Liebe Leserinnen und Leser,
künstliche Intelligenz (KI) gilt weltweit inzwischen als die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Und obwohl KI ungemein wichtig für Wirtschaft, Verwaltung, Gesundheitswesen und viele anderen Sektoren ist, wird Europas Rückstand bei der Entwicklung einer eigenen KI-Infrastruktur immer größer. In einem geopolitischen und wirtschaftlichen Umfeld, das zunehmend durch datengetriebene Technologien geprägt ist, stellt diese Schwäche ein strategisches Risiko dar. Und obwohl die Schwächen offensichtlich sind, wird aktuell noch zu wenig unternommen, um hier eine Souveränität zu erlangen. So muss Europa sich aktuell auf Partner verlassen, die sich zuletzt als wenig verlässlich gezeigt haben und die Europa mit einem Fingerschnipsen von der KI-Technologie abschneiden können.
Fehlende Infrastruktur: Wo Europa den Anschluss verliert
Die Grundlage für moderne KI ist eine leistungsfähige digitale Infrastruktur. Dazu gehören:
• Hyperscaler-Clouds, die enorme Datenmengen verarbeiten und skalierbare KI-Anwendungen ermöglichen.
• Rechenzentren mit Hochleistungs-GPUs, wie sie Nvidia oder AMD bereitstellen.
• Foundation Models (wie GPT, Gemini oder Claude), die in der Lage sind, mit Milliarden von Parametern komplexe Aufgaben zu lösen.
In all diesen Bereichen ist Europa bislang nicht wettbewerbsfähig. Während in den USA Unternehmen wie OpenAI, Google DeepMind oder Meta KI-Modelle im Milliardenmaßstab entwickeln, fehlen in Europa sowohl die Hardwarekapazitäten als auch die dafür nötige Finanzierung und der Zugang zu Trainingsdaten.
Finanzierungsprobleme bremsen europäische KI-Startups aus
An Innovationskraft liegt es nicht. Doch europäische KI-Startups stehen oft vor einem großen Finanzierungsdilemma: Die benötigten Investitionsvolumina für wettbewerbsfähige Modelle liegen bei mehreren Hundert Millionen bis Milliarden Euro. Das sind Summen, die konservative europäische Wagniskapitalgeber so gut wie sicher nicht bereitstellen werden. Unter Jung-Unternehmern aus der Branche wird gewitzelt, dass man Geld erst dann angeboten bekommt, wenn man es nicht mehr braucht. In den USA ist die Mentalität ganz anders. So hat z. B. allein OpenAI über 10 Mrd. USD von Microsoft erhalten, während Europas größte Hoffnung, das französische Startup Mistral AI, „nur“ rund 500 Mio. Euro einsammeln konnte – obwohl es in Europa bereits als der Hoffnungsträger Nummer 1 gilt.
Zersplitterter Markt: Europas KI-Startups kämpfen mit 27 Regeln
Ebenso problematisch: Die Fragmentierung der europäischen Märkte. KI-Startups in Europa müssen sich mit 27 unterschiedlichen regulatorischen Rahmenwerken, Datenschutzbestimmungen und Sprachen auseinandersetzen. Eine Skalierung, die in den USA problemlos ist, ist auf EU-Ebene aufwendig und teuer.
Die Politik wäre also gut beraten, im Bereich KI Voraussetzungen zu schaffen, um KI-Anreize zu fördern und die Abhängigkeit von außereuropäischen KI-Playern einzudämmen. Denn die jetzige Situation hat geopolitische Implikationen:
• Datensouveränität: Viele europäische Unternehmen müssen US-amerikanische Clouds nutzen, um KI-Modelle zu betreiben. Damit liegt ein Großteil sensibler Daten außerhalb der europäischen Gerichtsbarkeit.
• Technologische Abhängigkeit: Europa ist auf US-Chips (NVIDIA) und Software (OpenAI, Anthropic, Meta) angewiesen – ein Risikofaktor im Fall geopolitischer Spannungen.
• Wertschöpfungsverlust: Die größten wirtschaftlichen Potenziale der KI (z. B. durch Prozessoptimierung, neue Produkte, Plattformeffekte) drohen in anderen Wirtschaftsräumen zu entstehen.
Der AI Act: Guter Anfang mit zu viel Bürokratie?
