Die asiatische Lust auf Gold ist ungebrochen

Gold ist eine spezielle Wertanlage, die mehrere wichtige Attribute in sich vereint. Es ist sowohl eine allgemein zugängliche, frei gehandelte Ware wie auch eine Währung. Damit ist das Gold überall auf der Welt ein zentraler Grundstein für wichtige, strategische Vermögenswerte und die nationalen Finanzreservesysteme. Das Gold spielt bei der Sicherung der nationalen Finanzstabilität eine unersetzliche Rolle und es sichert zugleich die privaten Vermögen der einzelnen Bürger.

Kann man vor diesem Hintergrund eigentlich zu viel Gold besitzen? Es fällt schwer, die Frage mit einem klaren ‚Ja‘ zu beantworten, denn auf die eigene Absicherung ein höheres Gewicht zu legen, hat noch nie geschadet – weder im staatlichen noch im privaten Bereich. Das gilt umso mehr, wenn Sie in einer Welt leben, die sich erstens sehr schnell wandelt und die zweitens sehr viele Instabilitäten und Unwägbarkeiten aufweist.

Aus chinesischer Sicht macht es deshalb sehr viel Sinn auf das Gold als Anlage und Absicherung zu setzen. Die staatlich kontrollierten Banken mussten auf Druck der Regierung viele Kredite vergeben, die sie besser nicht vergeben hätten. Entsprechend belastet stellen sich heute ihre Bilanzen dar. Bei hohen Immobilienpreisen, niedrigen Zinsen, einer unsicheren staatlichen Rente und gefährdeten Bankeinlagen, gerät das Gold so nicht nur für die eigene Altersvorsorge schnell als Absicherung in den Blick.

Hinzu kommt, das Gold in Asien immer einen besonders hohen Stellenwert besessen hat. Er hat auch, anders als im Westen, in den letzten Jahren keinen Schaden genommen. Wenn Chinesen die Worte Gold und Silber hören, dann denken sie nicht an barbarische Relikte, die keiner mehr braucht, sondern an wichtige, wertstabile Formen der Kapitalanlage.

Der Goldbesitz der Peoples Bank of China

In chinesischen Regierungs- und Notenbankkreisen denkt man beim Gold nicht nur an eine wertstabile Kapitalanlage, sondern auch an eine wichtige Alternative zum US-Dollar. Von denen hat man immer noch genug, während sich der Anteil des Goldes an den Währungsreserven der Peoples Bank of China immer noch auf bescheidene 2,4 Prozent beläuft.

Der Goldbestand der Peoples Bank of China beläuft sich nach offiziellen Angaben auf 1.842,6 Tonnen. In den internationalen Statistiken wird das Land damit zwar als sechstgrößter Goldhalter ausgewiesen. Der Anteil des Goldes an den Gesamtreserven ist nach internationalen Maßstäben mit 2,4 Prozent aber viel zu gering.

Eine Verzehnfachung wäre wünschenswert und würde das Reich der Mitte dennoch bezüglich des relativen Anteils nicht einmal in die Mitte der Statistik katapultieren. In der Vergangenheit hat die chinesische Zentralbank nie sehr zeitnah über die Änderung ihrer Goldbestände informiert. Das hat zu vielfältigen Spekulationen geführt, die auch heute noch anhalten.

Der in Singapur lebende Goldanalyst Koos Jansen hält die von der Notenbank und vom World Gold Council veröffentlichten Zahlen für viel zu niedrig. Er kam bereits im vergangenen Jahr bei seiner Schätzung, die er selbst als spekulativ aber konservativ bezeichnete, auf einen mehr als doppelt so hohen Goldbestand und vermutete, dass die Peoples Bank of China bereits über 4.000 Tonnen Gold verfügt.

Bürger und Notenbank kaufen den Markt leer

Insgesamt sollen in der Volksrepublik 20.193 Tonnen Gold oberirdisch lagern, davon schätzungsweise 16.193 Tonnen in Privatbesitz. Auch diese Zahlen unterscheiden sich deutlich von den Angaben des Word Gold Councils oder Gold Fields Mineral Services (GFMS), die nach Jansens Meinung beide unvollständige Methoden zur Ermittlung der Gesamtnachfrage verwenden.

Auf der Basis seiner Ermittlungen kommt der Edelmetallanalyst zu dem Ergebnis, dass sich die chinesische Goldnachfrage, anders als es die WGC-Statistiken vermuten lassen in den Jahren nach 2013 nicht sonderlich vermindert hat. Ist diese Annahme zutreffend, dann ist die Volksrepublik auch weiterhin der große Staubsauger, der das Gold der Welt an sich zieht.

Gekauft wird das gelbe Metall über verschiedene Kanäle. Die eigene Goldproduktion, immerhin die höchste weltweit, darf das Land gar nicht erst verlassen, die Peoples Bank of China bediene sich auch anderer Kanäle und kauft etwa über die chinesischen Geschäftsbanken im Ausland mehr Gold zu als ihre offiziellen Statistiken ausweisen. Klar ist, dass die Notenbank über die Shanghai Gold Exchange (SGE) kein Gold bezieht. Das haben drei Händler der Goldbörse dem amerikanischen Goldexperten Jim Rickards in einem Interview bestätigt.

Das über die Shanghai Gold Exchange gehandelte Gold wird anders als bei der New Yorker Comex oder der Londoner Edelmetallbörse sehr oft auch ausgeliefert. Es landet in diesen Fällen also nicht als Geldbuchung auf den Konten der Investoren, sondern physisch als Münze oder Barren in den Tresoren der Anleger.

Unvermindert hohe Goldimporte

In den ersten sechs Monaten des Jahres 2017 hat China allein 172 Tonnen Gold aus der Schweiz importiert. Im Jahr 2018 haben sich die Zahlen dramatisch verändert. Die Schweizer Zollverwaltung vermeldete allein für den Monat Mai 2018, dass 37,8 Tonnen Gold aus der Schweiz nach China exportiert wurden. Weitere 25,5 Tonnen gingen nach Hongkong und Indien erhielt 15,65 Tonnen des Edelmetalls. Nach Thailand, Malaysia, Singapur exportierte die Schweiz noch einmal zusammen 11,7 Tonnen.

Damit wanderten insgesamt allein im Mai 2018 mehr als 90 Tonnen Gold aus der Schweiz nach Asien ab. Auch die bisherigen Jahreswerte liefern eine eindrucksvolle Zahl: Seit Januar hat die Schweiz bereits 434 Tonnen Gold nach China, Hongkong und Indien geliefert.

Entscheidend bei der Bewertung dieser Zahlen ist, dass das heute gelieferte Gold ebenso wie die früheren Lieferungen auch in Zukunft dauerhaft in China verbleiben wird. Das Gold kann das Land aufgrund des Goldausfuhrverbots auf legalem Weg nicht mehr verlassen und steht dem Weltmarkt damit bis auf Weiteres nicht mehr zur Verfügung.

Die Hoffnung so manches Marktteilnehmers, das chinesische Gold könnte bei einem Preisanstieg schnell wieder auf den Markt kommen und eine Explosion der Kurse damit bremsen, ist vor diesem Hintergrund eine sehr trügerische. Möglicherweise kommt das von den Chinesen gekaufte Gold tatsächlich wieder auf den Markt. Doch dann ist es der lokale chinesische Markt, von dem ausländische Käufer faktisch kein Gold abziehen können.

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