Wenn ein neues Jahr beginnt, schlägt die Stunde der Hellseher – oder weniger ironisch gemeint der Experten, die ihre Erwartungen für das vor uns liegende Jahr formulieren. Auch wenn man sich vielleicht nicht unbedingt an den konkreten Zahlen festkrallen sollte, so gilt doch: Eine gewisse Erwartungstendenz ist schon abzulesen und danach richten sich auch entsprechend viele Anleger, insbesondere auf der institutionellen Seite.
Wie stark kann die globale Wirtschaft wachsen?
Das Jahr ist noch keine drei Wochen alt, und schon haben drei echte Schwergewichte im „Prognose-Geschäft“ ihre Erwartungen für die globale und für die wichtigsten einzelnen Volkswirtschaften formuliert – Weltbank, UNO und der Internationale Währungsfonds, kurz IWF. Die gute Nachricht dabei: Es gibt Hoffnungen für ein weiteres positives Wachstum. Doch die Herausforderungen für die Weltwirtschaft sind zahlreich.
Prognosen der Weltbank deuten auf ein globales Wirtschaftswachstum von 2,7 % in den Jahren 2025 und 2026 hin. Dies liegt deutlich unter den Wachstumsraten vor der Corona-Pandemie und markiert einen Zustand, den Ökonomen bereits als „neues, schwaches Normal“ bezeichnen. Das größte Problem dabei: Diese Wachstumsraten reichen nicht aus, um einkommensschwachen Ländern zu ermöglichen, die Wohlstandslücke zu Industrieländern in angemessener Zeit zu schließen. Ungleichheiten würden also zementiert und könnten damit Grundlage für neue Konflikte sein.
Ins gleiche Horn bläst auch der IWF, wenngleich er etwas mehr Tempo erwartet. So liegt seine Prognose für 2025 beim globalen Wirtschaftswachstum bei 3,3 %. Das ist nahezu unverändert im Vergleich zur zuletzt aktualisierten Prognose im Herbst. Wobei aber auch zu wissen ist: In den vergangenen zwei Jahrzehnten lag das durchschnittliche Wachstum pro Jahr bei 3,7 %. So rechnet also auch der IWF mit unterdurchschnittlichen Ergebnissen. Und auch bei der UNO hängt man sich nicht weit aus dem Fenster. Deren Jahresprognose liegt bei 2,8 %.
Amerika bleibt obenauf
Doch wie soll es den einzelnen Akteuren bzw. Regionen gehen? Da tun sich erhebliche Unterscheide auf, die auch speziell Anleger beachten sollten, wenn es um ihre Vermögensverteilung, sprich Asset Allokation, geht. Im Detail: Mit einem prognostizierten Wachstum von 2,7 % (IWF) soll sich die US-Wirtschaft widerstandsfähig präsentieren können. Die starke Binnenkonjunktur, unterstützt durch hohe Konsumausgaben und eine anhaltend robuste Beschäftigungslage trägt zur Stabilität bei. Gleichzeitig könnten jedoch die geplanten neuen Handelszölle unter der Trump-Administration das internationale Wachstum bremsen.
Laut Weltbank würde eine Erhöhung der US-Zölle um 10 Prozentpunkte das globale Wachstum auf 2,5 % senken. Sollte es zu Vergeltungsmaßnahmen kommen, könnte das Wachstum sogar auf 2,4 % zurückfallen. Und auch für Amerika könnten sich zu hohe Zölle als Bumerang erweisen, da sie die Inflation treiben und womöglich erneut Lieferketten abreißen lassen bzw. die Binnennachfrage dämpfen. Man darf gespannt sein, ob Trump hier tatsächlich den harten Mann markiert oder nur mit dem Säbel rasselt. Das gilt auch mit dem Blick nach China.
China: Der Kampf um Stabilität
China, mit einem erwarteten Wachstum von 4,5 %, bleibt ein entscheidender Akteur. Die Regierung verfolgt eine „Dual Circulation“-Strategie, bei der der Fokus sowohl auf dem Binnenmarkt als auch auf strategischen internationalen Partnerschaften liegt. Die Infrastrukturinvestitionen und der technologische Fortschritt treiben das Wachstum an, doch die Herausforderungen durch demografische Veränderungen und eine wachsende Verschuldung bleiben erheblich. So kletterte die Staatsverschuldung im letzten Jahr vermutlich auf rund 86 % im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Vor 10 Jahren waren es nur 40 %. Gleichzeitig wird China als Handelspartner für viele Schwellenländer immer wichtiger, insbesondere durch Initiativen wie die Neue Seidenstraße.