Zugegeben: Es ist nicht so, dass die Politik gar nichts unternimmt. Mit dem AI Act hat die EU um Beispiel als erste weltweit schon einmal einen umfassenden Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz geschaffen. Ziel ist es, Risiken zu minimieren, Transparenz zu schaffen und Vertrauen in KI-Anwendungen zu stärken. Doch viele Unternehmen kritisieren, dass die Vorschriften zu bürokratisch und innovationshemmend seien – insbesondere im Vergleich zum liberaleren US-Ansatz. Der Wettbewerb um Talente und Investitionen könnte sich dadurch weiter zugunsten der USA verschieben. Die Europäische Kommission will auch 20 Milliarden US-Dollar aufbringen, um vier sogenannte „KI-Gigafabriken“ zu errichten. Allerdings äußern einige Branchenexperten Zweifel daran, ob der Bau solcher Fabriken tatsächlich sinnvoll ist. Und der 2023er Chips-Act erzielte auch nur lauwarme Ergebnisse.
Fünf Maßnahmen für mehr europäische KI-Souveränität
Die Politik bemüht sich also um Besserung, doch der Weg ist noch lang. Um den Rückstand im KI-Bereich aufzuholen und die Abhängigkeit zu reduzieren, sind tiefgreifende Maßnahmen auf EU-Ebene notwendig:
1. Investitionen in Rechenzentren und KI-Chips: Aufbau eigener Cloud- und Chipkapazitäten.
2. Europäische Foundation Models fördern: EU-finanzierte Open-Source-Modelle mit klarer Governance, Training auf europäischen Daten, nutzbar für Forschung und Wirtschaft.
3. Beschleunigung der Kapitalbereitstellung: Europa braucht eigene DeepTech-Fonds mit Milliardenvolumen – ähnlich wie die US-Defense-Finanzierungen über DARPA.
4. Regulierung vereinfachen und harmonisieren: Der AI Act muss innovationsfreundlich werden. Testumgebungen (Regulatory Sandboxes) sollten stärker genutzt werden.
5. Talentförderung intensivieren: KI-Forschung muss gezielt unterstützt, Visa für internationale Experten erleichtert und Bildungsprogramme skaliert werden.
Diese drei Unternehmen könnten Europas KI-Zukunft sichern
Die Politik ist das eine, das andere sind die Unternehmen. Dabei stellt sich zwangsläufig die Frage: Wer kann Europa unabhängig machen? Viele hoffen auf einen einzelnen Gamechanger – doch diese Hoffnung greift zu kurz. Die Realität ist: Europas Gamechanger wird ein strategisches Zusammenspiel sein.
Drei Akteure stechen unserer Ansicht nach heraus:
1. SiPearl – europäische Prozessor-Power
Der französische Halbleiterentwickler SiPearl als Herzstück der European Processor Initiative (EPI). SiPearl arbeitet an Hochleistungs-CPUs für Supercomputer. Das geistige Eigentum liegt in europäischer Hand, die Partner heißen Atos, ParTec oder EuroHPC. Noch fehlen KI-Beschleuniger – aber als zentrale Recheneinheit ist SiPearl ein klarer Schlüsselspieler.
2. Axelera AI & Graphcore
Axelera aus Eindhoven entwickelt hocheffiziente Edge-KI-Chips mit eigener Softwareplattform. Graphcore wiederum baut komplexe IPUs für KI-Training – allerdings seit Mitte 2024 unter Kontrolle von SoftBank. Beide bringen technologische Tiefe, könnten aber durch staatliche Förderung schneller in Richtung Datacenter-KI gebracht werden.
3. Scaleway & ParTec – europäische Infrastrukturplattformen
Ohne souveräne Cloud- und Rechenzentrumsanbieter bleibt jede Chipstrategie wirkungslos. Scaleway (Frankreich), ParTec (Deutschland) oder OVHcloud könnten Plattformen für europäische KI-Cluster werden – vorausgesetzt, sie erhalten Zugang zu leistungsfähiger Hardware und regulatorischen Rückenwind.
Warum SAP nicht der Gamechanger ist – zumindest nicht jetzt
Sie vermissen Europas größten Software-Konzern SAP? Dieser ist nicht dabei, denn SAP hat:
1. Keine eigene Chipentwicklung
2. Keine Hyperscale-Cloud
3. Und keinen Fokus auf Trainingscluster für LLMs
SAP ist selbstverständlich hinterher, wenn es um den Feinschliff für die Unternehmen geht, der wichtigste „KI-Verteiler“ – aber das erst, wenn die KI-Infrastruktur geschaffen ist.
Wie Sie gesehen haben, ist es bis dahin allerdings noch ein langer Weg. Europa kann jedoch mit gezielten Investitionen, kluger Regulierung und strategischer Förderung aufholen und somit seine technologische Souveränität stärken. Der Aufbau einer eigenen KI-Infrastruktur ist nicht nur eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch der politischen Selbstbestimmung. Daher wird es auf kurz oder lang eine KI-Infrastruktur geben müssen. Das eröffnet Chancen für langfristig orientierte Anleger.
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