Gesco: Exklusiv-Interview mit CFO Kerstin Müller-Kirchhofs

Unsere heutige Interviewpartnerin ist Kerstin Müller-Kirchhofs. Frau Müller-Kirchhofs ist CFO der Gesco AG.

Die Gesco AG erwirbt als Langfrist-Investor erfolgreiche Unternehmen des industriellen Mittelstands. Seit der Gründung 1989 wurde eine starke Gruppe von „Hidden Champions“, Markt- und Technologieführern aufgebaut. 1998 ging Gesco dann an die Börse, die Gesco-Aktie ist im Prime Standard notiert. Die zentrale Aufgabe von Gesco besteht darin, Wachstumspotenziale zu nutzen und die Zukunftsfähigkeit der Gruppe langfristig zu sichern.

Frau Müller-Kirchhofs, der Markt wird im Moment von Hilfsprogrammen überflutet. Erwarten Sie nachhaltige Änderungen bei den Finanzierungsbedingungen?

Frau Müller-Kirchhofs: Zeichen für eine wirklich strukturelle, nachhaltige Änderung sehe ich derzeit nicht. Finanzierungsbedingungen spiegeln nun mal Chancen und Risiken von Geschäftsmodellen, und in diese Betrachtung geht der Einfluss der Pandemie auf die Geschäftsmodelle ein. Dass der Staat zur Überbrückung erkennbar temporärer Probleme Instrumente bereitstellt, ist gut und sinnvoll. Aber letztlich wird er weder durch Zuschüsse noch durch Fremd- oder Eigenkapital Geschäftsmodelle retten können, die wirtschaftlich nicht überlebensfähig sind. Verwerfungen im Bankensektor können natürlich auf die Realwirtschaft durchschlagen, aber aktuell sehe ich auch für dieses Szenario keine konkreten Anzeichen.

Eine interessante Ansicht! Was hat sich bei der Gesco AG durch die Corona-Pandemie verändert?

Frau Müller-Kirchhofs: Unsere erste Sorge galt und gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Um Transparenz zu erhalten, haben wir umgehend ein wöchentliches Meldesystem rund um Corona implementiert. Sofern möglich und sinnvoll, sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Home-Office gewechselt. Wo dies nicht möglich war, also insbesondere in der Produktion, haben wir die konkrete Arbeitsplatzsituation räumlich entzerrt, die Schichten so umorganisiert, dass sie ohne zeitliche Überlappung vonstattengingen. Wo immer die lokalen Gesundheitsbehörden in Kontakt mit unseren Tochtergesellschaften kamen, haben sie die getroffenen Maßnahmen gewürdigt und für gut befunden. Dies hat uns in Deutschland vor Schließungen von Unternehmen oder Unternehmensteilen bis heute bewahrt.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen waren und sind gravierend. Insbesondere Werksschließungen auf Kundenseite haben unsere Gruppe erheblich getroffen. Nach dem massiven Lockdown haben viele Kunden ihre Produktion dann sukzessive wieder hochgefahren, doch auch jetzt noch sind die Abläufe sehr weit von der Effizienz der vor-Krisen-Zeit entfernt. Sogar in der Medizintechnik gibt es Bereiche, wo beispielsweise aufgrund von Reiserestriktionen die Projekte stocken.

Natürlich muss man hier schauen, wo die Prioritäten liegen. Dennoch schön zu hören, dass Ihre erste Priorität der Schutz der Mitarbeiter ist. Gibt es im Allgemeinen Unterschiede zwischen der Gesco AG und den Wettbewerbern der Branche?

Frau Müller-Kirchhofs: Anders als die meisten Finanzinvestoren ist GESCO ein langfristiger Eigentümer. Wenn wir uns in Ausnahmefällen doch einmal von Tochtergesellschaften getrennt haben, dann immer nur aus strategischen Gründen. Wir kaufen Firmen immer mit der Absicht, sie langfristig zu halten und aktiv weiter zu entwickeln. Im Wettbewerb um Unternehmen punkten wir vor allem dann, wenn der verkaufswillige Unternehmer eine langfristig ausgerichtete Heimat für sein Unternehmen sucht, wenn er es in die sprichwörtlichen guten Hände geben will. Zudem haben wir mit unserer Strategie NEXT LEVEL unsere Rolle als Eigentümer neu justiert: wir bieten unseren Unternehmen konkrete Unterstützung, um sie bei ihrem weiteren Wachstum voranzubringen. Das finden auch viele Verkäufer interessant. Selbst wenn sie ihr Unternehmen komplett veräußern und auch nicht mehr operativ tätig sind, interessiert viele die Frage, in welche „Familie“ ihr Unternehmen aufgenommen wird.

Das hört sich sehr spannend an. Wo sehen Sie dadurch die Gesco AG in 5 Jahren?

Frau Müller-Kirchhofs: Zunächst einmal wollen wir alle hoffen, dass dann Corona überwunden sein wird. Die GESCO-Gruppe selbst ist in fünf Jahren eine andere als heute. Die Maßnahmen, die wir im Rahmen von NEXT LEVEL mit Excellence-Programmen bei den Tochtergesellschaften angestoßen haben, werden dann Wirkung gezeigt haben. Die Unternehmen wachsen über ihrem jeweiligen Markt, sie sind deutlich effizienter und die Gruppe erzielt eine nachhaltige EBIT-Marge von 8 bis 10 % über den Konjunkturzyklus hinweg. Das Portfolio selbst ist anders zusammengesetzt als heute, es ist deutlich robuster und ausbalancierter. Die Umsatzentwicklung hängt natürlich auch stark vom externen Wachstum durch Zukäufe ab, das sich nur bedingt planen lässt.

Unser Ziel ist es, die Stärken mittelständischer Organisationen zu bewahren: Markt- und Kundennähe, Agilität, hohe Umsetzungsgeschwindigkeit. Diese Stärken ergänzen wir, indem wir Methoden, Tools und Know-How, die in großen Unternehmen oft Stand der Technik sind, in angemessener Form in den Mittelstand übertragen. Konzerne und KMUs haben jeweils typische Stärken und Schwächen. Wir streben nach einer GESCO-spezifischen Kombination, die dem „Besten aus beiden Welten“ möglichst nahekommt.

Zum Abschluss würde ich Ihnen gerne noch eine Frage stellen: Aus welchen Gründen sollten Anleger in Ihr Unternehmen investieren?

Frau Müller-Kirchhofs: Mit der GESCO-Aktie setzt der Anleger auf den industriellen deutschen Mittelstand. Er investiert in eine Gruppe von Unternehmen, die in ihren Nischen teilweise führende Positionen einnehmen. Zugleich investiert er in eine Gruppe, die derzeit eine massive Transformation vollzieht, um sie zukunftsfähiger, wachstums- und ertragsstärker zu gestalten. Unsere Ziele sind ambitioniert, und wir arbeiten mit Hochdruck an der Umsetzung. Wer uns dabei begleiten möchte, findet in der GESCO-Aktie das richtige Instrument. Aktuell übrigens zu einem Kurs, der unterhalb des Buchwerts liegt.

Vielen Dank für das Interview und den tiefen Einblick in Ihr Unternehmen, Frau Müller-Kirchhofs. Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitarbeitern weiterhin alles Gute für die Zukunft!

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