Lieber Leser,
die EZB sollte Scheine mit hohen Werten von 1.000, 3.000 oder bis zu 10.000 Euro herausgeben. Mit dieser Idee haben die Universitäts-Volkswirte Aloys Prinz und Hanno Beck jetzt die öffentliche Debatte um das Bargeld bereichert. Was steckt dahinter und wie groß sind die Chancen darauf, dass dieser Vorschlag umgesetzt wird? Ich fürchte, hier werden Nebelkerzen aufgestellt.
Hohe Werte nur zur Wertaufbewahrung
Die großen Geldscheine sollen den Menschen nach Meinung der Volkswirte helfen, Bargeld zu Hause zu horten. Viele vertrauten ihr Geld nicht oder kaum den Banken an und würden ohnehin Bargeld „horten“. Gleichzeitig sollten diese großen Scheine nicht im täglichen Gebrauch eingesetzt werden dürfen. Sie dürften also nicht damit handeln, so der Vorschlag. Wer sein Bargeld dann verwenden möchte, muss es zuvor bei Banken in kleinere Geldscheine umtauschen.
Damit würde Bargeld immerhin noch in seiner Funktion als Wertaufbewahrungsmittel erhalten bleiben. Historische Beispiele für solche Maßnahmen gibt es bereits, sowohl in Großbritannien als auch in den USA.
Allerdings wird der Vorschlag mit hoher Sicherheit ohnehin nicht umgesetzt. Die EZB hat die Neuproduktion von 500-Euro-Geldscheinen inzwischen beendet und zieht die Scheine nach und nach aus dem Verkehr. Zudem soll auch der 200-Euro-Schein bereits im Fokus stehen. Aber selbst wenn der Vorschlag umgesetzt würde, hätten Sie nichts davon.
Das Problem liegt im Kern an einer ganz anderen Stelle. Wenn Sie etwa einen 10.000 Euro-Schein verwenden wollten, würde die Bank diesen – wenn der Schein also herausgegeben würde – sicher umtauschen. Soll aber das Bargeld ohnehin eine immer kleinere Rolle spielen, werden Sie dafür Gutschriften erhalten. Kontogutschriften, also schlicht einen höheren Kontostand. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht ganz, weshalb Sie das Geld vorher in einem großen Schein bei sich zu Hause lagern sollten.
Die Existenz solch großer Scheine würde die „Inklusion“ (ein Begriff von Bill Gates und den großen Kreditkartenunternehmen) dennoch voranschreiten. Dabei sollen die elektronischen Geldflüsse immer weiter ausgebaut werden – zur Verhaltenskontrolle und -steuerung. Wer Mitglied im System ist, also jeder Bankkunde, müsste jederzeit damit rechnen, für bestimmte Verhaltensweisen belohnt oder bestraft zu werden. Genau das passiert in China ohnehin schon, wenn auch derzeit lediglich experimentell.
Große Scheine, die Sie nicht im Zahlungsverkehr einsetzen können, sind damit lediglich Schein-Geld. Anweisungen, wie es sie früher als Scheck gab. „Zahlen Sie gegen Vorlage dieses Scheins….“ könnte ebenso gut darauf stehen. Der Vorschlag zeigt vielmehr ein anderes Dilemma:
Volkswirte und Politiker haben es in Deutschland weiterhin schwer, das schleichende Bargeldverbot durchzusetzen. Es fehlen schlicht die Argumente – und noch immer werden annähernd 50 % aller Geschäfte bei uns „bar“ ausgeführt. Und so werden die Maßnahmen und Vorschläge, uns das schleichende Bargeldverbot schmackhaft zu machen, offenbar skurriler.
Dabei gibt es nichts zu beschönigen: Versuchen Sie einmal, Ihre Steuern oder Ihre Wasser- und Stromgebühren bei Behörden mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel „Bargeld“ zu bezahlen. Es funktioniert nicht.
Wenn Sie tatsächlich Vermögen „horten“ wollen, benötigen Sie Gold. Daran führt kein Weg vorbei. Zudem helfen Aktien: Banken verwahren Ihr Vermögen hier nur treuhänderisch und haben selbst faktisch keinen Zugriff darauf. Diese beiden Instrumente sind „sicherer“ als ein großer Bargeldschein, der keine Funktion hat.