Liebe Leser,
der Brexit hat ein neues Kapitel geschrieben. In Großbritannien ist die Mehrheit im Unterhaus gegen den „Deal“ mit der EU gewesen. Jetzt wird es wild. Die Regierung muss bis Montag einen Plan „B“ vorlegen, der zeigt, wie der Brexit nunmehr „hart“ erfolgen soll. Zugleich muss die Premierministerin einen Misstrauensantrag überstehen. Die Labour-Party hat ihn eingereicht und sich einen Bärendienst erwiesen.
Brexit kommt
Der Brexit wird jetzt erst Recht in der aktuellen Version ohne nennenswerten „Deal“ kommen, wenn kein Wunder geschieht. Am 29. März tritt Großbritannien aus der EU aus. Dass die Labour-Party die Premierministerin in Frage stellt und einen Misstrauensantrag gestellt hat, hilft dieser. Die Tories werden sich mangels Zustimmung bei Neuwahlen hinter Theresa May stellen müssen – und schon ist in Großbritannien für wenige Wochen Ruhe.
Also hat sie das Heft des Handels wieder in der Hand und dürfte den Brexit ihren Ankündigungen nach regelrecht durchziehen. Vorstellbar, dass die EU ihr freiwillig hilft und eine neue, wesentlich einfacher zu akzeptierende Grundlage formuliert. Eine Zollunion, der Austausch von Bürgern und Bürgerrechten wie etwa dem Aufenthaltsrecht oder auch eine gemeinsame Bearbeitung bei Wertpapieren, die britische Banken ausgegeben hatten.
Am Ende wird es wahrscheinlich nicht direkt zum Crash der EU kommen. Aber die Briten haben mit den USA bereits informell Kontakt aufgenommen, um mit den Amerikanern ein Handelsabkommen zu schließen. Das wiederum bedeutet, dass die Briten unbemerkt sehr viel schneller sehr viel mehr erreichen können als die EU.
EU viel stärker gebunden…
Zudem gelten für Großbritannien dann keine nennenswerten Regeln mehr, die jetzt noch hindern. Großbritannien kann plötzlich zum Paradies für seltsame Derivate und deren Handel werden. Ein Testgebiet und ein Gebiet, auf dem für Verbraucher riskantere und weniger transparente „Deals“ durchgeführt werden. Die Börse wird daher und dafür gebraucht. In London.
Und urplötzlich wären die Briten der Gewinner. Sie könnten auch eine neue Goldwährung einführen, ohne sich mit irgendwem abstimmen zu müssen. Sie könnten wesentlich einfacher als bislang Produktionsverfahren erlauben, die bei uns verboten sind. Inhaltliche Stoffe könnten zugelassen werden. Die sind bei uns teils schwieriger durchzusetzen. Sie könnten sich den Diskussionen um einen EU-weiten Mindestlohn entziehen und günstige Arbeitskräfte rekrutieren.
Die EU ist viel stärker gebunden. Und innerhalb der EU ist es dann Deutschland, das besonders gebunden ist und stets für Ausgleich sorgen muss. Großbritannien kann demgegenüber auch in internationalen Konflikten auftauchen, ohne sich mit irgendwem abstimmen zu müssen.
Und Großbritannien kann seine eigene Währung besser pflegen. Jüngst wurde bekannt, dass Deutschland in die gemeinsame EU-Kasse einzahlen muss, um den Austritt Großbritanniens abzufangen. Währenddessen kann Großbritannien sich allen Rettungsversuchen entziehen. Es unterliegt keinen Schutzvorschriften mehr, es haftet für nichts und es kann jederzeit die Bewertung der eigenen Währung regulieren.
Die Euro-Zone hingegen muss Jahr für Jahr in einen schier unermüdlichen und nicht enden wollenden Prozess die schwachen Staaten stützen. 2019 werden es italienische Banken sein. Auch Griechenland und sogar Spanien sind noch richtig gerettet. Steigen die Zinsen, werden auch deutsche Banken und Versicherungen – wegen der hohen Zinsen – relativ betrachtet weniger Geld zur Verfügung haben. Die Teufelsspirale läuft. Allerdings in Richtung der italienischen und der spanischen Banken – und deshalb ist der jetzt vollzogene Brexit-Austritt nur der Anfang der Schocknachrichten. Wappnen Sie sich.