Sie gehört zu Deutschlands größten Kursverlierern der Pandemie. Kurz vor dem Corona-Crash notierte die Hochtief-Aktie noch bei 105 Euro und sackte im Zuge der Krise innerhalb weniger Wochen auf knapp 41 Euro ab – ihr niedrigster Stand seit Dezember 2012. Die darauffolgende Erholung hob den MDAX-Titel bis Juni 2020 zwar zurück auf 90 Euro; seitdem ging es tendenziell jedoch wieder abwärts.
Ein Insider-Bericht übt derzeit weiter Druck aus auf das Hochtief-Papier, das aktuell bei 62 Euro notiert. Demzufolge sieht der italienische Großaktionär Atlantia seine Beteiligung an dem deutschen Konzern von 16 Prozent nicht mehr als strategisch und prüft derzeit einen Verkauf seines Aktienpakets.
Das Allzeithoch aus dem Jahr 2017, als die Anteile für über 170 Euro gehandelt wurden, rückt damit immer weiter in die Ferne. Sind die golden Zeiten für den Bauriesen also vorbei? Oder kann Hochtief doch noch eine Kehrtwende schaffen? Eine Kurz-Analyse.
2020: Ein Jahr zum Vergessen für Hochtief
Seit 2010 gehört die Hochtief AG mehrheitlich zum spanischen Infrastrukturkonzern ACS. Der Essener Baukonzern ist selbst Großaktionär von diversen Unternehmen, hält beispielsweise ein Fünftel der Anteile des spanischen Autobahnbetreibers Albertis.
Über 94 Prozent seines Umsatzes generiert der Bauriese jedoch außerhalb Europas. Mit der börsennotierten Tochtergesellschaft Cimic ist Hochtief in Australien Marktführer. Auch in den USA gehören die Essener mit den Töchtern Turner (gewerblicher Hochbau) und Flatiron (Verkehrswegebau) zu den wichtigsten Anbietern.
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie machten der multinationalen Hochtief-Gruppe vergangenes Jahr enorm zu schaffen. Öffentliche Aufträge verzögerten sich, der Verkehr auf den Maut-Autobahnen brach massiv ein. 2020 gab der Konzernumsatz (22,9 Milliarden Euro) um 11,2 Prozent nach, der Auftragseingang (23 Milliarden Euro) brach sogar um 24 Prozent ein. Der Gewinn schrumpfte im gleichen Zeitraum von 668,9 auf 368 Millionen Euro.
Auch in diesem Jahr kämpft Hochtief weiterhin mit einem pandemieverzerrten Geschäftsumfeld. So fielen die im Mai präsentierten Erstquartalszahlen durchwachsen aus. Der Q1-Umsatz (4,9 Milliarden Euro) sank im Vorjahresvergleich um 12 Prozent. Den Vorjahresgewinn (89 Millionen Euro) verfehlte das Unternehmen mit 86 Millionen Euro knapp.
Die Auftragseingänge (5,9 Milliarden Euro) haben sich hingegen um 30 Prozent erholt. Aufgrund der regen Nachfrage aus Übersee bestätigte der Konzern seine Jahresprognose: einen operativen Gewinn zwischen 410- und 460 Millionen Euro, was einen Anstieg zwischen 11 und 25 Prozent bedeuten würde.
Günstiges politisches Umfeld
Für die Fortsetzung des positiven Trends beim deutschen Bauriesen sprechen derzeit vor allem die Konjunktur- und Infrastrukturprogramme, die viele Regierungen anstoßen, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu überwinden.
Die USA gehen mit großen Summen voran: In den kommenden acht Jahren will der amerikanische Präsident Joe Biden 2,3 Billionen Dollar in den Bau und die Sanierung von öffentlichen Gebäuden, Straßen und Brücken pumpen. Auch Australien plant in den kommenden vier Jahren über 300 Milliarden Dollar in seine Infrastruktur zu investieren. Durch den Pandemie-Wiederaufbaufonds der EU in Höhe von 750 Milliarden Euro kann sich die Branche ebenfalls einen Investitionsschub erhoffen.
Die Wirtschaft plagt gleichzeitig jedoch die Sorge, dass die derzeit steigenden Rohstoffpreise den Aufschwung gefährden könnten. So warnte der Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, Peter Hübner, vor Lieferengpässen bei Stahl, Holz und Kunststoffen. Die Unternehmen müssen für das Baumaterial im Schnitt bis zu 40 Prozent draufzahlen. Die Preisanstiege drücken die ohnehin geringen Margen im Bausektor.
Bei den Preisanstiegen handelt es sich jedoch nur um temporäre Effekte. Mit Regierungen, die Milliarden in die Branche pumpen, und Notenbanken, die die Wirtschaft trotz steigender Inflation heißlaufen lassen, ist der Turnaround für Hochtief nur eine Frage der Zeit.
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