionen in diesem Jahr gesprochen und Ihren Fokus auf Deutschland, Frankreich und die USA. Welche weiteren Märkte halten Sie für interessant, und welche Internationalisierungspläne haben Sie?
Peter Schneck: Herr Müller, ich bin immer sehr offen: Ich bevorzuge es, in einem Teich voller Fische zu angeln, bevor ich mich auf das offene Meer begebe. Natürlich gibt es viele interessante Märkte, aber wir haben in Deutschland und Frankreich noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.
In den USA sehen wir großes Potenzial, besonders durch unsere deutschen Kunden, die dorthin expandieren, sowie durch unsere bereits bestehenden amerikanischen Kunden. Bisher hatten wir dort 12 Mitarbeiter, was einfach zu wenig war, um ernsthaft Geschäfte zu machen. Daher war die Übernahme von Analysis Prime ein strategisch wichtiger Schritt.
Zusätzlich haben wir seit einigen Jahren eine Tochtergesellschaft in Rumänien mit 65 Mitarbeitern. Diese unterstützt Kunden, die von Deutschland nach Osteuropa expandieren. Das war ein wichtiger strategischer Aufbau. Darüber hinaus sehen wir zwar viele spannende Märkte, wollen uns aber zunächst auf die bestehende Basis konzentrieren, bevor wir uns neuen Regionen zuwenden.
Carsten Müller: Wie sieht es mit Ihrer Kapitalausstattung aus, um diese Pläne umzusetzen?
Peter Schneck: Wir sind gut aufgestellt. Bisher hatten wir bilaterale Vereinbarungen mit drei Banken und haben Finanzierungen in Höhe von 40 Millionen Euro aufgenommen, um die Akquisitionen zu finanzieren. Wir haben bereits einen Teil davon zurückgezahlt, sodass aktuell noch 34 Millionen Euro Schulden in den Büchern stehen. Der nächste Schritt ist die Umstellung auf ein syndiziertes Darlehen mit einer vierten Bank. Damit möchten wir unsere finanzielle Schlagkraft erhöhen. Wir planen eine Finanzierung von 40 Millionen Euro plus zusätzliche 30 Millionen Euro, um die bestehenden Schulden zu refinanzieren und weitere Liquidität für zukünftige Möglichkeiten zu schaffen.
Ich bin überzeugt, dass sich aufgrund der Marktlage immer wieder Chancen ergeben werden, die wir nutzen können. Gleichzeitig setzen wir aber auch auf Fokus und Priorisierung, insbesondere auf die Steigerung unseres EBIT. Unser M&A-Team besteht aus mir und einem Kollegen, was bedeutet, dass wir nicht alles auf einmal machen können.
Carsten Müller: Welche mittelfristigen Ziele haben Sie in Bezug auf Ihre Margen?
Peter Schneck: Unser ursprüngliches Ziel für das nächste Jahr war eine EBIT-Marge von 8 bis 10 %. Dieses Ziel ist jedoch in der aktuellen Marktlage utopisch. Wir gehen davon aus, dass wir dieses Jahr bei etwa 4 % EBIT-Marge landen werden. Es wird wahrscheinlich ein weiteres Jahr dauern, bis wir diese Zielspanne von 8 bis 10 % erreichen. Aber langfristig bleibt das unser Ziel, und ich möchte, dass wir daran gemessen werden.
Carsten Müller: Vielen Dank für das interessante Gespräch, Herr Schneck. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und gute Gespräche auf dem Eigenkapitalforum. Bis zum nächsten Mal!
Peter Schneck: Vielen Dank, Herr Müller. Bis bald!