Covid-19 habe für das Geschäftsjahr 2020 „mögliche vorübergehende Auswirkung“, hieß es vor gut einen Jahr im Geschäftsbericht der Dufry AG. Wenn man es mit dem Management des Baseler Reise-Einzelhändlers gut meint, kann man sagen, dass Dufry die Corona-Krise unterschätzt hat. Denn als kurz darauf der Tourismus völlig einbrach, sackte auch der Umsatz in Dufrys Duty-Free-Läden um brutale 93 Prozent ein.
Zwar setzte schnell eine leichte Erholung ein, doch da der Reiseverkehr 2020 phasenweise komplett zum Erliegen kam, sprach der Verwaltungsratspräsident Juan Carlos Torres Carretero später vom „herausforderndsten Jahr in der Geschichte Dufrys“.
Die Reise-Beschränkungen sind jedoch nun in vielen Ländern gelockert und langsam kehrt die Reiselust zurück. Mit harten Sparmaßnahmen, einem digitalen Wandel und der Erschließung des Wachstumsmarkts Asien will der Duty-Free-Händler nun wieder die früheren Margenniveaus erreichen.
Kann es dem Reise-Einzelhändler gelingen, sein schon vor Corona schwächelndes Geschäft nun wiederzubeleben? Ist somit für nervenstarke Anleger jetzt der richtige Zeitpunkt, um bei Dufry einzusteigen? Eine Kurz-Analyse.
Hartes Sparregime
Dufry betreibt weltweit in 63 Ländern rund 2.400 Geschäfte an Flughäfen und anderen touristischen Orten wie auf Kreuzfahrtschiffen und in Seehäfen. Der Schweizer Konzern hat sich in den letzten 17 Jahren zum Weltmarktführer im Duty-Free-Geschäft entwickelt und war zeitweise einer der wachstumsstärksten Einzelhändler überhaupt.
Als die Einnahmen vergangenes Jahr quasi von einen auf den anderen Moment wegbrachen, ergriff das Dufry-Management sofort harte Sparmaßnahmen. Der Duty-Free-Händler kürzte fast 45 Prozent seiner Vollzeitstellen weg, setzte auf Kurzarbeit, strich Dividenden und senkte so seine Kosten in fünf Monaten um umgerechnet 1,2 Milliarden Euro.
Um sich finanziell über Wasser zu halten, hat der Konzern zudem über Kapitalerhöhungen, Wandelanleihen und Bankkredite rund 1,85 Milliarden Euro eingesammelt – mit dem Nebeneffekt, dass sich die Aktienanzahl verdoppelt hat und Anleger, die die Kapitalmaßnahmen nicht voll mitgemacht haben, eine Gewinnverwässerung erleben.
Was den Dufry-Aktionären ebenfalls ein Dorn im Auge ist: die hohen Manager-Vergütungen bei gleichzeitig bescheidener Aktien-Performance. Zuletzt wurde ein Bonustopf von 10 Millionen Euro entrichtet, der die Führungsriege für „außergewöhnliche Leistung in der Corona-Krise“ entschädigen sollte.
Ein Affront sind die außerordentlichen Lohnbezüge des Managements auch für die übrig gebliebenen Mitarbeiter, die eine Entlassungswelle erlebten, in Kurzarbeit geschickt wurden und für drei Monate auf 30 Prozent ihres Salärs verzichteten.
Neue Wachstumshorizonte entdecken
Die Dufry AG befindet sich derzeit zweifellos in einer schwierigen Transformationsphase. Der Konzern muss neue Wachstumsfelder erschließen und den digitalen Wandel schaffen. Die unsichere Geschäftsentwicklung kommt dabei erschwerend hinzu.
Ein wichtiger Türöffner könnte dabei die Kooperation mit der Alibaba Group sein, die der Reise-Einzelhändler vergangenen Herbst geschlossen hat. Mit dem Joint Venture erhält Dufry Zugang zu 800 Millionen Nutzern des chinesischen Online-Riesen und dessen Zahlungsdiensten. Zudem unterstützt Alibaba die Schweizer bei der Digitalisierung und der Vergabe von Lizenzen für Duty-Free-Geschäfte, was in China derzeit nur lokalen Unternehmen vorbehalten ist.
Durch die Möglichkeit, in Asien Fuß zu fassen, verspricht sich Dufry große Wachstumschancen. Den ersten Schritt hat der Konzern bereits gemacht und zu Jahresbeginn ein Geschäft in der chinesischen Inselprovinz Hainan eröffnet. Der Laden im landesweit bekannten Duty-Free-Paradies wird im Endausbau nächstes Jahr acht Prozent der gesamten Verkaufsfläche des Reise-Einzelhändlers ausmachen.
Möglich wurde das durch die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Staatskonzern Hainan Development Holdings, der die notwendige Duty-Free-Lizenz besitzt. Die Expansion ist gewiss ein strategisch wichtiger Durchbruch für Dufry, auch wenn das Unternehmen durch die Kooperation nicht die gesamte Wertschöpfung in den Händen hat.
Wann kommen die Kunden wieder?
Mittlerweile hat Dufry wieder über 70 Prozent seiner Geschäfte geöffnet. Die vollständige Erholung der Firmenumsätzen hängt in erster Linie davon ab, wie schnell der Flugverkehr wieder in Schwung kommen wird. Wann wieder so viele Touristen wie 2019 unterwegs sein werden, um Alkohol, Tabak und Kosmetika zu kaufen, ist jedoch fraglich.
Hinzu kommt: Ein Teil der Geschäftsreisen wird möglicherweise durch virtuelle Meetings ersetzt. Viele Unternehmen müssen sparen, wollen ihren CO2-Fußabdruck senken und haben mit Video-Konferenzen gute Erfahrungen gemacht. Vor der Krise machten geschäftlich Reisende für Dufry etwa ein Fünftel des Umsatzes aus.
Die Schweizer bleiben jedoch optimistisch: Das Unternehmen geht davon aus, dass sich das Passagieraufkommen bereits im kommenden Jahr vollständig normalisieren kann. Der Airline-Verband Iata kalkuliert hingegen, dass das Vorkrisenniveau nicht vor 2024 erreicht wird.
Zu viele Unsicherheiten
Impf- und Konjunkturhoffnungen sowie einige optimistische Analysten-Einstufungen haben dem Aktienkurs der Dufry AG in den letzten Monaten immer wieder kleine Schübe versetzt. Die Großwetterlage bleibt für die gesamte Reiseeinzelhandels- und Tourismusbranche jedoch sehr unsicher. So ist das Management ob der Lage derzeit nicht im Stande, konkrete Prognosen abzugeben. Die Schätzungen der Unternehmensleitung bezüglich der Normalisierung des Passagieraufkommens klingen daher wie Zweckoptimismus.
Mit seiner fragwürdigen Vergütungspolitik hat sich der Konzern zudem bei seinen Mitarbeitern und Aktionären nicht gerade beliebt gemacht. Dabei ist noch nicht einmal gewiss, wie nachhaltig die Sparmaßnahmen sind, für die das Management zuletzt so fürstlich entlohnt wurde. Für Kostensenkungen von 370 Millionen Euro, die Dufry auch in den kommenden Jahren anpeilt, müssten die Mieten stabil bleiben, teils sogar eher sinken. Mittelfristig sind jedoch die Vermieter am längeren Hebel.
Die Dufry-Aktie hat sich zwar für eine Wiederaufnahme des Reiseverkehrs in Position gebracht; aufgrund der vielen Unsicherheiten kommt der Titel aus meiner Sicht jedoch nicht über eine „Halten“-Empfehlung hinaus.
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