Liebe Leser,
mit der Einschätzung, dass sich die Machtverhältnisse in den Unternehmen in den kommenden Jahren grundlegend verschieben werden, hat Larry Fink, der CEO des weltweit agierenden Vermögensverwalter Blackrock in den letzten Wochen viel Unruhe in die Kreise des höheren Managements getragen, denn nichts wird dort mehr gefürchtet als der Verlust von eigener Macht und Kompetenz.
Thematisiert hat Larry Fink seine Einschätzung bereits im vergangenen Jahr in seinem Brief, den er wie jedes Jahr an die Vorstände der großen amerikanischen und europäischen Unternehmen geschrieben hat. Natürlich werden diese Briefe auch deshalb geschrieben und veröffentlicht, weil Fink das Profil von Blackrock schärfen will und Anleger darauf aufmerksam machen möchte, dass der Vermögensverwalter, wenn es darauf ankommt, auf ihrer Seite steht und nicht der der Spitzenmanager.
In diese Richtung geht die Jahr für Jahr wiederholte Mahnung, die Manager mögen doch bitte nicht nur auf das nächste Quartalsergebnis achten und den Gewinn mit Blick auf dieses optimieren, sondern langfristig denken und jene Schritte einleiten, die dem Unternehmen und dessen Mitarbeiter und Aktionäre langfristig weiterbringen.
Einer kurzfristigen Gewinnoptimierung den Kampf anzusagen und die Spitzenmanager an den jahrzehntelangen Anlagehorizont der vielen Sparer zu erinnern, die sich über den Kauf von Blackrockprodukten beispielsweise eine Altersvorsorge aufbauen wollen, ist legitim.
Eine Prognose mit Diskussionspotenzial
Dass Larry Fink neben die Forderung nach mehr Langfristorientierung nun auch die Erwartung einer Machtverschiebung in den Unternehmen gestellt hat, dürfte viele Leser des Briefes im Dezember überrascht haben, denn mit dieser Forderung stellt sich Fink klar gegen Milton Friedman, für den die Maximierung des Gewinns die oberste Maxime eines Unternehmens darstellt.
Larry Fink stellt dieser Zahlenorientierung die Forderung nach einem positiven Beitrag zur Entwicklung der Gesellschaft entgegen. Gewinn allein ist sinnlos, wenn er nicht auch allen Mitgliedern der Gesellschaft zugute kommt und die Unternehmen dafür sorgen, dass nicht nur die eigenen Aktionäre und Mitarbeiter von der Tätigkeit des Unternehmens profitieren, sondern auch die Kunden und jene Teile der Gesellschaft, die nicht zu den Kunden der Unternehmen gehören können, weil sie für deren Produkte keinen Bedarf haben.
Der Bezugsrahmen muss deshalb weit über das rein Finanzielle hinausgehen. Weil alle gesellschaftlichen Bereiche betroffen sind, sieht Larry Fink eine Entwicklung auf die Welt zukommen, bei der die souveräne Entscheidungsmacht der Manager und Unternehmensleiter in Zukunft beschnitten werden wird. Mitarbeiter werden mehr Mitspracherechte fordern und bei der Definition des Zwecks eines Unternehmens ihre Stimme erheben.
Interessant sind die Thesen Larry Finks auf jeden Fall und für Gesprächsstoff sollte nicht nur in den obereren Etagen der Unternehmen gesorgt sein.
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag und grüße Sie herzlich
Ihr
Bernd Heim