Europa: Die große Baustelle
Europa steht ebenso vor massiven Herausforderungen. Die Eurozone soll laut IWF in diesem Jahr um 1,0 % wachsen können. Das ist nicht nur mager, sondern auch gefährlich. Denn für die drei größten Volkswirtschaften Deutschland, Frankreich und Italien werden Werte mit einer Null vor dem Komma erwartet. Dabei zeigt Deutschland als größte Wirtschaftsmacht – und größter Nettozahler – die größten schwächen. Nur noch 0,3 % Wachstum erwartet der IWF für dieses Jahr. Das ist ein halber Prozentpunkt weniger als noch bei der Herbstprognose. Und wenn man sich ganzen Schlagzeilen der letzten Monate durchliest, ist es keine Überraschung und man kann wohl geradezu froh sein, dass kein Minus vor der Zahl steht.
Schwellenländer: Licht und Schatten
Darüber hinaus dürfte es sehr spannend werden, was sich in den Schwellenländern und insgesamt Emerging Markets tun wird. Für Schwellenländer wie Indien und Indonesien bieten sich Chancen, während andere Regionen mit strukturellen Problemen kämpfen. Indien wird mit einem prognostizierten Wachstum von 6,6 % als eine der dynamischsten Volkswirtschaften hervorgehoben. Die fortschreitende Digitalisierung und wachsende Inlandsnachfrage treiben die Wirtschaft an.
Doch die Abhängigkeit vieler Emerging Markets von den USA, China und Europa bleibt eine Schwäche. Neue Handelsbarrieren und geopolitische Spannungen könnten das Wachstum nachhaltig beeinträchtigen. Wobei es immer wieder zu wiederholen ist: Die spannendste Story, auch aus Anlegersicht, ist in diesem Zusammenhang Indien, dass nicht nur als Wirtschaftsmacht aufgeholt hat, sondern auch politisch wesentlich stärker seine Interessen durchzusetzen versucht.
KI als Wachstumstreiber
Es dürfte also insgesamt ein spannendes Jahr werden. Wobei zwei Aspekte nicht unter den Tisch fallen dürfen. Der eine Aspekt liegt in den Chancen, die sich aus der sich beschleunigenden technologischen Revolution ergeben, Stichwort Künstliche Intelligenz. Dieses Thema hat inzwischen ein so starkes Momentum erreicht, dass für dieses Jahr weitere große Durchbrüche zu erwarten sind. Das gilt nicht nur für die generative KI, die derzeit auch die Aktien entsprechend antreibt.
Vielmehr geht es auch um neue Modelle, die durch den zukünftigen Einsatz von Quanten-Computing auf eine völlig neue und bislang unbekannte Ebene gehoben werden könnten. Eine Frage, die damit zusammenhängt, ist allerdings auch, ob der regulatorische Rahmen hier mithalten kann. Jedenfalls ist klar, dass bei einer deutlich stärkeren Marktdurchdringung von KI-Anwendungen erhebliche Effizienzschübe in allen Wirtschaftsbereichen zu erwarten sind. Das könnte entsprechend auch das Wirtschaftswachstum überraschend stark ankurbeln.
Was machen die Notenbanken?
Der zweite Aspekt liegt in den weiteren geldpolitischen Strategien der Notenbanken. Zum Jahreswechsel gab es bereits eine Neubewertung der erwarteten Strategie der US-Notenbank. Hier wurden vom Markt sukzessive die Erwartungen heruntergeschraubt an weitere Zinssenkungen. Mittlerweile gehen die Marktexperten mehrheitlich davon aus, dass eine weitere Zinssenkung in den USA wohl erst in der zweiten Jahreshälfte stattfinden wird. Wobei die große Unbekannte hier die weitere Inflationsentwicklung sein wird. Bekanntlich hat sich die Teuerungsrate in den USA seit September wieder sichtbar beschleunigt und lag im Dezember bereits bei 2,9 %, dem Niveau aus dem vergangenen Juli.
Mit ähnlichen Fragen wird auch die Europäische Zentralbank konfrontiert werden. Auch hier hat sich die Teuerung in den vergangenen Monaten wieder deutlich erhöht. Entsprechend könnte eine längere Zinspause anstehen. Wobei das inzwischen schon chronische Problem besteht (siehe oben), dass die Eurozone für eine nötige Belebung des Wirtschaftswachstums wohl noch deutlich niedrigere Zinsen gebrauchen könnte.
Unter dem Strich warten also viele Herausforderungen und Unwägbarkeiten auf Unternehmen, Verbraucher und Kapitalanleger. Gerade für letztere ist es derzeit wohl sinnvoll, vorerst auf Sicht zu fahren. Zumal in diesen Tagen noch überhaupt nicht absehbar ist, wie der neue US-Präsident sich tatsächlich positioniert und welche Projekte er denn auch wirklich umsetzt. Bleiben Sie also zurückhaltend.
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